Noch eine Magenspiegelung, eine letzte Darmspiegelung – „und dann habe ich die Instrumente ganz bewusst aus der Hand gelegt“, sagt Dr. Gerhard Richter. Seit 1996 ist er Chefarzt für den Bereich der Gastroenterologie in der Krumbacher Kreisklinik. „Es war eine gute Zeit und ich bin dankbar dafür“, betont der 65-Jährige. Aber „alles hat auch seine Zeit“. Neben ihm sitzt Dr. Christian Vollmer. Der 45-jährige gebürtige Ravensburger ist ab 1. April Richters Nachfolger.
1996: Als diese Zahl im Raum steht, wird auch schnell bewusst, wie rasant sich die Dinge im medizinischen Bereich entwickelt haben. In der Forschung und in der medizinischen Technik gab es enorme Fortschritte, die Mediziner können gewissermaßen, wie dies Richter umschreibt, bis in die kleinsten Bausteine einer Krankheit vordringen. Aber die Ärzte bemängeln auch eine immer mehr ausufernde Bürokratie, zudem sind mit Blick auf die finanzielle Situation die Diskussionen im Gesundheitswesen härter geworden. Gerhard Richter hebt im Gespräch mit unserer Redaktion immer wieder hervor, dass die Organisation der beiden Kreiskliniken in einem Kommunalunternehmen auch mit Blick darauf ein Glücksfall sei. Nicht zuletzt diese Organisationsform habe die gute Entwicklung der beiden Kliniken gesichert. Und es sind Chefärzte von hoher fachlicher Qualität wie Dr. Gerhard Richter, die den guten Ruf der Klinik weit über Krumbach hinaus prägen. Als „Halbgötter in Weiß“ wurden Chefärzte ja nicht selten bezeichnet. Richter ist dieses Klischee fremd, fachliche Qualifikation, und nahe bei den Menschen sein, das sei für einen Chefarzt wichtig. Deutlich mehr geworden seien seit 1996 die aber Managementaufgaben eines Chefarztes.
In Augsburg aufgewachsen
Der 1953 geborene Richter ist in Augsburg aufgewachsen. Medizin studierte er in Düsseldorf, Regensburg und München (Klinikum Rechts der Isar). Er arbeitete lange für den Krankenhauszweckverband Augsburg, seit 1993 als leitender Oberarzt. 1996 folgte dann der Wechsel nach Krumbach. 23 Jahre sollte Richter die Krumbacher Klinik Krumbach als Chefarzt maßgeblich prägen. Nun aber freut er sich auch darauf, „zur Ruhe zu kommen“. Seine Frau Gertrud, Oberärztin an der Uniklinik Augsburg, geht mit ihm in den Ruhestand.
Medizin – das ist für Richter nie ausschließlich eine Art technische Disziplin gewesen. Immer wieder beschäftigt er sich mit Themen der Philosophie und bekannten Philosophen wie Kant, Kierkegaard oder auch aktuell Peter Sloterdijk. Zum Abschied bekam er von seinen Kollegen ein handsigniertes Buch von Sloterdijk geschenkt.
Nicht nur beruflich, sondern auch in ihrem Interesse für Philosophie verbindet Richter und seinen Nachfolger Dr. Christian Vollmer so manches. Vollmer besuchte das humanistische Spohn-Gymnasium in seiner Heimatstadt Ravensburg (Abitur 1992). Die Beschäftigung mit philosophischen Themen und „über das Leben nachzudenken“ helfe ihm bei seiner Tätigkeit als Arzt sehr weiter. Als Arzt begegne er ja oft Menschen in extremen Lebenssituationen, dabei sei auch das „Zuhören“ sehr wichtig. Geprägt habe ihn in diesem Zusammenhang auch seine Zeit als Hilfspfleger während des Zivildienstes im Krankenhaus Weingarten.
Auch in Südafrika studiert
Wenn Vollmer über sein Leben erzählt, dann ist das auch die Begegnung mit einer bemerkenswerten Familienkontinuität. Bereits sein Vater war Chefarzt, seine Mutter Grundschullehrerin – wie seine Frau. Die beiden haben zwei Kinder, eine Tochter (15 Jahre) und einen Sohn (11). Vollmer hat eine jüngere Schwester (41), die als Dozentin für die Fächer Politik und Geschichte an der Universität Jena tätig ist. Sein jüngerer Bruder (36) ist Physiker und arbeitet in Stuttgart für einen Automobilzulieferer. Vollmer studierte ab 1993 an der Universität Ulm und zwischenzeitlich auch in Pretoria/Südafrika Medizin. Nach der Promotion 2003 folgten zahlreiche fachliche Weiterbildungen (Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Weiterbildung zum Hämatologen und Onkologen). Berufliche Stationen waren unter anderem Kliniken in Biberach und Kempten und seit 2014 das Zentralklinikum Augsburg als Oberarzt. Ferner war er dort Koordinator des Darmkrebszentrums und Prüfarzt von Medikamentenstudien.
Dr. Volker Rehbein, Vorstand der Kreiskliniken, freut sich, dass es gelungen ist, im Bereich der Gastroenterologie eine solide Nachfolgeregelung zu finden, der Verwaltungsrat habe hier ein klares, positives Zeichen gesetzt. Er würdigte mit Nachdruck die fachlichen und menschlichen Qualitäten von Dr. Gerhard Richter, der für die Klinik Krumbach und damit für die ganze Region Hervorragendes geleistet habe. „Ich bin Dr. Richter extrem dankbar“, sagte Rehbein. Und er sei zuversichtlich, dass sein Nachfolger die Gastroenterologie auf „hohem Niveau“ weiterführen werde. Hermann Keller (Direktor Klinikmanagement Krumbach) hob unter anderem Richters Verdienste in den Bereichen Leitbildentwicklung, Zertifizierung und Weiterbildung hervor. Rehbein und Keller sind zuversichtlich, dass die Entwicklung der Uniklinik Augsburg den beiden Kreiskliniken neue Möglichkeiten eröffne.
Für die Krumbacher Kreisklinik werden derzeit neue Operationssäle gebaut. Mehr Infos dazu finden Sie hier:
Neue Operationssäle für die Krumbacher Kreisklinik
Zur Verabschiedung von Richter wurde an der Klinik ein kleines medizinisches Symposium organisiert, bei dem auch zahlreiche ärztliche Weggefährten Richters eingeladen waren. Die Krumbacher Klinik (168 Betten) betreut jährlich stationär rund 9000 Patienten. Beschäftigt sind etwa 380 Mitarbeiter. Die Klinik ist einer der größten Arbeitgeber im südlichen Landkreis.
Vor Kurzem wurde der frühere Krumbacher Chefarzt Dr. Josef Langenbach mit der Silberdistel unserer Zeitung geehrt. Mehr Infos dazu gibt es in folgendem Artikel: Ein herausragender Helfer