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Inzest-Fall: Älteste Tochter nimmt Vater in Schutz

Inzest-Fall

Älteste Tochter nimmt Vater in Schutz

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    Großes Medieninteresse: Gestern begann am Landgericht in Memmingen der Prozess gegen einen 46-jährigen Mann aus Langenhaslach, der sich an seinen beiden Töchtern vergangen haben soll.
    Großes Medieninteresse: Gestern begann am Landgericht in Memmingen der Prozess gegen einen 46-jährigen Mann aus Langenhaslach, der sich an seinen beiden Töchtern vergangen haben soll. Foto: Czysz

    Mehrere Fernsehkameras und Fotografen warten auf den Augenblick, als der Angeklagte aus dem Vorraum des Sitzungssaals VI kommt. Dann beginnt das Blitzlichtgewitter. Jeder will den Angeklagten ablichten, der mit seiner eigenen Tochter zwei Kinder hat. Das Medieninteresse um den Langenhaslacher Inzest-Fall ist groß. Gestern begann der Prozess: Dem 46-jährigen Frank L. wird vorgeworfen, seine beiden Töchter über mehrere Jahre missbraucht zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von knapp 100 Fällen von Missbrauch von Schutzbefohlenen und annähernd 400 Fällen von Beischlaf zwischen Verwandten aus.

    Der Mann, der im Februar an seiner Arbeitsstelle in Krumbach verhaftet wurde, blickt starr nach vorne. Er wechselt einige Worte mit seinem Pflichtverteidiger Gerd Konrad aus Thannhausen. Zu Beginn der Verhandlung will er keine Angaben machen. Dann doch. „Es tut mir leid“, sagt er. Den Geschlechtsverkehr mit seiner älteren Tochter gibt er zu, zu den Vorwürfen in Bezug auf die jüngere Tochter schweigt er.

    Dreimal wurde die älteste Tochter schwanger, zwei Söhne kamen zur Welt. 2009 hatte die heute 24-Jährige eine Fehlgeburt. Sie sei mit dem Fahrrad nach Krumbach unterwegs gewesen, um einzukaufen. Die körperliche Anstrengung führte zu starken Blutungen – der Vater brachte sie schließlich ins Krankenhaus nach Krumbach.

    Darüber berichtet die junge Frau auch, als sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Zeugin auftritt. Eine Klosterschwester steht ihr bei. Sie wirkt belastet. Trotzdem nimmt sie ihren Vater in Schutz. Gut eineinhalb Stunden sagt sie aus. Die Vorsitzende Richterin Brigitte Grenzstein fasst zusammen: Die Tochter habe bestätigt, dass es zwischen ihr und ihrem Vater Geschlechtsverkehr gab – einvernehmlich. Dieser sei zu keiner Zeit erzwungen gewesen. Auch keine Spur von Gewalt. Ihren Vater schilderte sie als liebevoll. „Einen Vater, den sie nach wie vor gerne als Vater hat“, so Grenzstein.

    Davon kann bei der jüngeren Tochter keine Rede sein. Sie war es, die den Vater vor einem Jahr angezeigt hatte. Zunächst offenbarte sie sich einem Sozialpädagogen, der in einem Berufsbildungswerk arbeitet und Kontakt mit der jungen Frau hatte. Zunächst ging es in dem Gespräch darum, dass die damals 20-Jährige wieder eine feste Anlaufstelle benötigt – am besten in der Familie, schließlich wollen die Eltern nur das Beste für ihre Kinder, berichtete der Sozialpädagoge.

    Sie ertrug es daheim nicht mehr

    Die 20-Jährige war damals Hals über Kopf von daheim ausgezogen. Einer Betreuerin, die sich jahrelang um die Großmutter in der Familie kümmerte, schilderte die Tochter am Telefon ebenfalls, dass sie schon mehrere Jahre von ihrem leiblichen Vater vergewaltigt worden sei. Sie sei durcheinander gewesen, hin- und hergerissen, sagte die Zeugin. Deutlich sei in dem Telefonat geworden, dass sie Angst hatte – Angst, dass man ihr nicht glaubt und Angst vor dem Vater, erklärte die Betreuerin. In der Familie schlug der jungen Frau sofort Hass entgegen. Ein Bruder habe ihr außerdem nahegelegt, die Vorwürfe zurückzunehmen. Offenbar dachten die meisten in der Familie tatsächlich, dass die Tochter lügt, schilderte die Betreuerin aus ihren Erinnerungen. Mehrmals hatte sie auch nachgebohrt, wer die Väter der beiden Kinder der 24-Jährigen sind. Doch statt der Wahrheit tischte die Tochter Lügen auf. Von einmaligen Begegnungen am Baggersee war die Rede, doch das konnte mit dem Geburtstermin des zweiten Sohns im Dezember kaum stimmen.

    Jetzt habe die Tochter phasenweise sogar Mitleid. Sie wisse nicht, ob sie Opfer ist oder selbst Schuld trägt, sagte die Betreuerin, die noch immer festen Kontakt zu ihr hat. Einmal habe sie gesagt, dass alles gar nicht so weit gekommen wäre, wenn sie die Pille genommen hätte.

    Information Die Verhandlung wird am morgigen Donnerstag um 8.30 Uhr in Memmingen fortgesetzt. Sechs weitere Zeugen sollen aussagen, danach könnte ein Urteil fallen.

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