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Dorfserie (5): Die letzte Zusam-Mühle steht in Uttenhofen

Dorfserie (5)

Die letzte Zusam-Mühle steht in Uttenhofen

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    Jeweils am Sonntag und Mittwoch treffen sich die zwei Dutzend Jugendlichen vor oder in ihrem eigenen Heim zur gemütlichen Einkehr.
    Jeweils am Sonntag und Mittwoch treffen sich die zwei Dutzend Jugendlichen vor oder in ihrem eigenen Heim zur gemütlichen Einkehr. Foto: Hans Bosch

    „Zwangseingemeindung nach Ziemetshausen“ steht unter dem Datum 1. Mai 1978 in einer privaten Uttenhofer Chronik. Verwundern darf dies nicht, denn an diesem Tag endete die Selbstständigkeit des Dorfes mit seiner bis ins Jahr 1264 zurückreichenden Geschichte. Der Anschluss an den neuen Großkreis Günzburg nach jahrzehntelanger Zugehörigkeit zum Landkreis Augsburg war schon sechs Jahre vorher gleichfalls nur unter „erheblichem Murren“ gebilligt worden. Am Rande sei erwähnt, dass der Nachbarort Schönebach in gleicher Weise betroffen war. Beide akzeptierten die politische Entscheidung unter Protest.

    Zurecht stolz ist Marianne Maier auf ihren Blumenschmuck, der zur Freude ihres Mannes Michael das gesamte Areal ihres großen Bauernhofs ziert.
    Zurecht stolz ist Marianne Maier auf ihren Blumenschmuck, der zur Freude ihres Mannes Michael das gesamte Areal ihres großen Bauernhofs ziert.

    Heute, 40 Jahre später, sieht die Situation anders aus. Die Uttenhofer wollen nicht nachtarocken, denn sie sind mit ihrem Dasein zufrieden, fühlen sich in Ziemetshausen gut aufgehoben und unter sich im Reinen. Michael Maier, 2. Bürgermeister in Ziemetshausen und einziger Gemeinderat aus Uttenhofen, fasst die Gegenwart in einem Satz zusammen: „Wir leben in einer sehr guten Dorfgemeinschaft, arbeiten gemeinsam Hand in Hand, verschönern unseren engsten Lebensraum selbst und fühlen uns als Ziemetshauser wohl und anerkannt.“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Uttenhofen ist mit seinen 180 Einwohnern ein kleiner, aber schmucker Ortsteil der benachbarten Marktgemeinde und das soll so bleiben, wenngleich es noch einige Wünsche gibt.

    Wichtige Stützpunkte des Gemeinschaftslebens sind die Freiwillige Feuerwehr, der Theater- und Schützenverein und der Jugendtreff. Finanzielle Hilfen und nach Bedarf auch Hand- und Spanndienste leisten die Jagd- und Waldgenossenschaft, die 90 Hektar Körperschaftswald betreut.

    Die Geschichte des Schützenvereins reicht weit zurück

    Bis ins Jahr 1908 reicht die Geschichte des Schützenvereins Hubertus zurück, dessen Vorsitzender Martin Maier einige Sorgen hat: Seit fünf Jahren ist die letzte Gaststätte geschlossen und es gibt im Dorf keine Schießmöglichkeit. So begnügen sich die Mitglieder mit einem öfter anberaumten Hoigarta, wenngleich Maier weiß: „Das Interesse am Schießen ist bei vielen Aktiven noch immer groß.“ Deshalb gibt er die Hoffnung nicht auf, da bei der geplanten Umgestaltung des Vereinsheims und der Erweiterung des Feuerwehrhauses der Einbau eines Schießstands zumindest zur Diskussion steht. Feuerwehrvorsitzender Peter Greiner und sein Bruder Josef als Kommandant sind sich einig: „Das notwendige Material besorgt die Gemeinde; die Arbeiten am Umbau übernimmt unsere Dorfgemeinschaft.“

    Aktiv daran beteiligen will sich ebenso der 30 Jahre alte Theaterverein Gaudibühne unter dem Vorsitzenden Herbert Spengler. Nach einer längeren Spielpause soll es im Januar eine neue Aufführung geben. Was die Besucher im Pfarrheim Ziemetshausen erwarten dürfen, sei noch nicht verraten. Sorglos was Baufragen betrifft, sind die 25 Aktiven des Jugendtreffs. Sie besitzen in unmittelbarer Nachbarschaft der örtlichen Maschinenhalle seit fünf Jahren ein gemütlich eingerichtetes Vereinsheim mit überdachter Terrasse, wo jeden Mittwochabend ein Stammtisch und an Wochenenden Frühstücks- und Weißwursttreffen stattfinden. Die „Macher“ Andreas Pahl, Daniel Dittrich und Stefan Baumgartner sind sich einig: „Wir haben dieses Heim in Eigenregie gebaut und finanziert und werden auch in Zukunft unseren Teil zur Dorfgemeinschaft beitragen.“

    Jeweils am Sonntag und Mittwoch treffen sich die zwei Dutzend Jugendlichen vor oder in ihrem eigenen Heim zur gemütlichen Einkehr.
    Jeweils am Sonntag und Mittwoch treffen sich die zwei Dutzend Jugendlichen vor oder in ihrem eigenen Heim zur gemütlichen Einkehr. Foto: Hans Bosch

    Wen wundert´s, dass Ortssprecher Michael Maier inzwischen die Erkenntnis hat: „Wir sind stolz auf unsere Jugend, denn sie trifft sich im Dorf und erspart sich damit das Wegfahren.“ Großes Lob hat er auch für Kapellenpflegerin Rita Knöpfle parat. Seit 2008 verrichtet sie diese Arbeit, die ihr zur Herzensangelegenheit geworden ist.

    Die Grundsteinlegung für das Gotteshaus fand 1975 statt und die Weihe ein Jahr später. Sie ist „Josef dem Arbeiter“ geweiht und so wird das Patrozinium am 1. Mai gefeiert. Die relativ große Kapelle (Rita Knöpfle: „Es ist keine Kirche, denn Uttenhofen war nie eine Pfarrei.“) besticht durch ein nicht alltägliches Äußeres und das lichtdurchflutete Innere. Aus der alten Kapelle wurde lediglich eine Madonna übernommen, an deren Seite ein von Landrat Dr. Georg Simnacher gestifteter Hl. Josef steht.

    1690 wurde die Kapelle erbaut

    Apropos alte Kapelle: Sie wurde 1690 erbaut, mehrfach umgestaltet, im Jahre 1992 vom Markt Ziemetshausen an einen privaten Interessenten verkauft und steht noch immer am östlichen Ortsrand, wenngleich in beklagenswertem Zustand. Das gleiche Schicksal scheint die benachbarte alte Schule zu haben. Auch sie ist dringend sanierungsbedürftig. Als Unterrichtsstätte war sie 1906 gebaut worden und nahm zwischen 1939 und 1946 zusätzlich die Grundschüler aus Schönebach auf. 1969 kam schließlich ihr Ende: Die Schule wurde geschlossen und an den Privatmann verkauft, der für beide Objekte die Sanierung versprach.

    Die Brüder Martin und Rudolf Maier mahlen ihr Mehl noch traditionell mit Zusamwasser.
    Die Brüder Martin und Rudolf Maier mahlen ihr Mehl noch traditionell mit Zusamwasser. Foto: Hans Bosch

    Eine geschichtliche Rarität besitzt Uttenhofen mit der Maier-Mühle. Sie arbeitet vier Tage pro Woche und bei Bedarf auch länger rund um die Uhr und gilt als letzte von früher 34 Mühlen an der Zusam. Gemahlen werden Weizen, Roggen und Dinkel.

    Das Mehl kaufen Bäckereien und Lebensmittelgeschäfte aus der Umgebung, von wo auch das Getreide herkommt. Die beiden Brüder Martin und Rudolf Maier füllen ihre Mehlsorten gerne auch in Kleinpackungen für private Verbraucher ab und betreiben ferner den Verkauf in der Art heute so aktueller Outlet-Läden – wenngleich im Kleinformat. Eine kurze Führung gibt es gratis dazu.

    Von 34 Bauern blieben nicht mehr viele übrig

    Ansonsten besitzt Uttenhofen mit der Schreinerei Knöpfle nur noch einen Gewerbebetrieb. Die früher üblichen Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel, Brot, Fleisch und Milchprodukte sind Vergangenheit. Auch im Bereich Landwirtschaft sind die Veränderungen gewaltig. Von 34 Bauern um die Jahrtausendwende blieben bis heute nicht mal eine Handvoll Milchviehhalter übrig. „Es lebt sich trotzdem gut bei uns“ sagt 2. Bürgermeister Michael Maier und erinnert noch einmal an die Zwangseingemeindung vor 40 Jahren. Viel Anteil an dieser Harmonie hat für ihn Ziemetshausens Bürgermeister Anton Birle: „Schade, dass er aufhört. Er war für uns ein Glücksfall.“

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