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Dorfserie (1): Zehn Mal mehr Kühe als Einwohner: So schön lebt es sich in Marbach

Dorfserie (1)

Zehn Mal mehr Kühe als Einwohner: So schön lebt es sich in Marbach

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    Einmal Marbacher, immer Marbacher. Das sind sie, zehn Stück an der Zahl. Eigentlich sind es elf. Marina Gerstlauer kam beim Besuch nämlich etwa später. Das Bild zeigt von links: Peter und Anita Gerstlauer, dahinter Josef Gerstlauer mit Töchterchen Amalie. Daneben: die Geschwister Judith und Katrin, sowie Sebastian und Markus Huttner. Rechts: Angelika und Xaver Huttner.
    Einmal Marbacher, immer Marbacher. Das sind sie, zehn Stück an der Zahl. Eigentlich sind es elf. Marina Gerstlauer kam beim Besuch nämlich etwa später. Das Bild zeigt von links: Peter und Anita Gerstlauer, dahinter Josef Gerstlauer mit Töchterchen Amalie. Daneben: die Geschwister Judith und Katrin, sowie Sebastian und Markus Huttner. Rechts: Angelika und Xaver Huttner. Foto: Peter Wieser

    Mit der Einöde namens „Ende“ in der Gemeinde Deisenhausen, bei Oberbleichen an der Bundesstraße 16 gelegen, wäre im letzten Jahr unsere Sommerserie „Heimat im Kleinen“ eigentlich zu Ende gegangen. Wir haben uns entschlossen, noch eine zusätzliche Runde durch die kleinen Dörfer und Weiler im Landkreis zu drehen und sind mit zwölf weiteren Orten, die wir in den nächsten Wochen vorstellen, fündig geworden.

    Wer weiß denn, wo Marbach liegt? Gemeint ist nicht das

    In Marbach gibt es etwa zehn Mal so viele Kühe wie Einwohner. Das ist der Stall von Peter Gerstlauer. Er ist der älteste Marbacher.
    In Marbach gibt es etwa zehn Mal so viele Kühe wie Einwohner. Das ist der Stall von Peter Gerstlauer. Er ist der älteste Marbacher. Foto: Peter Wieser

    Ob die Attenhauser, Edelstetter oder Neuburger den Ortsteil der Gemeinde Neuburg an der Kammel überhaupt alle kennen, das wagen sie zu bezweifeln. Tatsächlich ist die Einöde mit den beiden landwirtschaftlichen Anwesen vor allem jetzt im Sommer von der Straße her nur schwer einzusehen. Lediglich ein schmales grünes Ortsschild weist darauf hin, dass sich dort überhaupt etwas befindet. „Die meisten fahren daran vorbei und nehmen gar nicht wahr, dass da etwas ist“, sagt Sebastian Huttner. Viele interessiere auch nicht, dass da auf 70 Stundenkilometer für Fahrzeuge beschränkt sei, fügt sein Bruder Markus hinzu.

    Drei Generationen von Gerstlauers wohnen in Marbach

    In Marbach wohnen Peter und Anita Gerstlauer mit Sohn Josef, Schwiegertochter Marina und Enkelin Amalie. Die anderen drei Kinder sind inzwischen weggezogen. Die zweite Familie im Anwesen daneben sind Xaver und Angelika Huttner mit ihren Töchtern Katrin und Judith sowie den Söhnen Markus und Sebastian. Tochter Julia lebt inzwischen ebenfalls nicht mehr in Marbach. Beide Familien betreiben eine Landwirtschaft mit Rinderhaltung, Grünland und Ackerbau. Also sind es insgesamt elf Einwohner – sollte man meinen. So genau sei das nicht immer zu definieren, lacht

    Nur ein kleines Ortsschild weist auf die Einöde hin. Etwas versteckt befinden sich daneben die beiden Höfe der Familien Gerstlauer und Huttner.
    Nur ein kleines Ortsschild weist auf die Einöde hin. Etwas versteckt befinden sich daneben die beiden Höfe der Familien Gerstlauer und Huttner. Foto: Peter Wieser

    Erstmals erwähnt wurde die Einöde bereits im Jahr 1384, dann im Jahr 1478 mit zwei Gütern und mit dem Namen „Marcpach“. Dieser bezieht sich auf den etwa 150 Meter entfernt vorbeifließenden Haselbach, der seinerzeit teilweise als Grenzbach zwischen Edelstetten und Ursberg galt. Geschichtliches gibt es von Marbach nur wenig. Peter Gerstlauer erzählt von den Mehlopfern, die die Marbacher gebracht hätten, in dem sie Mehl aus dem Fenster streuten, wenn es zu arg stürmte. Auch soll es während des Franzosenkriegs einen schlauen Marbacher Bauern gegeben haben, der sein ganzes Vieh im Wald versteckt und zuvor sein Haus verwüstet habe. Als die Franzosen gekommen seien, hätten diese gedacht, andere seien zuvor schon da gewesen, und hätten sein Hab und Gut verschont. Anfang des 19. Jahrhunderts war nur von einem Hof die Rede, der später geteilt wurde. Geht man weit in die Vergangenheit zurück, dann sind die Gerstlauers und die Huttners sogar entfernt miteinander verwandt. Das aber sei dann schon etliche Generationen her, sagt Xaver Huttner. Bis 1978 gehörte Marbach zur politischen Gemeinde

    Straße wurde erst 1976 ausgebaut

    „Eigentlich sind wir Edelstetter“, erklärt Peter Gerstlauer. Die Straße zwischen Attenhausen und Edelstetten wurde übrigens erst 1976 ausgebaut und war zuvor ein etwas besserer Kiesweg. Wenn es stark geregnet hatte, war dieser vom Haselbach manchmal auch schon auf einem Stück überschwemmt und die Marbacher waren von Edelstetten abgeschnitten.

    Was gibt es sonst noch so alles in Marbach? „Eine Kirche haben wir keine, aber wir haben ein Feldkreuz“, sagt Angelika Huttner. Es stammt aus den 50er Jahren und befindet sich vor dem Anwesen von ihr und ihrem Mann Xaver. Einmal im Jahr, am 26. April, dem Markustag, findet von Edelstetten her kommend ein Bittgang zum Kreuz und anschließend im Freien eine Heilige Messe, begleitet vom Musikverein Edelstetten, statt. Eine Bushaltestelle gibt es auch, und wer möchte, der kann sogar mit dem Flexibus nach Marbach kommen. Denn auch für den gibt es eine Haltestelle. Bis Ende der 40er Jahre hatte die Einöde sogar eine eigene Elektrizitätsversorgung mit eigenem 0,75 Kilowatt-Kraftwerk, das mittels einer Turbine vom Haselbach betrieben wurde.

    Kühe, „Goißa“, „Kälbla“ und auch Gänse. Im kleinen Ort Marbach ist so ziemlich alles vertreten.
    Kühe, „Goißa“, „Kälbla“ und auch Gänse. Im kleinen Ort Marbach ist so ziemlich alles vertreten. Foto: Peter Wieser

    Viel Leistung war das zwar nicht, dafür stand, wenn der Strombedarf größer war, immerhin ein Dieselmotor zur Verfügung. Erst im Jahr 1947 wurde Marbach an das Stromnetz angeschlossen. „Was halt fehlt, das ist eine Wirtschaft“, bedauert Peter Gerstlauer und schmunzelt. Dafür gibt es hin und wieder einen Besuch bei dem schattigen Platz unter dem Haselnussbaum bei den Huttners. Verlorengehen kann in Marbach jedenfalls keiner. „Wir haben halt noch eine richtige Dorfgemeinschaft“, fügt Josef Gerstlauer hinzu.

    Überhaupt geht es in Marbach recht locker zu. „Bei uns ist immer was los“, sagen die Huttners. Mit insgesamt etwa 100 Kühen hat die Einöde schon mal fast das zehnfache an Rindern im Vergleich zu den Bewohnern. Und die Zahl der Katzen liegt ebenfalls höher. Drei „Kamerun-Schäfla“ „Kälbla“ und „Goißa“, von denen zwischendurch eines in die nahen Felder ausbüxt, gibt es auch. Hinzu kommen noch Gänse und der Stier Helmut, der es sich schon auch einmal seelenruhig auf dem Futtertisch gemütlich macht.

    Und wie lebt es sich bei der jüngeren Generation in Marbach? „Ja schauen Sie sich doch einmal nach hinten“, sagt Judith Huttner und deutet auf die angrenzenden Felder und den Wald. „Andere fahren in den Urlaub und bezahlen einen Haufen Geld dafür.“

    Warten auf den Bus oder auch den Flexibus: In Marbach gibt es für beides eine Haltestelle.
    Warten auf den Bus oder auch den Flexibus: In Marbach gibt es für beides eine Haltestelle. Foto: Peter Wieser

    Für einige Zeit in der Stadt gelebt

    Das sieht ihre Schwester Katrin ebenfalls so und erzählt von dem stetigen Grundlärmpegel, wegen dem man nie so recht zur Ruhe komme. Sie hat einige Zeit in der Stadt gelebt, ist inzwischen aber wieder zurückgekommen. Sebastian und Markus fügen hinzu: „Wir haben Platz ohne Ende und haben uns als Kinder voll austoben können.“ Manche hätten zwar gesagt, dass es in Marbach recht langweilig sein müsse. Andere dagegen seien richtig neidisch gewesen.

    Natürlich sei es nicht so, dass man nichts tue, man habe schon seine Arbeit und es komme manchmal viel auf einmal zusammen. Aber das sei man gewohnt. „Man hört den Wind, man hört die Kühe und sonst nichts. Man hat „a heilige Ruh’“, sagt Anita Gerstlauer. Tochter Petra, die mit Familie in Uttenhofen lebt, wird voraussichtlich ebenfalls nach Marbach zurückkehren und den Hof der Gerstlauers übernehmen. Eines gilt in jedem Fall nicht nur für die Marbacher selbst, sondern auch für die, die nicht mehr dort wohnen: einmal Marbacher – immer Marbacher. Denn dort, auch wenn die Einöde ein bisschen abgelegen ist, da fühlen sie sich wohl – und wenn es nur zu Besuch ist.

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