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Corona im Kreis Günzburg: Justiz will Verstöße gegen Ausgangsbeschränkung verfolgen

Corona im Kreis Günzburg

Justiz will Verstöße gegen Ausgangsbeschränkung verfolgen

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    Weiter als durch diese Tür kommt man am Amtsgericht Günzburg in der Regel nicht. Das Gebäude ist für den Publikumsverkehr gesperrt, nur noch dringende Verhandlungen finden statt. Womöglich auch bald wegen Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkungen der Staatsregierung.
    Weiter als durch diese Tür kommt man am Amtsgericht Günzburg in der Regel nicht. Das Gebäude ist für den Publikumsverkehr gesperrt, nur noch dringende Verhandlungen finden statt. Womöglich auch bald wegen Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkungen der Staatsregierung. Foto: Bernhard Weizenegger

    Die Justiz könnte bald deutlich mehr Arbeit bekommen. Und das in einer Zeit, in der auch an den Gerichten in Bayern der Betrieb auf das nötige Minimum heruntergefahren wird. Denn nachdem Ministerpräsident Markus Söder am Freitag weitreichende Ausgangsbeschränkungen verkündet hat, könnten bald erste Verstöße gegen diese Beschränkungen vor Gericht landen.

    Und die Justiz nimmt die Gefahr durch das fahrlässige oder gar vorsätzliche Verbreiten des Coronavirus Sars-CoV2 durchaus ernst – zumindest wenn es nach Amtsgerichtsdirektor Walter Henle geht. „Sollte es solche Seuchenverstöße geben, muss man reagieren und ein Zeichen setzen“, sagt der Chef des Amtsgerichts in Günzburg. „Die Verfahren werden dann schnell stattfinden und ich für meinen Teil werde als Richter entsprechend reagieren und den Strafrahmen auch ausschöpfen.“

    Bis zu 25.000 Geldbuße oder Gefängnis drohen

    Den Strafrahmen regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG), das eine ganze Reihe von möglichen Verstößen aufzählt, von der Missachtung von Anweisungen des Gesundheitsamtes, über die Verheimlichung einer möglichen Erkrankung, bis hin zum Ignorieren von Ausgangsbeschränkungen. Geschehen sie fahrlässig, gelten sie in der Regel als Ordnungswidrigkeit, die, je nach Vergehen, teils mit Geldbußen von bis zu 2500 Euro, teils sogar mit Geldbußen von bis zu 25.000 Euro bestraft werden. Zu einer Straftat wird es, wenn vorsätzlich gegen die Beschränkungen verstoßen und so zur Ausbreitung des Virus beigetragen wird. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Was zutrifft, müsse dann im Einzelfall beurteilt werden, so Richter Henle. Das Abhalten sogenannter Corona-Partys oder das Öffnen von Restaurants und Geschäften trotz Verbots dürfte aber auf jeden Fall unter Vorsatz zu verbuchen sein.

    Wie sich die Menschen nun verhalten, bleibt abzuwarten. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Memmingen habe es bislang in der Region keine gravierenden Verstöße gegeben. „Allerdings gelten nun mit der Ausgangssperre auch strengere Maßstäbe bei der Strafverfolgung“, erklärt Sprecher Thomas Hörmann. Er räumt aber auch ein: „Wir müssen uns erst mal damit auseinandersetzen. Das ist für uns strafrechtliches Randgebiet.“

    Auch am Memminger Hallhof, wo Landgericht und Staatsanwaltschaft sitzen, wird der Betrieb eingeschränkt.
    Auch am Memminger Hallhof, wo Landgericht und Staatsanwaltschaft sitzen, wird der Betrieb eingeschränkt. Foto: Siegfried Rebhan (Archiv)

    Corona: Polizei kontrolliert im stichprobenartig

    Die verschärften Ausgangsbeschränkungen gelten ab Samstag, 0 Uhr. Damit ist auch für die Polizei im Landkreis Günzburg mit den drei Inspektionen in Günzburg, Burgau und Krumbach eine neue Situation entstanden. „Wir beginnen jetzt mit stichprobenartigen Kontrollen“, erklärt Susanne Höppler, Leiterin der Krumbacher Polizeiinspektion. Natürlich sei das nicht so zu verstehen, dass ganze Stadtteile abgeriegelt werden. Aber die Polizei werde in der Öffentlichkeit verstärkt Präsenz zeigen, beispielsweise dort, wo erfahrungsgemäß mit größeren Personengruppen zu rechnen ist. Susanne Höppler setzt in dieser schwierigen Situation auf die Vernunft der Menschen. Insgesamt hätten sich die Menschen in der Region bis auf einige Einzelfälle „relativ diszipliniert verhalten“.

    In der Region sei es, wie Höppler berichtet, in den vergangenen Tagen auf Sport- und Spielplätzen vereinzelt notwendig gewesen, Platzverweise auszusprechen. Alle Personen hätten sich aber einsichtig gezeigt und wären den Aufforderungen nachgekommen. Weniger einsichtig zeigten sich am Donnerstag mehrere Jugendliche und Erwachsene in Günzburg, denen die Polizei Gewahrsam androhen musste, um sie zum Heimgehen zu bewegen.

    Bürger dürfen weiter raus - aber nur alleine oder mit der Familie

    Bereits in den vergangenen Tagen hätte es bei der Polizei wiederholt Anrufe von Bürgern gegeben, die sich danach erkundigt hätten, was jetzt noch erlaubt sei. Die Inspektionsleiterin hält es für denkbar, dass es jetzt eventuell eine erhöhte Zahl von Anrufern gibt. Sie hofft aber auch, dass sich die Bürger auf ihren gesunden Menschenverstand verlassen. „Und da ist doch beispielsweise auch klar, dass zum Beispiel Lauftreffs jetzt problematisch sind, nicht aber, wenn jemand allein in den Wald zum joggen geht.“ Sport und spazieren gehen bleiben weiterhin möglich, allerdings entweder allein oder mit der Familie.

    Susanne Höppler ist Leiterin der Krumbacher Polizeiinspektion.
    Susanne Höppler ist Leiterin der Krumbacher Polizeiinspektion. Foto: Peter Bauer (Archiv)

    Auch die Justiz schottet sich derweil ab. Auf Empfehlung des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich wird der Betrieb an den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Freistaat heruntergefahren. „Es ist unsere Aufgabe, die Funktionsfähigkeit der Justiz aufrechtzuerhalten sowie die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die Gesundheit aller Beteiligten zu schützen“, wird Eisenreich in einer Pressemitteilung zitiert. Die zentrale Empfehlung lautet: Konzentration auf die Kernbereiche und Reduzierung der öffentlichen Verhandlungen auf das Nötigste. Am Landgericht Memmingen etwa wurden alle Berufungsverhandlungen abgesagt.

    Amtsgericht Günzburg schottet sich ab

    Am Amtsgericht in Günzburg werden viele Mitarbeiter ab sofort von zu Hause aus arbeiten, über eine sichere Verbindung, angeschlossen an das interne Netz der Justiz. Dadurch werden im Gerichtsgebäude an der Ichenhauser Straße so viele Büros frei, dass jeder Mitarbeiter vor Ort einen eigenen Raum hat. „Der Publikumsverkehr wird stark eingeschränkt, es werden vorerst nur noch Verhandlungen in unaufschiebbaren Fällen abgehalten“, erklärt Direktor Henle. Kommende Woche findet kein einziger Termin statt. Anträge sollten nur noch schriftlich gestellt werden, Formulare gebe es auf der Homepage des Amtsgerichts zum Download und in Papierform an der Pforte.

    Der Günzburger Amtsgerichtsdirektor Walter Henle.
    Der Günzburger Amtsgerichtsdirektor Walter Henle. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Eilanträge könne das Gericht aber in allen Bereichen bearbeiten, versichert Henle. Erst am Freitag habe man etwa eine Vorführung vor einem Haftrichter abgehalten – mit dem nötigen Abstand zwischen allen Beteiligten. Auch die schnelle Bearbeitung von Betreuungs- und Gewaltschutzsachen sei gewährleistet. Auf die Frage, wie lange der Notbetrieb laufen könne, sagt Henle: „Diese Frage stelle ich mir auch bei der Wirtschaft. Sehr viel länger als bis Ostern wird bei uns nicht gehen. Sonst lässt sich der Berg, der jetzt angehäuft wird, nur schwer wieder abarbeiten.“

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