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Landkreis Günzburg: Corona-Selbsttests und Eltern-Protest: So lief der Auftakt an den Schulen

Landkreis Günzburg

Corona-Selbsttests und Eltern-Protest: So lief der Auftakt an den Schulen

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    Am ersten Schultag nach den Osterferien machen die Schüler in der Freiherr-von-Stain-Mittelschule in Ichenhausen einen Corona Schnelltest, bevor sie mit dem Unterricht beginnen. Das Foto zeigt die 16-jährige Schülerin Doris der neunten Jahrgangsstufe beim Testen. Auch dieses Ergebnis war negativ.
    Am ersten Schultag nach den Osterferien machen die Schüler in der Freiherr-von-Stain-Mittelschule in Ichenhausen einen Corona Schnelltest, bevor sie mit dem Unterricht beginnen. Das Foto zeigt die 16-jährige Schülerin Doris der neunten Jahrgangsstufe beim Testen. Auch dieses Ergebnis war negativ. Foto: Bernhard Weizenegger

    So groß wie am Montag dürfte die Anspannung an den Schulen im Landkreis Günzburg schon lange nicht mehr gewesen sein. Am ersten Schultag nach den Osterferien hieß es zum ersten Mal: ohne negativen Corona-(Selbst-)Test, keine Teilnahme am Unterricht ("Bayern, Seite 9). „Der erste Schultag ist natürlich mit großer Anspannung losgegangen. Die ist aber schnell gewichen und das Ganze ist in allen Schulen im Kreis vernünftig, ruhig und sicher über die Bühne gegangen“, berichtet Schulamtsdirektor Thomas Schulze. Nicht ganz so ruhig ging es am Sonntag vor dem Schulamt in Krumbach zu. Eltern hatten sich dort zu einer Protestaktion versammelt. Von dieser Aktion ist Schulze „schockiert“, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion betont. Denn Teil der Aktion war eine problematische Symbolik, die schon bei ähnlichen Protesten andernorts in Deutschland für Diskussion gesorgt hat.

    Aber der Reihe nach: 140 Mädchen und Buben aus neun Klassen kamen am Montag in die Anton-Höfer-Grundschule in Thannhausen. 92 Prozent der Eltern hatten laut Rektorin Tanja Müller vorab einem verpflichtenden Schnelltest zugestimmt. Lag diese Zustimmung nicht vor, durfte das Kind nicht zur Schule kommen. Bevor der Unterricht nach den Ferien jedoch losgehen konnte, mussten die Schüler den Corona-Schnelltest in den jeweiligen Klassenräumen durchführen. Auch die Jüngsten wurden dazu angeleitet. Lehrerin Birgit Herdegen erklärte den Kindern der Klasse 1g Schritt für Schritt, wie sie vorgehen müssen. Am Ende klappte es gut und nach etwa 45 Minuten war klar, dass alle Schüler negativ getestet worden sind.

    Nach genauer Anleitung war der Test auch für die Erstklässler in der Anton-Höfer-Grundschule in Thannhausen kein Problem.
    Nach genauer Anleitung war der Test auch für die Erstklässler in der Anton-Höfer-Grundschule in Thannhausen kein Problem.

    Die Freiherr-von-Stain-Mittelschule Ichenhausen startete mit 240 Schülern. Von den vier Abschlussklassen, die in voller Stärke unterrichtet werden, wurde eine Klasse aus räumlichen Gründen ins Pfarrheim ausgelagert. „Wir sind gut vorbereitet und machen alles, was nötig ist, um einen sicheren Schulbetrieb zu gewährleisten“, sagt Rektor Markus Mayer. Die Akzeptanz für die Schnelltests sei unter den Eltern und Schülern sehr hoch. „Es war nur ganz kurz etwas unangenehm, mit dem Wattestäbchen Proben aus der Nase zu nehmen“, sagt die 16-jährige Doris aus der Klasse 9a. Für sie war es der erste Corona-Test überhaupt. Die meisten Schüler wurden schon mindestens einmal getestet. Die älteren Schüler aus der 10. Jahrgangsstufe waren am Montag recht gelassen, denn sie hatten bereits vor den Osterferien den ersten Probelauf.

    Corona-Selbsttests an Schulen: Nur ein positives Testergebnis im Landkreis Günzburg

    Lediglich einen einzigen positiven Selbsttest habe es nach Angaben von Schulamtsdirektor Thomas Schulze an den Schulen im Landkreis gegeben. In einem solchen Fall werden umgehend die Eltern informiert, in den Testzentren sind für einen weiteren PCR-Test Slots freigehalten. „Daten werden von der Schule keine an das Gesundheitsamt übermittelt“, betont Schulze. Auch von den acht bis 20 Prozent an Testverweigerern unter den Schülern im Kreisgebiet sei kein einziger trotzdem in die Schule gekommen, berichtet der Schulamtsdirektor: „Es gab keine einzige Konfrontationssituation. Auch im Falle des positiven Tests lief alles ruhig und besonnen ab.“ Bedenken äußert Schulze jedoch in Bezug auf eine Protestaktion von Eltern, die sich am Sonntag vor dem Schulamt in Krumbach versammelt hatten.

    Weiße Sneakers standen neben schwarzen, bunten Ballerinas, Croqs und Sandalen, Winter- und Gummistiefeln auf den Stufen des Kreishauses in der Robert-Steiger-Straße, in dem das Schulamt Krumbach untergebracht ist. Die Schuhpaare stehen jeweils für ein Kind, das in der Corona-Pandemie leidet, erklärten Eltern auf Nachfrage. Ein Vater aus Deisenhausen hat ein Paar lilafarbene Winterschuhe dazugestellt. Es sind die Schuhe seiner Tochter, die die Grundschule besucht. Zusammen mit rund 150 Personen war er am Sonntagabend nach Krumbach gekommen, um ein Zeichen zu setzen: Sie stellen Schuhe ihrer Kinder auf der Schulamtstreppe ab, damit wollen er und seine Mitstreiter auf die Situation der Kinder durch die Anti-Corona-Maßnahmen hinweisen. Anlass ist die Testpflicht auf das Coronavirus, die nun an Schulen gilt, wenn Schulkinder den Unterricht besuchen wollen. Zusammen mit den Schuhen standen viele Plakate in der Szenerie vor dem Kreishaus. „Schützt unsere Kinder!“, „Nein zur Zwangstestung“ „Lehrer und Erzieher erhebt Eure Stimme, wo seid Ihr?“, stand etwa darauf.

    Eltern protestieren in Krumbach: Schulamtsdirektor ist "schockiert"

    Beim Landratsamt ist keine Demonstration seitens der Eltern angemeldet worden, war von der Polizei zu erfahren. Auch ein Versammlungsführer konnte vor Ort nicht ausgemacht werden. Für die Polizei ist die Aktion eine spontane Versammlung. So ähnlich war es auch schon bei vielen bundesweiten Protestaktionen unter dem Titel „Aktion Kinderschuhe“ andernorts in Deutschland. Eltern setzen sich spontan für das Wohl ihrer Kinder ein – und das zieht gewöhnlich keine Kritik auf sich. Aber: Nach Recherchen des MDR haben die Aktionen ihren Ursprung wohl in Thüringen – und einen gemeinsamen Hintergrund: Sie werden dem MDR zufolge oft von Gruppierungen beworben, die der Querdenken-Szene und verschwörungsideologischem Denken nahestehen. Hinzu kommt: Die problematischen Hintergründe der Kinderschuhe und Grablichter scheint vielen nicht bewusst zu sein: Was wie harmloser Protest wirkt, weckt für andere Erinnerungen an die Morde an Millionen Kindern in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus – Berge an Kinderschuhen wurden bei der Befreiung in den Lagern gefunden. Reinhard Schramm, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Thüringen, sagte etwa gegenüber dem MDR: „Als ich die Bilder von Kinderschuhen vor Rathäusern gesehen habe, musste ich sofort an die jüdischen Kinder im Holocaust [...] denken.“

    Und eben diese Symbolik war nun vor dem Schulamt in Krumbach platziert worden – was Schulamtsdirektor Schulze zutiefst schockiert. Dass Eltern ihren Unmut äußern, Fragen stellen, dass es auch andere Ansichten gibt – all das sei gut so. „Ich bin in einer Diktatur, der DDR, aufgewachsen und weiß, wie wichtig es ist, seine Meinung frei äußern zu können.“ Und solche Proteste gehörten zu einer gesunden Demokratie, bekräftigt der Schulamtsdirektor. „Aber ein großes Problem habe ich mit den Schuhen und den Grablichtern – wer jemals in Auschwitz war, weiß wie diese Symbolik belegt ist. Diese Unterstellung, die die Schuhe und Grablichter assoziieren – jedes steht für ein totes Kind – sind so weit unter der Gürtellinie, das ist für mich persönlich schier unerträglich.“

    Am Sonntag haben sich vor dem Schulamt in Krumbach rund 150 Eltern zu einer Protestaktion getroffen und Schuhe sowie Grablichter abgelegt.
    Am Sonntag haben sich vor dem Schulamt in Krumbach rund 150 Eltern zu einer Protestaktion getroffen und Schuhe sowie Grablichter abgelegt. Foto: Annegret Döring

    Auch Schulze will, dass die Umstände der Pandemie schnell wieder vorübergehen – aber Corona sei eben nicht wegzudiskutieren. „Und bis dahin tun wir unser Möglichstes, alle Schulkinder zu schützen“, sagt er. „Die Selbsttests leisten dazu einen wesentlichen und sinnvollen Beitrag.“ Auch die Schule solle den Schülern einen Schutzraum bieten. „Ich bin zu jeder vernünftigen Diskussion bereit, führe täglich Gespräche mit verärgerten Eltern – aber eine solche Symbolik geht gar nicht“, betont Schulze. Er bekräftigt aber, dass nicht jeder diese Assoziation hat. Nicht alle Protestierenden würden wissen, welche Bedeutung darin liege. Er hofft jedoch, dass die Protestierenden dadurch zum Nachdenken angeregt werden.

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