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Wasser: Kostenlos Wasser entnehmen – ist das noch zeitgemäß?

Wasser

Kostenlos Wasser entnehmen – ist das noch zeitgemäß?

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    Wasser wird zunehmend knapp. Ist es da noch zeitgemäß, es kostenlos zu entnehmen?
    Wasser wird zunehmend knapp. Ist es da noch zeitgemäß, es kostenlos zu entnehmen? Foto: Bernd Thissen, dpa

    Brauen ist ein wasserintensives Geschäft: Ins Bier alleine kommt sehr viel Wasser, außerdem müssen Flaschen gereinigt und gespült werden. Gut also, wenn eine Brauerei einen eigenen Brunnen hat. So wie die Schlossbrauerei Autenried in Ichenhausen-Autenried im Kreis Günzburg. Zwei Brunnen versorgen sie mit Grundwasser – „eine Existenzgrundlage für unseren Betrieb und unsere Mitarbeiter“, wie Inhaber Rudolf Feuchtmayr sagt. Pro Jahr entnimmt die Brauerei insgesamt rund 60.000 Kubikmeter Wasser. Die kommen ins Bier, in Mineralwasserflaschen und Erfrischungsgetränke. Und sie werden für das Spülen von Leergut und den Betrieb von Gaststätte und Hotel verwendet, die zur Brauerei gehören.

    Der Kubikmeter Grundwasser ist für Rudolf Feuchtmayrs Unternehmen kostenlos. Denn in Bayern gilt: Wer selbst Grundwasser aus dem Boden oder Oberflächenwasser aus Seen und Flüssen entnimmt, braucht dafür nichts zu bezahlen. Alle anderen zahlen hingegen für ihr Wasser: In Bayern sind es im Schnitt 1,65 Euro pro Kubikmeter, wie das Statistische Landesamt zuletzt 2019 erhoben hat. Wasser kostenlos entnehmen: Ist das in einer Zeit, in der Wasser knapp wird, noch angebracht? Dem geht eine gemeinsame Recherche von Correctiv.Lokal und unserer Redaktion nach.

    Fast alle Bundesländer erheben eine Abgabe aufs Wasser

    Stünde Rudof Feuchtmayrs Brauerei ein paar Kilometer weiter nördlich, müsste er für sein Wasser bezahlen. In Baden-Württemberg gibt es anders als in Bayern nämlich ein sogenanntes Wasserentnahmeentgelt, oft Wassercent oder früher Wasserpfennig genannt. Das bedeutet, dass für die Wasserentnahme ein fixer Betrag pro Kubikmeter fällig wird. Den bekommt das Bundesland. Das entscheidet, was mit dem Geld passieren soll, ob zum Beispiel Verwaltungskosten gedeckt oder Maßnahmen für eine Verbesserung der Wasserqualität finanziert werden.

    In Baden-Württemberg müsste Rudolf Feuchtmayr dementsprechend für seine rund 60.000 Kubikmeter Wasser bezahlen. 2019 waren es dort 5,1 Cent pro Kubikmeter. Das wären 3.060 Euro bei 60.000 Kubikmetern. In Berlin, wo 31 Cent pro Kubikmeter fällig werden, wären es 18.600 Euro.

    Bayern, Thüringen und Hessen sind beim Wassercent die Ausnahme

    Bayern, Thüringen und Hessen haben keinen Wassercent, in allen anderen Bundesländern wird er fällig. Die Regeln, wer wieviel bezahlt und was mit dem Geld passiert, sind sehr unterschiedlich, zum Beispiel können Bundesländer einzelne Wirtschaftszweige, Produkte oder Gewässerarten vom Entgelt ausnehmen.

    Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat 2019 eine Studie zum Wasserentnahmeentgelt veröffentlicht. Für den BUND ist dabei klar, dass alle Bundesländer ein einheitliches Wasserentnahmeentgelt einführen sollten. Wie es im Gutachten heißt, könnten zweckgebundene Entnahmeentgelte bei der Verbesserung der Wasserqualität und Wasserschutz helfen. Das Entgelt soll laut BUND zudem Verzerrungen im Wettbewerb aufheben, die sonst zwischen Bundesländern mit und ohne Wassercent entstehen.

    Mit dem Entgelt lassen sich Maßnahmen beim Hochwasserschutz finanzieren

    Was sich mit dem Wassercent machen lässt, zeigt das Beispiel Baden-Württemberg. „Die Mittel aus dem Wasserentnahmeentgelt (WEE) werden in Baden-Württemberg jedes Jahr vollständig für wasserwirtschaftliche und gewässerökologische Belange eingesetzt“, teilt das dortige Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft dazu auf Anfrage mit, zum Beispiel Maßnahmen für Hochwasserschutz und Gewässerökologie. Die Zweckbindung des Wasserentnahmeentgelts sei demnach wichtig, da sie eine verlässliche Finanzierung ermögliche. In Baden-Württemberg wurde mithilfe der Mittel aus dem Wassercent zum Beispiel das Hochwasserrückhaltebecken Wolterdingen in Donaueschingen-Wolterdingen an der Breg gebaut. Mit dem Freistaat Bayern zusammen entstand so am Ayer Wehr in Senden bzw. Illerkirchberg eine Fischaufstiegsanlage und eine Sohlrampe.

    Auch Bayern will mittlerweile das Wasserentnahmeentgelt einführen. Bei einer Regierungserklärung im Juli 2021 hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder angekündigt, dass er den Wassercent auf den Weg bringen will – allerdings mit Ausnahmen für diejenigen, die Wasser intensiv nutzen, zum Beispiel die Landwirtschaft.

    Rudolf Feuchtmayr ist gegen den Wassercent. Er betont, dass ihn das Wasser schon heute etwas kostet: Für den Brunnenbau seien Probebohrungen notwendig, Genehmigungen, regelmäßige Analysen, Anlageprüfungen. Ebenso fällt Abwasser an. Und all das kostet Geld. Für Feuchtmayr ist der Weg dagegen eher: Wasser sparen, wo es geht. Das versucht er im Betrieb umzusetzen, zum Beispiel wenn Wasser beim Reinigen von Flachen doppelt verwendet wird, erst zum Nachspülen von Flaschen, dann zum Vorspülen für die nächsten.

    Rudolf Feuchtmayr, hier im Brauereimuseum seiner Schlossbrauerei Autenried, ist gegen den Wassercent. (Archivbild)
    Rudolf Feuchtmayr, hier im Brauereimuseum seiner Schlossbrauerei Autenried, ist gegen den Wassercent. (Archivbild) Foto: Bernhard Weizenegger

    „Wir sollten dankbar sein für das gute Wasser in der Gegend. Aber wir müssen mehr dafür tun“, sagt Rudolf Feuchtmayr. Er sei auch bereit, für solche Maßnahmen zu investieren. Am Wassercent stört ihn aber, dass daraus nicht nur Maßnahmen finanziert werden, die sich direkt auf die Wasserentnahme beziehen. Sondern eben auch Projekte wie Hochwasserschutz, die mit der Wasserqualität nur wenig zu tun haben.

    Bisher keine konkreten Pläne für Einführung eines Wassercents in Bayern

    Dass sich in absehbarer Zeit etwas ändert, muss Feuchtmayr allerdings nicht befürchten. Konkrete Aussagen dazu, wann ein Wassercent eingeführt werden könnte, gibt es bisher nämlich nicht. Ein Sprecher des Bayerischen Umweltministeriums erklärt, das Ministerium habe für eine gesicherte Wasserversorgung das Programm „Wasserzukunft Bayern 2050“ aufgelegt. Das nehme die Trink- und Brauchwasserversorgung des Freistaats umfassend in den Blick. Weiter heißt es vom Umweltministerium: „Auch das Thema ,Wassercent' wird dabei aktuell innerhalb der Staatsregierung geprüft. Daher können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine näheren Aussagen dazu getroffen werden.“

    In Bayern gibt es also noch keine konkreten Pläne für die Einführung einer Wasserabgabe. Auf Bundesebene ist man damit weiter: Eine Nationale Wasserstrategie soll als Leitfaden viele Maßnahmen für eine Veränderung der Wasserwirtschaft beinhalten, die Umsetzung liegt dann je nach Zuständigkeit bei Bund, Ländern, Kommunen und weiteren Akteuren. Ein Vorschlag ist die Einführung eines bundesweit einheitlichen Wassercents. Die Strategie soll vom Kabinett bis Ende des Jahres beschlossen werden.

    Diese Recherche ist Teil einer Kooperation der Augsburger Allgemeinen und von Correctiv.Lokal. Das Netzwerk recherchiert zu verschiedenen Themen, darunter in einem Schwerpunkt langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos unter correctiv.org/klima.

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