Würden Politiker so energisch handeln, wie sie sprechen, dann wäre die Klimakrise längst abgewendet. Der ehemalige deutsche Außenminister Heiko Maas sagte 2020 etwa: "[Den Kampf gegen den Klimawandel] führen wir letztlich, um uns selbst zu retten." Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen warnte: "Unser Planet befindet sich in einer Notlage!" Und Boris Johnson, damals noch britischer Premierminister, verkündete: "Was das Öl für Saudi-Arabien ist, ist der Wind für Großbritannien."
Entschiedene Worte – auf die entschiedenes Handeln folgte?
Klar ist: Viele Länder der Erde haben sich Klimaziele gesetzt. Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein – also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen, als es der Atmosphäre entziehen kann. Die USA wollen das Ziel bis 2050 erreichen, China bis 2060 und Indien bis 2070.
Bald klimaneutral? Das sind die Klimaziele einzelner Nationen
Die Fortschritte der einzelnen Staaten unterscheiden sich stark voneinander. Während Deutschland seine Ziele 2021 im Klimaschutzgesetz verankert hat, stehen die Bestrebungen von Ländern wie Brasilien, Indien oder Mexiko noch nicht im Gesetz. Wieder andere Staaten wie Madagaskar oder Kambodscha haben ihre Ziele nach eigenen Angaben schon erreicht, weil sie als sogenannte Entwicklungsländer ohnehin kaum zum Treibhauseffekt beigetragen haben.
Zum Vergleich: Während jeder Mensch in Madagaskar zuletzt umgerechnet 0,13 Tonnen CO2 emittierte, lag der Pro-Kopf-Ausstoß in Deutschland bei rund 7,7 Tonnen und in den USA bei rund 14,2 Tonnen – also dem 60- bzw. 110-Fachen. Reiche Industrieländer müssen sich auf dem Weg in die Klimaneutralität im Vergleich zu ihrem heutigen Standard enorm einschränken, während arme Entwicklungsländer den klimaschädlichen Lebensstil der Industrienationen erst gar nicht erreichten.
So entwickeln sich die globalen CO2-Emissionen
Immerhin: Deutschland hat seine Pro-Kopf-Emissionen seit 1980 kontinuierlich gesenkt. Auch Großbritannien, Frankreich oder die USA haben den Höhepunkt ihrer Klimaschädlichkeit wohl hinter sich. Das hängt auch damit zusammen, dass sich diese Länder klimafreundliche Technologien leisten konnten. In anderen Ländern wie China oder Indien – die bevölkerungsreichsten Staaten der Erde – steigen die Pro-Kopf-Emissionen hingegen noch an. Was bedeutet das für die Entwicklung der weltweiten Emissionen?
Die unten stehende Grafik zeigt, dass Jahr für Jahr weiter große Mengen an Treibhausgasen wie CO2 in die Atmosphäre gelangen. Im Jahr 2020 ging die Menge der ausgestoßenen Klimagase wegen Lockdowns und Corona-Beschränkungen zwar zurück: Menschen fuhren weniger Auto, Fabriken standen zeitweise still. Seitdem sind die Emissionen nach Angabe der Internationalen Energieagentur aber wieder gestiegen.
Für die selbst gesteckten Klimaziele der Weltgemeinschaft verheißt diese Entwicklung nichts gutes. Fast alle Länder der Erde haben sich beim Pariser Klimagipfel im Jahr 2015 darauf verständigt, die Erderwärmung im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900 begrenzen zu wollen – und zwar auf bestenfalls 1,5 und maximal zwei Grad Celsius. Bereits jetzt sind plus 1,2 Grad erreicht. Und da die Emissionen weiterhin steigen, wird sich die Erde in den kommenden Jahren weiter aufwärmen. Einige Forschende rechnen gar mit einer Zunahme von deutlich mehr als zwei Grad.
Es braucht weltweit Maßnahmen gegen die Erderwärmung – und zwar schnell
Um das 1,5-Grad-Ziel doch noch einzuhalten, dürften in weniger als sieben Jahren keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre abgegeben werden. Alternativ müssten der Atmosphäre mindestens so viele Treibhausgase entnommen werden, wie ihr zugeführt werden. Viele Expertinnen und Wissenschaftler aus aller Welt halten das Ziel inzwischen für unrealistisch. Warum? Die unten stehende Grafik zeigt, wie stark die CO2-Emissionen in wenigen Jahren reduziert werden müssten, um die Pariser Klimaziele einzuhalten – also unverzüglich und drastisch.
Auch das Zwei-Grad-Ziel erfordert eine schnelle und entschiedene Reaktion der Weltgemeinschaft. Für die Einhaltung blieben rechnerisch knapp 25 Jahre Zeit. Das klingt nach einer langen Zeit – ist es aber nicht. Bereits Anfang der 2040er Jahre dürfte die Weltbevölkerung nur noch die Hälfte aller Treibhausgasemissionen im Vergleich zu heute verursachen. Doch während Industrienationen wie Deutschland bereits zu Lasten des Klimas zu wirtschaftlicher Stärke gefunden haben, verspüren Entwicklungsländer denselben Wunsch nach Wohlstand – und der lässt sich momentan oft nur mithilfe fossiler Energieträger erreichen. Es ist also wahrscheinlich, dass selbst Entwicklungsländer mit derzeit niedrigen Emissionen, in Zukunft mehr Treibhausgase ausstoßen werden.
Sind also alle Bemühungen umsonst? Steuert die Welt auf eine Klimakatastrophe zu? Die Vereinten Nationen sprachen im vergangenen Monat von einzelnen "Hoffnungsschimmern" im Kampf gegen den Klimawandel. Ausreichend seien diese aber nicht. Die Hoffnungen ruhen somit auch auf der Weltklimakonferenz, die aktuell in Ägypten stattfindet. Bisher vergeblich.
Der Klimawandel ist nicht mehr aufzuhalten. Kommunen müssen sich für Extremwetter wie Hitze und Starkregen rüsten. Wie ist diese sogenannte Klimaresilienz zu erreichen? Das sagt Professor Markus Keck im Podcast "Augsburg, meine Stadt".