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Klimawandel: Kommunen in der Region fehlt es an Konzepten gegen die Hitze

Die Kommunen wollen sich zwar für Hitzewellen rüsten, sprechen jedoch von Hürden bei der Umsetzung.
Klimawandel

Kommunen in der Region fehlt es an Konzepten gegen die Hitze

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    Der Klimawandel trifft die Region. Und das nicht erst in 30 oder 40 Jahren – sondern heute. Stieg die Temperatur in den 60er und 70er Jahren in den hiesigen Landkreisen im Schnitt jährlich nur etwa vier Mal über 30 Grad, sind es heute häufig zwölf, 13 oder 14 solcher Hitzetage im Jahr. Tendenz: steigend. Bis Ende des Jahrhunderts könnte die Zahl der Tage, an denen das Thermometer über 30 Grad klettert, bei 50 liegen, warnen Forscher. Das kann ernste Folgen haben für die Menschen in der Region, vor allem für Alte und Kranke. Die Politik versucht, gegenzusteuern – bisher allerdings mit mäßigem Erfolg.

    "Deutschland ist für den Katastrophenfall durch mögliche Hitzewellen nicht gerüstet", sagt Martin Herrmann von derDeutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), ein Netzwerk von Organisationen und Verbänden aus dem Gesundheitsbereich. Der Hitzeschutz müsse dringend vorangetrieben werden. Doch ob etwas getan werde, sei davon abhängig, ob Kommunen und Einrichtungen wie Kliniken oder Kitas die Gefahren erkennen.

    Was es in den Augen des Experten dringend braucht, sind Hitzeaktionspläne. Die können Kommunen, medizinischen und sozialen Einrichtungen dabei helfen, besser mit sehr heißen Tagen umzugehen. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen, wer Einrichtungen wie Seniorenheime oder Kitas vor Phasen mit hohen Temperaturen warnt. Wenn zum Beispiel ein Seniorenheim eine Warnung erhält, sollten Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber in kühlere Bereiche des Gebäudes gebracht werden. Kommunen könnten außerdem für die breite Bevölkerung kühle Orte in Einkaufszentren oder Kirchen ausweisen oder über Trinkbrunnen informieren. Und darüber hinaus müssten laut Jelka Wickmann von der KLUG-Allianz langfristige Pläne her: gegen Flächenversiegelung, für mehr schattige Orte und weniger Verkehr in den Innenstädten. Denn Klimaschutz sei auch Hitzeschutz: Wenn die Erderwärmung begrenzt wird, müssen Systeme auch weniger an steigende Temperaturen angepasst werden.

    Die Politik entwirft Konzepte gegen die steigende Zahl der Hitzetage – umgesetzt ist bisher wenig

    Bayerns Gesundheitsminister Holetschek weiß von dem Problem. "Vulnerable Gruppen wie beispielsweise ältere Bürgerinnen und Bürger, Pflegebedürftige und Menschen mit Demenz sind bei Hitze stark gefährdet", sagt er unserer Redaktion. Der Gesundheitsminister will vor allem die Kommunen in die Pflicht nehmen. Sie könnten passgenaue Maßnahmen vornehmen, um Bürgerinnen und Bürger zu schützen. "Wir unterstützen nicht nur mit Informationen, sondern auch mit Workshops und einer Toolbox bei der Erstellung und Umsetzung von kommunalen

    Das Problem: Umgesetzt ist davon bisher wenig. Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat kürzlich eine Umfrage unter den bayerischen Kommunen durchgeführt. 256 Gemeinden nahmen teil. "Die meisten Kommunen gaben an, dass derzeit noch keine gezielten Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit während Hitzeperioden ergriffen werden", sagt eine Sprecherin des LGL unserer Redaktion. Die Kommunen wollten zwar die Klimaanpassung vorantreiben, sprechen jedoch von Hürden bei der Umsetzung. Es fehlt vor allem an Personal und Geld.

    Das unternehmen die Landkreise in der Region gegen die Folgen des Klimawandels

    "In einer Großstadt wie Augsburg ist es noch eher möglich, Personalressourcen freizumachen", sagt Elke Hertig. Die Professorin für regionalen Klimawandel und Gesundheit sitzt im Klimabeirat der Stadt. "In den kleinen Kommunen geht das fast nicht ohne Unterstützung."

     Hierfür hat das LGL einen Leitfaden an die Kommunen herausgegeben. Ein Bündel von Maßnahmen, mit denen die Folgen der Hitze auf die Gesundheit abgemildert werden sollen.

    Das sieht unter anderem vor, dass die Temperatur in Innenräumen möglichst niedrig gehalten wird. Kommunen sind angehalten, öffentliche Gebäude mit Klimaanlagen und Jalousien auszustatten oder Wände und Dächer gegen Hitze zu isolieren. Außerdem sollten die Gemeinden Konzepte erarbeiten, wie vulnerable Gruppen geschützt werden können. Dazu zählen nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen. Sondern auch Obdachlose, Frauen und Männer, die im Freien arbeiten oder Menschen mit Fiebererkrankungen. Auch Kinder – und damit verbunden Schulen und Kitas – müssen gegen Hitze geschützt werden. In der Stadtplanung sollen Gemeinden auf ausreichend Schattenplätze und Sitzgelegenheiten achten und die Wasserversorgung gewährleisten.

    Ein Blick in die Region zeigt: Die Kommunen und Landkreise arbeiten daran. Bisher beschränken sich die Maßnahmen aber vor allem darauf, Informationen für die Bevölkerung bereitzustellen. Eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Hitzeschutz hat bisher beispielsweise kein Landratsamt eingerichtet. Fast alle Landkreise verweisen auf Nachfrage unserer Redaktion darauf, Hinweise zum Hitzeschutz auf ihrer Homepage zur Verfügung zu stellen. "Es existiert bereits eine große – auch online verfügbare – Bandbreite an Informationsmaterial von verschiedensten Institutionen und Fachbehörden", schreibt beispielsweise das Landratsamt Donau-Ries. Die Informationen beziehen sich meist auf die private Vorsorge: viel trinken, Schatten suchen, im Zweifel zum Arzt gehen.

    Um die Gesundheit von vulnerablen Gruppen zu schützen, setzen die Landkreise hauptsächlich auf die Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger. Angela Brenner beispielsweise, Sprecherin des Landkreises Günzburg, erklärt auf Nachfrage, Bewohnerinnen und Bewohner der Altenstiftungen würden bei hohen Temperaturen vermehrt auf Kreislaufprobleme untersucht. Und der Landkreis Augsburg teilt mit: "Die Zuständigkeit für die jeweiligen Hitzeschutzkonzepte in den meisten Einrichtungen liegt aufseiten der Trägerschaft."

    Die meisten Landkreise versichern aber, künftig mehr für den Hitzeschutz tun zu wollen. Fast alle geben an, einen Hitzeaktionsplan erarbeiten zu wollen. Gedacht ist unter anderem daran, Gebäude künftig mit Kühlsystemen auszustatten. Oder verstärkt Bäume zu pflanzen, die Schatten spenden.

    Wir haben alle Landkreise in der Region angefragt, welche Maßnahmen Sie zum Schutz der Bevölkerung vor Hitzewellen ergreifen. Hier finden Sie die Antworten im Überblick:

    Stadt Augsburg:

    Die Stadt Augsburg hat einen Klimabeirat eingerichtet. Er setzt sich zusammen aus je vier Mitgliedern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Gruppe berät den Stadtrat bei der Umsetzung der städtischen Klimaschutzziele.

    Am 25. Mai 2022 hat der Augsburger Stadtrat das Klimawandel-Anpassungskonzept verabschiedet. Das sieht unter anderem vor, dass im Stadtgebiet vermehrt Trinkwasserbrunnen installiert und Bäume gepflanzt werden. Außerdem sollen die Gebäude der Stadt künftig besser gegen Hitze geschützt werden. Beim Katastrophenschutz sollen Kapazitäten für Hitzeschutz freigeräumt werden. An einem Hitzeschutzkonzept, wie vom Gesundheitsministerium vorgesehen, arbeitet die Stadt aktuell.

    Landkreis Augsburg:

    Auf der Internetseite stellt der Landkreis Unterlagen mit Informationen zum Hitzeschutz bereit. Ein Sprecher schreibt auf Anfrage: "Ein konkretes Hitzeschutzkonzept bzw. ein konkreter Hitzeaktionsplan liegt in unserem Landkreis nicht vor. Das hat zum einen den Grund, dass das Thema 'Hitze' ein dezentral zu behandelndes Thema ist. Die Zuständigkeit für die jeweiligen Hitzeschutzkonzepte in den meisten Einrichtungen liegt aufseiten der Trägerschaft." Im Fall einer drastischen Hitzewelle würde der Katastrophenschutz eingreifen.

    Landkreis Aichach-Friedberg:

    Der Landkreis stellt auf seiner Internetseite Informationen zum Umgang mit Hitze bereit. Darunter Broschüren des Gesundheitsministeriums und des LGL.

    Landkreis Dillingen:

    Ein umfassendes Gesamtkonzept, wie von LGL und Gesundheitsministerium angeregt, existiert noch nicht. "Das Gesundheitsamt hat aber bereits seit mehreren Jahren zwei der acht Kernelemente dieses Hitzeaktionsplans umgesetzt: Maßnahmen zur Information und Kommunikation und Nutzung des Hitzewarnsystems des Deutschen Wetterdienstes", so Peter Hurler, Sprecher des Landkreises.

    Die Pflegeeinrichtungen werden bei "extremer Wärmebelastung" über die kommende Wetterlage mit der Hitzewarnstufe II informiert. Die Mitteilung enthält in der Regel auch Empfehlungen zur Vermeidung von gesundheitlichen Schäden bei Hitze. Außerdem bietet der Landkreis Informationsveranstaltungen an – beispielsweise die Aktionstage "Sonne(n) mit Verstand".

    Landkreis Donau-Ries:

    Der Landkreis stellt Informationen zum Umgang mit Hitze auf der Internetseite bereit. Bei der Versorgung Alter und Kranker setzt der Landkreis auf die Träger. "Da das Thema zudem auf Bundes- und Landesebene derzeit politisch verstärkt in den Fokus gerückt wird, bleibt auch abzuwarten, ob daraus noch einheitliche konkrete Handlungsanweisungen für die Kreisverwaltungsbehörden folgen werden", so eine Sprecherin.

    Landkreis Günzburg:

    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenstifte prüfen die Bewohnerinnen und Bewohnern an heißen Tagen verstärkt auf Abgeschlagenheit und Kreislaufprobleme. Außerdem würden Getränke und Eis angeboten. Zukünftige Konzepte zielen auf die Gebäudebeschaffenheit ab. "Die Erfahrungen aus den letzten Sommern haben gezeigt, dass eine reine Beschattung der Gebäude nicht mehr ausreichend ist. Gut gedämmte Gebäude speichern die Wärme extrem gut und es dauert sehr lange, bis diese wieder abkühlen. Neubauten werden wir daher mit einer Kühlung ausstatten", heißt es vonseiten des Landkreises. Der Landkreis stellt außerdem Informationsmaterial bereit.

    Stadt Kempten:

    Kempten hat das Klima in der Stadt in der Vergangenheit selbst untersuchen lassen. Und verweist darauf, bisher relativ wenig durch die Folgen des Klimawandels betroffen zu sein. Die Stadt will dem Thema durch Stadtplanung entgegenwirken.

    Landkreis Landsberg am Lech:

    Die Koordinationsstelle Seniorenpolitisches Gesamtkonzept initiiert gemeinsam mit dem Klimaschutzmanagement des Landkreises und der KLUG-Allianz verschiedene Projekte und Aktivitäten, "um die Gesundheit der Bevölkerung trotz der Folgen des Klimawandels möglichst zu erhalten und zu fördern", so Landkreis-Sprecher Wolfgang Müller. Dazu gehört in erster Linie die Bereitstellung von Informationen. Der Landkreis entwirft und verteilt Flyer und organisiert Vortragsabende. "Weitere Projekte, wie zum Beispiel die Einführung eines Hitzeaktionsplanes, werden folgen."

    Landkreis Neuburg-Schrobenhausen:

    Der Landkreis versorgt Altenheime mit Informationen und Schutzplänen, um gesundheitliche Folgen abzuwenden. Außerdem würden im Zuge der Aktion "Sonne(n) mit Verstand" Informationen zum Hitzeschutz bereitgestellt. Die Veranstaltung musste zuletzt coronabedingt aussetzen.

    Landkreis Neu-Ulm:

    "Der Landkreis Neu-Ulm arbeitet bereits seit 2012 mit einem integrierten Klimaschutzkonzept", so Kerstin Weidner, Sprecherin des Landratsamts. "Schwerpunkt ist die Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen im Landkreis. Darüber hinaus plant unser Bereich Klimaschutz ein Klimaschutzvorreiter-Konzept zu erstellen."

    Außerdem setzt der Landkreis auf Veranstaltungsreihen. So beispielsweise die Vortragsreihe "Klimawandel und Gesundheit". Sie soll im Herbst starten. Außerdem besuchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes regelmäßig mit einem Infostand die Badeseen im Landkreis und informieren über die Gefahren von UV-Strahlung oder übermäßiger Hitze. Beim Schutz von Alten und Kranken setzt der Landkreis auf die Träger.

    Landkreis Oberallgäu:

    "Aktuell ist das Thema im Kreis im Bereich von Gesundheitsamt, Gesundheitsregion Plus und Klimaschutzmanagement angesiedelt", sagt Franziska Springer, Sprecherin des Landkreises. "All diese Stellen beraten und informieren Bürgerinnen und Bürger auf Anfrage." Der Landkreis hat sich außerdem auf Fördermittel für ein Projekt zur Klimawandelanpassung beworben. "Im Rahmen dieses Projektes würde bei Förderzusage ab Herbst dieses Jahres auch dem Thema Hitzeschutz der Bevölkerung Rechnung getragen."

    Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren:

    Der Landkreis hat ein Hitzeschutzkonzept mit Tipps für die Bürgerinnen und Bürger herausgegeben. Darin sind auch Hinweise für Alten- und Pflegeheime enthalten. Außerdem umfasst das Dokument Informationen zu besonders gefährdeten Gruppen und zu Medikamenten, die die Auswirkungen von Hitze verschlimmern können. Das Konzept wird laufend erweitert und angepasst.

    Landkreis Unterallgäu:

    "Die Pflegekräfte in den Senioreneinrichtungen sind in der Regel gut sensibilisiert für die Gefahren bei Hitze", heißt es aus dem Landratsamt. "Dennoch planen wir hierzu Informationen im Internet zu veröffentlichen, um zum Beispiel pflegende Angehörige und andere Ansprechpartner von besonders gefährdeten Menschen zu erreichen." Das Thema Hitze soll künftig auch in den Katastrophenschutzplan des Landkreises einfließen.

    Wie funktioniert der Treibhauseffekt? Warum ist die Erderwärmung schlecht für uns alle? Hier erfahren Sie, was Sie über den Klimawandel wissen müssen.

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