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Klimaausblick: Wie sehr der Klimawandel die Region verändert, haben wir selbst in der Hand

Ein ausgetrockneter Weiher in Bayern. Ein Bild, wie es in Zukunft häufiger vorkommen könnte.
Klimaausblick

Wie sehr der Klimawandel die Region verändert, haben wir selbst in der Hand

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    Parasiten töten Bäume, das Grundwasser versalzt, Flüsse trocknen aus. Viele Menschen spüren den Klimawandel. Und das nicht nur in Ländern wie Australien, wo es besonders heiß ist, oder Indonesien, das mit ständigen Überflutungen zu kämpfen hat. Der Klimawandel trifft auch Deutschland, Bayern, Schwaben und Oberbayern. Das Problem ist global, aber die Auswirkungen unterscheiden sich. Wer an der Küste lebt, hat weniger mit steigenden Temperaturen zu kämpfen – dafür mit einem steigenden Meeresspiegel. In Gebirgsregionen sind besonders extreme Temperaturanstiege möglich, im Tal könnten Flüsse vertrocknen. Umso wichtiger ist es, sich anzusehen, auf welche Veränderungen sich die Menschen in der Region einstellen müssen.

    Forscherinnen und Forscher des Climate Service Center Germany (GERICS) – eine Initiative der renommierten Helmholtz-Gemeinschaft, der größten deutschen Forschungsorganisation – haben für alle 401 Landkreise in Deutschland Ausblicke verfasst. Sie zeigen, wie sich die Lage in den kommenden 80 Jahren entwickeln könnte. Die Forscherinnen und Forscher untersuchen verschiedene Faktoren. Die Zahl der Tropennächte beispielsweise, den Anstieg der Temperatur oder die maximale Dauer von Hitzeperioden.

    Selbst bei niedrigen Emissionen wird die Temperatur im Winter nur noch selten unter fünf Grad fallen

    Für die Zukunft projizieren die Forscherinnen und Forscher jeweils drei Szenarien. Eines für kontinuierlich steigende Treibhausgasemissionen. Ein zweites Modell für den Fall, dass die Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts steigen und danach fallen. Und ein drittes Modell, das die Auswirkungen ambitionierter Klimaziele abbildet. Ende des Jahrhunderts würde diesem Szenario nach sogar CO2 aus der Atmosphäre entnommen.

    In manchen Fällen sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache. Selbst bei niedrigen Emissionen wird die Temperatur im Winter nur noch selten unter fünf Grad fallen. In anderen Szenarien wirken die Zahlen marginal – allerdings nur auf den ersten Blick.

    Bei niedrigen Emissionen beispielsweise würde sich die Temperatur in der Region im Mittel um 1,2 Grad im Vergleich zur Durchschnittstemperatur zwischen 1971 und 2000 erhöhen. Und das bis zum Ende des Jahrhunderts. Bei mittlerem Ausstoß sind es etwa zwei, bei hohen Emissionen deutlich über drei Grad. Im dritten Szenario würde die Temperatur schon bis Mitte des Jahrhunderts die Zwei-Grad-Marke überschritten haben. Diese nur vermeintlich geringen Veränderungen können weitreichende Folgen haben.

    "Ökosysteme können bei bestimmten Temperaturen ihren Stabilitätszustand ändern", sagt Peer Seipold, Forscher am GERICS-Institut. Insbesondere Bäume in Städten könnten bei großer Hitze und langen Trockenperioden dauerhaft Schaden nehmen. "Und bei zwei Grad wären diese Folgen sehr wahrscheinlich deutlich ausgeprägter als bei 1,5 Grad."

    Den Berechnungen der Forscherinnen und Forscher zufolge steigt die Temperatur in der Region unterschiedlich stark. Bei hohen Emissionen beispielsweise klettert die Temperatur im Allgäu den Berechnungen zufolge um 0,3 Grad mehr als in den meisten anderen Landkreisen der Region. Bergregionen sind laut Seipold häufig von stärkeren Temperaturveränderungen betroffen. Wobei die bisherige Durchschnittstemperatur niedriger war als in den tiefer gelegenen Landkreisen.

    Für die Wirtschaft könnten die Veränderungen niedrigere Erträge bedeuten

    Dabei zeigt der Klimawandel heute schon Auswirkungen: auf die Gesundheit, auf die Wirtschaft, auf die Gesellschaft. Die Folgen werden aber extremer, je wärmer es wird. Vor allem Seniorinnen und Senioren leiden verstärkt unter Kreislaufproblemen. Durch die steigenden Temperaturen und die höhere Zahl der Tropennächtekönnen sie sich nicht richtig erholen. In manchen Fällen kann die Hitze sogar zum Tod führen.

    Durch die erhöhten Durchschnittstemperaturen könnten sich außerdem Tierarten in Deutschland ansiedeln, die bislang nur in wärmeren, südlicheren Regionen Europas vorkommen. Darunter beispielsweise die Tigermücke, die Krankheitserreger verbreiten kann. Eine Gefahr sind auch bestehende Arten, die sich durch höhere Durchschnitttemperaturen und mildere Winter stärker ausbreiten können. Mehr Zecken beispielsweise heißt erhöhtes Borreliose-Risiko.

    Für die Wirtschaft könnten die Veränderungen weniger Umsatz bedeuten. "Das betrifft beispielsweise die Landwirtschaft oder auch die Fischerei", sagt Seipold. Durch erhöhte Temperaturen und häufige Dürren können die Erträge in diesen Branchen zurückgehen. "Aber auch Einzelhändler und Restaurants in den Städten machen weniger Umsatz, wenn die Menschen wegen der Hitze zu Hause bleiben."

    Aufzuhalten ist der Klimawandel nicht mehr. Er kann aber abgemildert werden. Darüber sind sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einig. Fraglich ist nur: Wie schlimm werden die Folgen? "Das hängt davon ab, wie stark zukünftig die weltweiten Emissionen der Treibhausgase begrenzt werden." Aktuell – so Seipold – steuern wir global auf einen Temperaturanstieg von etwa 2,7 Grad zu. Also weit über der kritischen Marke von 1,5 Grad. "Selbst wenn die Versprechen und Ziele einberechnet werden, die die Regierungen weltweit abgegeben haben, landen wir bei etwa 2,1 Grad." Möglich sei aber, dass in einem weltweiten Kraftakt die Staaten ambitioniertere Emissionsminderungen als bisher umsetzen, um damit die allerschlimmsten Folgen zu vermeiden.

    Die Politik kann den Klimawandel nicht verhindern, aber das schlimmste abwenden

    Die Bayerische Staatsregierung gibt sich trotz der Prognosen optimistisch. "Der Schutz des Klimas ist eine Jahrhundertaufgabe. Der Erhalt unserer Heimat – auch für künftige Generationen – spielt für Bayern eine zentrale Rolle", sagt der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber unserer Redaktion. "Wir werden in Bayern den Klimawandel meistern. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz 2.0, den begleitenden Maßnahmen und einer jährlichen Klima-Milliarde zur Finanzierung sind wir gut aufgestellt. Die Zukunft Bayerns ist klimaneutral – bereits 2040."

    Anders sehen das die Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future. "Bayerns Beitrag zum Klimaschutz ist verschwindend gering und reicht kaum über Symbolpolitik hinaus", sagt Anja Paolucci, Sprecherin der Bewegung aus München. "Mit der Novelle des bayerischen Klimaschutzgesetzes verbessert die Staatsregierung ihre Klimaziele zwar ein bisschen, doch mit der Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze hat das noch nichts zu tun." Die Staatsregierung müsse den ÖPNV ausbauen und die Kommunen zum Handeln zwingen, so Paolucci. "Die Länder können die Kommunen dazu verpflichten, ihren Teil zur Klimaneutralität beizutragen – was nur den Ländern und nicht dem Bund zusteht –, und sie entsprechend unterstützen", sagt sie.

    Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hat in der Vergangenheit einen Leitfaden an die Kommunen herausgegeben. Ein Bündel von Maßnahmen, mit denen die Folgen der Hitze auf die Gesundheit abgemildert werden sollen. Umgesetzt ist davon bisher wenig. Auch weil finanzielle Unterstützung fehlt.

    Um die Folgen für Gesundheit und Wirtschaft gering zu halten, ist es wichtig, die regionalen Folgen des Klimawandels zu kennen. Mit unserem Projekt "Klimaausblick"  wollen wir genau das zeigen. Für jeden Landkreis haben wir eine Tabelle mit Prognosen erstellt. Sie zeigen, wie sich das Klima in Ihrer Heimat entwickeln wird: Auf welche Temperaturen wir uns einstellen müssen, wie lange künftig die Hitzeperioden dauern werden und wie stark die Zahl der Frosttage abnimmt. Die Diagramme finden Sie hier.

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