Die Deutsche Bundesregierung will beim Heizen einen Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen und sich vom Erdgas verabschieden. Dabei geht es laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) um den Schutz des Klimas, aber auch um Deutschlands Unabhängigkeit in Sachen Energie. Besonders die Abhängigkeit vom früheren Lieferanten Russland und die stark gestiegenen Preise seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine haben dem Vorhaben Nachdruck verliehen. Wie soll aber künftig geheizt werden und ist Wasserstoff eine umweltfreundliche Alternative zu Erdgas? Ein Überblick.
Was ist Wasserstoff und wie wird er gewonnen?
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) spricht sich besonders für Wasserstoff als klimaneutrale Alternative zu Erdgas aus. Denn chemisch enthalte eine Tonne Wasserstoff eine Energiemenge von 33.330 Kilowattstunden, was dem durchschnittlichen Jahresverbrauch von elf Drei-Personen-Haushalten entspräche. Laut dem Lobby- und Interessenverband der deutschen Strom- und Energiebranche ist Wasserstoff zudem das auf der Erde am häufigsten vorkommende chemische Element. Verfügbar ist es allerdings nicht in freier Form. Der Stoff muss erst aus Ausgangsstoffen gewonnen werden, die reich an Wasserstoff sind. Ein Beispiel ist Wasser - es besteht zu zwei Teilen aus Wasserstoff und einem Teil aus Sauerstoff. Um von H2O nun H2 abzuspalten, kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Dabei ist Wasserstoff nicht gleich Wasserstoff. Wirklich umweltfreundlich ist nämlich nur der sogenannte grüne Wasserstoff. Diese vier Formen der Herstellung gibt es laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF):
- Grüner Wasserstoff: Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse, also die Abspaltung, von Wasser hergestellt. Damit das Ergebnis "grün" und klimafreundlich ist, wird dabei Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet. Deshalb ist grüner Wasserstoff klimaneutral und CO2-frei. Produziert wird er beispielsweise in Bayern.
- Grauer Wasserstoff: Grauer Wasserstoff wird durch die sogenannte Dampfreformierung meist aus fossilem Erdgas gewonnen. Dabei werden unter Zugabe von Wasserdampf in einer chemischen Reaktion Wasserstoff von und Kohlenstoffdioxid voneinander gespalten. Dabei entstehen rund zehn Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff, das in die Atmosphäre abgegeben wird.
- Blauer Wasserstoff: Auch bei der Herstellung von blauem Wasserstoff kommt es zur Dampfreformierung. Das entstehende Kohlenstoffdioxid wird aber teilweise abgespalten und im Erdboden gespeichert. Speicherbar sind maximal 90 Prozent des produzierten CO2.
- Türkiser Wasserstoff: Türkiser Wasserstoff wird über die sogenannte Methanpyrolyse hergestellt. Dabei wird Methan thermisch gespalten. Anders als bei der Dampfreformierung entsteht bei diesem Prozess nicht CO2, sondern fester Kohlenstoff. Das Verfahren ist laut BMBF noch in der Entwicklung.
Übrigens: Wasserstoff ist immer ein farbloses Gas. Als grün, grau, blau oder türkis wird das Element nur aufgrund seines jeweiligen Ursprungs bezeichnet.
Wasserstoff als Alternative: Wie kann mit dem Stoff geheizt werden?
Laut dem BMBF wird Wasserstoff bereits heute in geringen Mengen in das bestehende Gasnetz beigefügt. Allerdings liegt der Grenzwert aktuell bei zehn Prozent. Grundsätzlich könnten die Anteile von grünem Wasserstoff zum Heizen aber erhöht werden. Beim Heizen wird der Wasserstoff anschließend wie Erdgas verbrannt. Im Gegensatz zu Erdgas entsteht dabei den Angaben zufolge aber nur Wasserdampf, der nicht klimaschädlich ist.
Heizen mit Wasserstoff: Welche Probleme und Kritikpunkte gibt es?
Für einen breiten Einsatz von Wasserstoff als Heizmittel bräuchte es in Deutschland eine entsprechende Infrastruktur. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, fehlt diese aktuell jedoch. Helfen könnte dem Bericht zufolge das Gasnetz. Allerdings sind die beiden Stoffe nur zu einem geringen Prozentteil mischbar und nicht jede Gasheizung eignet sich für den Einsatz mit Wasserstoff. Weitere Möglichkeiten bietet eine Brennstoffzellenheizung. Auch die ist klimaneutral, ist aber mit hohen Anschaffungskosten verbunden.
Problematisch ist laut dem BMBF auch die Herstellung von grünem Wasserstoff. Zumindest aktuell ist diese nämlich noch mit hohen Kosten verbunden. Gesenkt werden könnten diese durch den Ausbau erneuerbarer Energien, die zur Herstellung von grünem Wasserstoff nötig sind. Die genauen Kosten sind laut dem BMBF noch nicht absehbar, würden sich aber am Preis von erneuerbar erzeugtem Strom messen. Das Bundesministerium geht außerdem davon aus, dass Effizienz von serienmäßig hergestellten Elektrolyseuren zur Wasserstoff-Herstellung künftig bei rund 70 Prozent liegen könnte. Das würde bedeuten, dass 70 Prozent der aufgewendeten Energie auch in Wasserstoff umgewandelt werden würde. Beide Punkte sind aktuell noch Zukunftsmusik.
Besonders in Sachen Wärmeversorgung ist der Einsatz laut dem BMBF umstritten, da es laut dem Kopernikus-Projekt "Ariadne" vor allem in diesem Bereich schon heute effizientere Alternativen gibt. Grundsätzlich heißt es also erst einmal weiter abwarten.