Willkommen zurück, Mister Freeman. Dieser Satz sagt bereits alles aus. Die einen werden mit einer Gänsehaut sofort wieder Bilder vor ihrem inneren Augen sehen. Blitze, sich öffnende Zugtüren und das Gesicht des G-Man. Andere wiederum können mit diesen Worten, gesprochen vom ominösen Gegenspieler von Gordon Freeman aus der Half-Life Reihe, nichts anfangen. Videospiele definieren inzwischen die Popkultur wie vor vielen Jahren nur das Radio oder das Fernsehen. Heute feiern große Messen wie die Gamescon in Köln oder die E3 in Los Angeles jedes Jahr Besucherrekorde. Computer- und Videospiele sind in der Gesellschaft angekommen. Dabei war ihr Anfang sehr bescheiden.
So war das erste bekannte Computerspiel ein Matherätsel aus dem Jahre 1947. Beim sogenannten Nim ging es darum, Streichhölzer zu ziehen. Im Jahr 1952 folgte mit Tic-Tac-Toe bereits die digitale Umsetzung des beliebten Zeitvertreibs, der uns heute noch oft fesselt. Anspruchsvoll waren Computerspiele damals nicht, schließlich entwickelten sie sich immer analog zu den technischen Möglichkeiten. Aus diesem Grund kamen auch nur Studenten in den Genuss der heute oft vergessenen Anfangszeit: Nim oder Tic-Tac-Toe liefen nur auf den gewaltigen Supercomputern in den Rechenzentren der Hochschulen.
Es begann mit "Telespielen"
Erst im Jahre 1979 brachten die legendären Atari 2600 und Commodore 64, kurz C-64, die Computerspiele in die Wohnzimmer. Entwicklungen für die Vorgänger der Heimcomputer und der Konsolen nannte man damals „Telespiel“. Mit ihnen entstand eine Industrie, die im Jahr 1982 bereits drei Milliarden US-Dollar im Jahr umsetzte.
Dieses Wachstum führte jedoch zu einem Problem, welches heute wieder aktuell ist: Der Markt wurde geflutet mit schlechten Produkten, lauen Ablegern und war bedroht von Raubkopien. Er kollabierte und fiel auf ein Volumen von gut 100 Millionen Dollar zurück. Besonders berühmt ist die Geschichte des Videospielablegers zum Kinofilm „E.T.“ Noch heute gilt es als das schlechteste Computerspiel, das je gemacht wurde. Die Herstellerfirma kippte Hunderttausende Kopien originalverpackt in eine Sandgrube in der Wüste und schaufelte sie zu. Viele sahen darin auch ein Begräbnis der Computer-Daddel-Ära.
Doch dann kam der Gameboy. 1989 war der graue Kasten die Rettung für die gebeutelte Szene. Super Mario hüpfte sich zu globalem Ruhm und machte Nintendo zu einem Weltkonzern. Ihm folgten in den 90er Jahren die Playstation, die Xbox und der Gamecube. Mit dem Aufkommen des Breitbandinternets entstand eine vernetzte Spieleszene, die über den gesamten Globus hinweg ihr Hobby teilen konnte. Kurz darauf entwickelte sich daraus ein Sport, der in Teilen der Welt sogar Fußball, Basketball oder Baseball aus den Charts verdrängt hat.
Unternehmen schütten Preisgelder in Millionenhöhe aus
So füllen heute in Südkorea nicht mehr Popstars oder Leistungssportler die Stadien des Landes. Vielmehr sind es Gamer, die die Massen bewegen. Als Mitglieder großer Vereine, sogenannter Clans, spielen sie in der „Proleague“ um Preisgelder in Millionenhöhe. Ihre Geldgeber sind große Unternehmen wie Samsung oder die Telekom Korea. Auch in Deutschland investieren Konzerne wie Intel oder AMD Millionensummen in den Ausbau des digitalen Sports. In der Bundesrepublik ist dieser Wettkampf jedoch noch in den Kinderschuhen.
Bei uns sorgen Spiele wie Counter Strike oder World of Warcraft in anderen Bereichen für Schlagzeilen. So wird vor allem der Ego-Shooter Szene eine Mitschuld an Amokläufen gegeben und das berühmte Online-Rollenspiel von Blizzard taucht immer wieder in Verbindung mit Verwahrlosung, Sucht und sozialer Ausgrenzung in den Medien auf. Im Jahr 2011 fühlte sich der Privatsender RTL aus diesem Grund berufen, Gamer in einem fünfminütigen Bericht über die Spielemesse Gamescon zu verhöhnen. Die Reaktion der Szene ließ jedoch sogar den mächtigen Sender erzittern.
So vereinigten sich nicht nur deutsche Hobby-Zocker, sondern Gleichgesinnte auf der ganzen Welt. Mit Gegenberichten, Kommentaren und sogar Hacking-Angriffen legten sie das Netzwerk von RTL teilweise lahm. Der Sender entschuldigte sich öffentlich bei der gescholtenen Szene, die bis dahin ohne jegliche Lobby galt und nach Plänen des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, Günther Beckstein, sogar verboten werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt machte die Industrie jedoch weltweite Umsätze von über 100 Milliarden US-Dollar. Und Computerspiele waren auf dem Weg, gesellschaftsfähig zu werden.
Positive Einflüsse
Heute, drei Jahre später, ist es ganz normal, dass in den Kinderzimmern Computer stehen und die Spielekonsolen laufen. Und Studien bestätigten, dass Videospiele sogar einen positiven Einfluss haben können. Sie steigern die Reaktionsfähigkeit, das Abstraktionsvermögen und erhöhen die Fähigkeit, logisch zu denken. Mehrspieler-Spiele fördern zudem die Teamfähigkeit der Nutzer. Medienpädagoge Roland Rosenstock aus Greifswald prägte sogar den Ausdruck: „Computerspiele sind für Kinder so lehrreich, wie das Fußballspielen.“
Doch Computerspiele verlocken auch leicht, in eine Traumwelt abzugleiten. So raten alle Experten, den Konsum von Videospielen nicht zu übertreiben und Kontakte in der wirklichen Welt zu pflegen. Es ist ein Rat, der ebenfalls für das Fernsehen und das Internet in einem Atemzug ausgesprochen wird. Bereits heute gibt es Suchtzentren, die sich mit dem Konsum von Videospielen befassen. Es ist eine Gegenentwicklung zur Spielebranche, die Psychologen beschäftigt, um ihre Spiele fesselnd zu gestalten.
Video- und Computerspiele sind heute mehr als einige Jungs in einer kleinen Garage. Sie sind eine gewaltige Industrie. Und hier ist weniger manchmal auch mehr.