In Großbritannien ist seit Montag das Militär bei der Bewältigung der Kraftstoffkrise im Einsatz. Etwa 200 Armeeangehörige helfen dabei, Benzin und Diesel an Tankstellen zu transportieren.
Schwerpunkte der "Operation Escalin" sind London und Südostengland, wie ein Regierungssprecher sagte. Dort stabilisiere sich die Lage nicht so rasch wie in anderen Gebieten. Die Militäroperation war ursprünglich für einen sogenannten No-Deal-Brexit geplant worden - also einen Austritt aus der EU ohne Handelspakt mit Brüssel.
Hintergrund des Notstands ist ein eklatanter Mangel an Lastwagenfahrern. Deswegen konnte der vorhandene Kraftstoff zuletzt nicht zu den Tankstellen gebracht werden, zahlreiche Zapfsäulen blieben leer. Hamster- und Panikkäufe spitzten die Lage zu.
Die Soldaten wurden von einer auf Kraftstofflogistik spezialisierten Firma in der Grafschaft Essex geschult. "Wir arbeiten eng mit der Branche zusammen, um Kraftstoffvorräte zu erhöhen", sagte der Regierungssprecher. "Es gibt Anzeichen für eine Verbesserung der durchschnittlichen Tankstellenvorräte im Vereinigten Königreich, während sich die Nachfrage weiter stabilisiert."
Nach Angaben des Branchenverbands Petrol Retailers Association gibt es in weiten Teilen von Nord- und Mittelengland sowie in Schottland keine Nachschubprobleme mehr. In London und Südostengland war aber noch immer gut jede fünfte Tankstelle (22 Prozent) ohne Kraftstoff, außerdem gab es in vielen entweder nur Benzin oder nur Diesel. Premierminister Boris Johnson hatte den Militäreinsatz am Sonntag eine Vorsichtsmaßnahme genannt.
Befristete Arbeitsvisa für bis zu 5000 ausländische Fahrer
Großbritannien leidet wie viele andere Länder und auch Deutschland unter einem massiven Mangel an Lastwagenfahrern. Allerdings haben härtere Einwanderungsregeln nach dem Brexit die Lage im Vereinigten Königreich verschärft. Unter dem Eindruck leerer Zapfsäulen und langer Schlangen vor Tankstellen legte die Regierung eine Kehrtwende hin und genehmigte Arbeitsvisa für bis zu 5000 ausländische Fahrer, die bis Ende Februar gelten sollen.
In Manchester, wo Johnsons Konservative Partei derzeit ihren Parteitag abhält, protestierten am Montag Schweinebauern, denen ebenfalls die Arbeitskräfte aus Europa fehlen, weshalb Notschlachtungen unzähliger Tiere drohen. Außerdem werden Engpässe vor Weihnachten befürchtet. "Wir sagen nicht, dass an Weihnachten kein Essen auf dem Tisch sein wird, aber wir haben Probleme, das Festtagsessen bereitzustellen", sagte Nick Allen, Chef der British Meat Processors Association. Notfalls müssten Truthähne aus Frankreich oder von noch weiter weg importiert werden. An britischen Produkten werde es nur eine begrenzte Auswahl geben.
Premier Johnson machte am Montag in Manchester erneut den weltweiten wirtschaftlichen Aufschwung nach den Corona-Beschränkungen für die Probleme verantwortlich und betonte, es gebe eben in aller Welt einen Mangel an Fahrern. Die britische Logistikbranche müsse höhere Löhne zahlen und den Job attraktiver für Briten machen, forderte er.
Finanzminister Rishi Sunak sagte, die Kurzzeitvisa und eine Beschleunigung von Fahrprüfungen würden helfen, die Probleme zu lindern. "Aber wir können nicht mit einem Zauberstab wedeln und weltweite Lieferkettenprobleme über Nacht verschwinden lassen", sagte er der BBC.
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