Arm in Arm standen Kevin Krawietz und Andreas Mies auf dem Center Court. Den Mund-Nasen-Schutz hatte das deutsche Sensations-Doppel nach der Pokalübergabe wieder abgenommen.
Völlig überwältigt von der Wiederholung ihres Vorjahres-Coups bei den French Open kämpfte das fränkisch-rheinische Duo mit den Gefühlsturbulenzen.
"Wenn uns jemand gesagt hätte, ihr kommt hierher zurück und verteidigt euren Titel, hätte ich gefragt: Wie viele Biere hattest du?", sagte der 30 Jahre alte Kölner Mies in Paris, als sie das Endspiel gegen die US-Open-Sieger Mate Pavic (Kroatien) und Bruno Soares (Brasilien) mit 6:3, 7:5 gewonnen hatten.
Nach 1:29 Stunden nutzten Mies und sein zwei Jahre jüngerer Doppelpartner aus Coburg nach einem weiteren imposanten Auftritt den zweiten Matchball und plumpsten auf den roten Sand - nicht ganz so synchron wie Maikäfer auf den Rücken wie im Vorjahr, aber nicht weniger euphorisiert. "Ich bin sehr glücklich, mit dir den Court zu teilen", sagte Krawietz während der bewegenden Siegerehrung, als auch der unterlegene Routinier Soares anerkennende Worte für die neuen und alten French-Open-Champions fand. "Jungs, gut gemacht", sagte der 38-Jährige. "Genießt den Moment, ihr seid ungeschlagen hier."
Wenige Stunden nach der Titel-Premiere der 19 Jahre alten Polin Iga Swiatek gelang Krawietz und Mies tatsächlich die Titelverteidigung. Im vergangenen Jahr hatten sie als erstes deutsches Doppel seit Gottfried von Cramm und Henner Henkel 82 Jahre zuvor den Doppel-Titel in Paris gewonnen. In diesem Jahr waren sie an Position acht eingestuft, spielten aber von der ersten Runde an ein überragendes Turnier. Swiatek hatte sich zuvor im Damen-Endspiel gegen die Australian-Open-Siegerin Sofia Kenin aus den USA durchgesetzt.
Mehr als ein Doppel-Titel bei Grand-Slam-Turnieren gelang zuvor nur zwei deutschen Tennisprofis: Claudia Kohde-Kilsch (1985 US Open, 1987 Wimbledon) und Philipp Petzschner (2010 Wimbledon, 2011 US Open).
"Dieser Ort ist magisch", sagte Mies. "Es ist schwer zu glauben jetzt gerade, verrückt, was für ein Augenblick." Beide dankten auch den Freunden und Familienmitgliedern, die wegen der Coronavirus-Pandemie in diesem Jahr nicht anreisen konnten. "Wir gehen mit viel Vorfreude ins Finale. Wir erinnern uns gerne an letztes Jahr zurück und versuchen, das wieder auf den Platz zu bringen", hatte Krawietz vor dem Match gesagt. Dies gelang ihnen anfangs nahezu perfekt.
Der Franke gewann sein erstes Aufschlagspiel zu Null, zum 3:1 gelang den deutschen Davis-Cup-Spielern ein Break. Nach einer halben Stunde entschieden sie den ersten Satz für sich. Im zweiten Durchgang überstand Mies bei eigenem Aufschlag drei Breakchancen gegen sich, ehe der Punkt zum 2:2 gelang. Es entwickelte sich ein ausgeglichenes Duell ohne Aufschlagverluste - bis zum elften Spiel im zweiten Satz.
Beim Stand von 5:5 führten Pavic und Soares mit 40:0, doch die Deutschen wehrten sich, kamen heran und sicherten sich mit dem zweiten Breakball beim Service des Brasilianers den vorentscheidenden Punkt zum 6:5. Mies schlug auf - und es wurde kurzzeitig ein Nervenspiel. Beim ersten Matchball kassierte Mies einen Fußfehler, anschließend mussten sie zwei Breakbälle abwehren. Doch nach 89 Minuten schlug Soares die letzte Rückhand der Partie ins Netz.
© dpa-infocom, dpa:201010-99-898943/6 (dpa)