Während die Opposition den Großteil der Ankündigungen scharf kritisiert, kommt vor allem von Arbeitgebervertretern Beifall. Französische Unternehmen sollen nach deutschem Vorbild mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten bekommen und weniger Sozialabgaben zahlen müssen. Zur Finanzierung der Entlastung wird der Mehrwertsteuersatz um 1,6 Punkte auf 21,2 Prozent erhöht.
Die Vorsitzende der Sozialistischen Partei (PS), Martine Aubry, bezeichnete die geplante Steuererhöhung am Montag als "wirtschaftspolitischen Fehler und tiefgreifende soziale Ungerechtigkeit". Sie werde nicht zu mehr Wettbewerbsfähigkeit führen, sondern nur die Kaufkraft der Unter- und Mittelschicht dämpfen. "Diese Politik gab es schon einmal und sie ist gescheitert", sagte Aubry am Montag. "Es sind gute Ideen dabei, (...) aber das kommt alles zu spät", kommentierte der unabhängige Präsidentschaftskandidat Dominique de Villepin.
Er hat kurz zuvor bereits Sarkozys Deutschland- und Europa-Politik scharf kritisiert. "Wenn man in einer Situation der Schwäche ist, geht man nicht nach Berlin zur Partnersuche und lässt sich an die Hand nehmen. Das ist ein diplomatischer Fehler". Es störe ihn, dass Frankreich Ja zu mehr Disziplin in Europa sage, ohne im Gegenzug von deutscher Seite mehr Solidarität zugesichert zu bekommen. "Ich mag die Idee eines an Deutschland ausgerichteten Frankreichs nicht", sagte Villepin in Bezug auf die von Merkel in Aussicht gestellte Wahlkampfunterstützung für Sarkozy.
Dieser nannte auch in seiner Rede am Sonntag wieder mehrere Male die deutsche Wirtschafts- und Reformpolitik als Vorbild und dabei auch die des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Man habe den Eindruck gehabt, als sei Sarkozy Kanzlerkandidat der SPD in Deutschland, kritisierte der Chef der französischen Linkspartei Front de gauche. Sarkozy eröffne Unternehmen neue Spielräume, lobte hingegen der Arbeitgeberverband Medef. Die Margen deutscher Unternehmen seien mit durchschnittlich 41,3 Prozent derzeit deutlich höher als die französischer mit 30,2 Prozent.
Vergleichsweise wenig Kritik gab es zunächst an der Einführung einer Finanztransaktionssteuer zum 1. August. Sie wird grundsätzlich auch vom sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande befürwortet, der in Wahlumfragen derzeit klar vorne liegt. Die Steuer in Höhe von 0,1 Prozent soll vorerst nur beim Kauf von Finanzprodukten fällig werden, die von Unternehmen mit Sitz in Frankreich ausgegeben werden. Miteingeschlossen sind allerdings sogenannte Derivate und der Hochfrequenz-Handel, bei dem Wertpapiere mit Computerhilfe innerhalb von Millisekunden veräußert werden. Die Steuer soll pro Jahr etwa eine Milliarde Euro zur Defizitreduzierung in die Staatskasse spülen. Von der Abgabe ausgenommen sind zunächst Unternehmens- und Staatsanleihen.
Die Finanzbranche befürchtet, dass die Steuer Unternehmen dazu verleiten könnte, ihren Sitz in andere Länder zu verlegen. Der Hochfrequenz-Handel werde sich einfach in andere Finanzmetropolen wie London verlagern, wo er schon jetzt wesentlich ausgeprägter ist, heißt es. Sarkozy und Merkel hatten das Projekt einer europäischen Finanztransaktionssteuer im vergangenen Jahr mit Nachdruck auf der EU-Agenda platziert und vorangetrieben. Wichtige europäische Partner wie Großbritannien und Schweden spielen bislang aber nicht mit.
Mit dem von sechs Fernsehsendern ausgestrahlten Auftritt am Sonntagabend antwortete Sarkozy auf die jüngste Wahlkampfoffensive Hollandes. Dieser hatte in der vergangenen Woche die heiße Phase seiner Kampagne eingeläutet und sein Programm vorgelegt. Sarkozy hat bislang seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl am 22. April noch nicht angekündigt. Auch in dem Interview am Sonntagabend äußerte er sich nur indirekt dazu. "Ich habe ein Rendezvous mit den Franzosen und das werde ich mir nicht nehmen lassen", sagte er. Knapp 16,6 Millionen Franzosen sahen laut Einschaltquote zu. (dpa)