Vom idyllischen Zusamtal hinaus in die große weite Welt: Für Prof. Dr. Johann Deisenhofer hat es sich in der beruflichen Karriere so ergeben. Der 72-jährige Wissenschaftler erhielt 1988 den Nobelpreis für Chemie. Im gleichen Jahr wechselte er in die USA an die University of Texas in Dallas, um dort zu forschen und zu lehren. Inzwischen ist es ruhiger um Deisenhofer geworden, der in den USA auch seine dänische Ehefrau Kirsten kennenlernte. Doch die Spuren in die nordschwäbische Heimat sind immer noch vorhanden.
Die Journalistin Margot Sylvia Ruf kannte Johann Deisenhofer früher auch privat und hatte regelmäßigen Kontakt zu ihm. Doch seit er in die USA übersiedelte, verlief sich die Bekanntschaft langsam. Zuletzt hat sie vor gut 20 Jahren mit ihm gesprochen, erinnert sich Ruf. „Er scheint inzwischen eher zurückgezogen zu leben“, hat Ruf mitbekommen. Schon früher war der hoch geehrte Wissenschaftler keiner „von der lauten Sorte“, sondern ein im stillen Kämmerlein hart arbeitender Wissenschaftler, der das Licht der Öffentlichkeit nicht bewusst suchte.
Nach der Preisverleihung war er übel gelaunt
Als er vor gut zehn Jahren wegen eines Klassentreffens in seiner Heimat weilte, gab er der Wertinger Zeitung ein längeres Interview. Dabei betonte er, dass die Region um Zusamaltheim für ihn immer etwas Besonderes bleiben würde: „Kindheitserinnerungen, Schulzeit und so weiter. Diese 45 Jahre kann man nicht vergessen machen.“ Die Einschätzung Rufs, dass es Deisenhofer lieber ruhig mag, bestätigte er in diesem Gespräch: „Nach der Nobelpreisverleihung war es schlimm. Ein halbes Jahr kam ich nicht mehr dazu, wissenschaftlich zu arbeiten. In dieser Zeit war ich auch übel gelaunt.“ Ansonsten, so berichtete er, beantworte er aber gerne „Fan-Post“ wie Autogrammwünsche oder werbe als eine Art Aushängeschild um Spenden für seine Universität.
Mit seiner Mutter pflegte er engen Kontakt
Seinen letzten – der Öffentlichkeit bekannten – Besuch in der Heimat unternahm der Professor aus einem traurigen Anlass. Im März 2011 reiste er zur Beerdigung seiner im Alter von 94 Jahren gestorbenen Mutter Thekla an. Gerade mit ihr hielt Deisenhofer regelmäßigen Kontakt. „Er besuchte sie und seine Verwandten eigentlich jedes Jahr“, erinnert sich Zusamaltheims Bürgermeister Wolfgang Grob. Eine feste wöchentliche Tradition war zudem ein ausführliches Telefonat, das Mutter und Sohn immer sonntags führten.
Er hat als Grundschullehrer angefangen
Nach Stationen an der Grundschule Zusamaltheim sowie in Realschulen in Donauwörth und Wertingen wechselte der junge Johann Deisenhofer ans Holbein-Gymnasium Augsburg, im Anschluss studierte er Physik an der Technischen Universität (TU) München. Den Nobelpreis für Chemie erhielt er 1988 gemeinsam mit Robert Huber und Hartmut Michel „für die Aufklärung der dreidimensionalen Struktur des fotosynthetischen Reaktionszentrums von Purpurbakterien“.
Neben dem Nobelpreis wurde Deisenhofer auch anderweitig ausgezeichnet: Er erhielt das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und ist Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Außerdem ernannten ihn Zusamaltheim und Dallas zum Ehrenbürger.