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Kremlkritiker: Fall Nawalny: USA und EU verhängen Sanktionen gegen Russland

Kremlkritiker

Fall Nawalny: USA und EU verhängen Sanktionen gegen Russland

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    Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny während einer Anhörung vor dem Bezirksgericht Babuskinsky in Moskau.
    Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny während einer Anhörung vor dem Bezirksgericht Babuskinsky in Moskau. Foto: -/Babuskinsky District Court/AP/dpa

    Die EU und die USA verhängen wegen der Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny koordiniert Sanktionen gegen ranghohe russische Staatsfunktionäre.

    Die von der EU beschlossenen Strafmaßnahmen treffen den russischen Generalstaatsanwalt Igor Krasnow und den Chef des zentralen Ermittlungskomitees Alexander Bastrykin. Zudem richten sie sich gegen den Leiter des Strafvollzugsdienstes, Alexander Kalaschnikow, sowie den Befehlshaber der Nationalgarde, Viktor Solotow.

    Allen wird vorgeworfen, für schwere Menschenrechtsverletzungen in Russland verantwortlich zu sein, einschließlich willkürlicher Festnahmen und Inhaftierungen. Solotow wird zudem für die brutale Unterdrückung von Protesten und Demonstrationen verantwortlich gemacht. Der Sanktionsbeschluss der EU sieht vor, dass die Betroffenen nicht mehr in die EU einreisen dürfen und in der EU vorhandene Vermögenswerte von ihnen eingefroren werden müssen.

    Die USA belegten Krasnow und Kalaschnikow ebenfalls mit Sanktionen - außerdem fünf weitere hochrangige russische Staatsfunktionäre, gegen die die Europäer bereits zuvor Strafmaßnahmen erlassen hatten: den Inlandsgeheimdienst-Chef Alexander Bortnikow, den Vizechef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, die beiden Vizeverteidigungsminister Pawel Popow und Alexej Kriworutschko sowie den im Kreml für die Innenpolitik zuständigen Beamten, Andrej Jarin.

    Die Amerikaner äußerten sich überzeugt, dass der Giftanschlag auf Nawalny im vergangenen Jahr auf das Konto des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB ging. Sie warfen dem FSB zudem vor, selbst im Besitz des verbotenen Kampfstoffs Nowitschok zu sein. Kirijenko, der einst für die Vernichtung der Chemiewaffen zuständig war, aber auch andere Mitglieder der russischen Führung hatten zuletzt immer wieder beteuert, es seien alle Bestände zerstört worden.

    Die USA verhängten ebenfalls Strafmaßnahmen gegen mehrere russische Forschungseinrichtungen, um den Chemiewaffensektor des Landes ins Visier zu nehmen. Insgesamt 14 Einrichtungen für chemische Produktion wurden gelistet. Politiker in Moskau wiesen die US-Vorwürfe als "verlogen" zurück. Von Sanktionen betroffen sind auch der russische Inlandsgeheimdienst FSB und der Militärgeheimdienst GRU.

    Vertreter der US-Regierung betonten, die Strafmaßnahmen spiegelten im Wesentlichen jene der Europäer wider. Man ziehe nach, um auf einem Stand zu sein. Außerdem habe man zusätzliche Schritte unternommen. Es sind die ersten Sanktionen der USA gegen Russland unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden. Dessen Vorgänger Donald Trump hatte von Strafen gegen Moskau im Fall Nawalny abgesehen.

    Biden will dagegen generell einen anderen Kurs gegenüber Russland einschlagen. In der Tonlage und der Substanz werde sich der Ansatz deutlich von Trumps Regierung unterscheiden, betonten Regierungsvertreter. Man werde sich überall dort, wo dies im Interesse der USA liege, um Kooperation mit Moskau bemühen, wie zuletzt bei der Verlängerung des atomaren Abrüstungsvertrages New Start. Wo immer Russland aber Grenzen überschreite, müsse dies Konsequenzen haben. Hierbei werde sich die US-Regierung eng mit Partnern, insbesondere in Europa, abstimmen. Auch dies ist ein Unterschied zur Vorgängerregierung. Man werde ebenso auf andere "destabilisierende" Aktionen der Russen antworten, hieß es von amerikanischer Seite. "Weiteres wird folgen."

    Bei den Sanktionen im Fall Nawalny sorgt für Kritik, dass die Vermögenssperren und Einreiseverbote lediglich Russen treffen, für die diese Maßnahmen kaum eine Bedeutung haben. Nawalnys leitender Mitarbeiter Leonid Wolkow, der im Ausland lebt, hatte zuletzt immer wieder gefordert, dass die kremltreuen Milliardäre, die Putins System finanzierten, mit Einreise- und Kontosperren belegt werden müssten.

    Diese Oligarchen würden dann angesichts der Nachteile Druck auf Putin ausüben, seine Politik zu ändern, meinte Wolkow. Selbst wenn es keinen grundsätzlichen Kurswechsel geben werde, so doch wenigstens die Chance, die Freilassung Nawalnys zu erreichen. Das Team des russischen Oppositionsführers hatte eine ganze Liste einflussreicher Geschäftsleute erstellt, die bestraft werden sollten.

    In der EU gab es dafür aber bislang nicht die nötige Unterstützung aller Mitgliedstaaten. Als ein Grund gilt, dass Sanktionen gegen Personen ohne direkte Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof nicht standhalten könnten. Bundesaußenminister Heiko Maas hatte bereits in der vergangenen Woche deutlich gemacht, die Strafmaßnahmen sollten vor allem ein klares Zeichen sein, dass die EU gewisse Dinge nicht tatenlos akzeptiere.

    Die russische Regierung bezeichnete die Sanktionen der EU und der USA am Dienstag als wirkungslos. Es sei an der Zeit, darüber nachzudenken, ob diese Politik effektiv sei, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. "Die Antwort ist offensichtlich: Diese Politik erreicht ihre Ziele nicht." Russland betont immer wieder, sich von Strafmaßnahmen der EU und USA im Zuge zahlreicher Konflikte nicht beeindrucken zu lassen.

    Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte Gegensanktionen an. Das Außenministerium kritisierte die abgestimmte Aktion der USA und der EU als "feindlichen antirussischen Ausbruch". Die Strafmaßnahmen seien die Fortsetzung einer offenen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands.

    Nawalny war Anfang Februar in Moskau zur Verbüßung einer früher verhängten Lagerhaft verurteilt worden. Er soll mehrfach gegen Bewährungsauflagen in einem Strafverfahren von 2014 wegen Betrugs und Veruntreuung von Geldern verstoßen haben. Die EU hält das Urteil für unzulässig, weil Nawalny sich nach einem Nervengift-Anschlag auf ihn mehrere Monate in Deutschland behandeln ließ. Sie äußert die Vermutung, dass der Oppositionspolitiker politisch kaltgestellt werden soll.

    Wegen des Anschlags auf Nawalny am 20. August 2020 hatte die EU bereits im vergangenen Jahr Einreise- und Vermögenssperren gegen mutmaßliche Verantwortliche aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin verhängt. In Brüssel wird davon ausgegangen, dass staatliche Stellen in Russland hinter dem Attentat stehen. Nawalny soll inzwischen in die Strafkolonie von Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau im Gebiet Wladimir verlegt worden sein. Eine offizielle Bestätigung dazu gab es allerdings nicht.

    © dpa-infocom, dpa:210302-99-655645/10 (dpa)

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