Der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI) hat eine Impfpflicht gegen das Coronavirus abgelehnt. "Wir haben keinen Anlass, an eine Impfpflicht zu denken", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Samstag in Schwerin.
Die Bürgerinnen und Bürger seien definitiv klug genug zu wissen, wenn es einen sicheren Impfstoff gebe, dass dieser ihre Gesundheit fördern würde.
Nach Aussagen von Kanzleramtschef Helge Braun wird es eine solche Impfpflicht in Deutschland auch nicht geben. Wenn ein Impfstoff vorliege, sei es gut, wenn sich viele impfen lassen. Aber das entscheide jeder selbst, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wer das nicht will, muss das Risiko einer Infektion selbst tragen", betonte Braun. Er hoffe auf einen Impfstoff für die breite Bevölkerung zwischen Anfang und Mitte nächsten Jahres. Dann könne man auch zum normalen Leben zurückkehren.
Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) zeigte sich indes angesichts der Impfstoffentwicklungen zuversichtlich. "Deutschland unterstützt die Impfstoffentwicklung breit – international wie national – insgesamt mit fast einer Milliarde Euro. Das ist gut angelegtes Geld", sagte Karliczek der "Passauer Neue Presse" (Samstag). "Mit der Zulassung und Massenproduktion eines Impfstoffs sollte man auch im günstigsten Fall jedoch nicht vor dem nächsten Sommer rechnen."
Zum Thema Impfstoff sei vor einigen Wochen eine Arbeitsgruppe beim RKI gegründet worden, sagte Wieler. Diese würde sich damit befassen, sofern es einen Impfstoff gebe, welche Bevölkerungsgruppen wie geimpft werden könnten.
Das Infektionsschutzgesetz setzt einer verpflichtenden Impfung enge rechtliche Grenzen: Eine solche Pflicht kann von der Bundesregierung demzufolge nicht ohne weiteres angeordnet, sondern nur "mit Zustimmung des Bundesrates", also von Bund und Ländern gemeinsam beschlossen werden - "für bedrohte Teile der Bevölkerung", wie es in Paragraf 20, Absatz 6 heißt. Verpflichtende Impfungen sind aber nur in besonderen Fällen zu rechtfertigen, denn sie könnten gegen Artikel 2 des Grundgesetzes verstoßen: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit", heißt es dort. (dpa)