Ja, nein, lieber später: US-Präsident Donald Trump hat mit einer Absage des für kommende Woche geplanten TV-Duells mit seinem Herausforderer Joe Biden für Verwirrung gesorgt.
Trump sagte die seit langem geplante Debatte zunächst ab, weil diese aus Gründen des Gesundheitsschutzes virtuell stattfinden sollte. Wenige Stunden später regte sein Wahlkampfteam dann aber eine Verschiebung an. Die ursprünglich für den 15. Oktober geplante Debatte solle um eine Woche nach hinten verlegt werden, um eine direkte Gegenüberstellung der Kandidaten in einem Raum zu ermöglichen, erklärte Trumps Team. Auch die dritte und letzte Debatte vom 22. Oktober solle demnach um eine Woche verschoben werden.
Rund dreieinhalb Wochen vor der Präsidentenwahl hatte die zuständige unabhängige Kommission CPD am Donnerstagmorgen angekündigt, das nächste Duell werde nicht als persönliches Gegenüber stattfinden. Die beiden Kandidaten sollten demnach an unterschiedlichen Orten auftreten und zusammengeschaltet werden. Moderator und Gäste hingegen sollten wie geplant am Donnerstagabend kommende Woche (Freitag MESZ) in der Stadt Miami im Bundesstaat Florida zusammenkommen.
Trump hatte dies als "inakzeptabel" bezeichnet und seine Teilnahme daraufhin abgesagt. "Ich werde meine Zeit nicht mit einer virtuellen Debatte verschwenden", sagte er in einem TV-Interview. Statt des Duells plane er nun eine Wahlkampfveranstaltung, hieß es. Biden erklärte daraufhin, er wäre mit einem virtuellen Format einverstanden gewesen, werde sich nun aber alleine mit Wählern treffen.
In einer Reaktion auf Trumps erneute Volte lehnte Bidens Kampagne eine Verschiebung ab. "Trumps erratisches Verhalten erlaubt es ihm nicht, den Kalender neu zu schreiben und sich einfach neue Termine auszusuchen", erklärte Sprecherin Kate Bedingfield. Biden freue sich auf das dritte, für den 22. Oktober angesetzte, TV-Duell. "Donald Trump kann dazu erscheinen, oder er kann es wieder ablehnen. Das ist seine Wahl", erklärte sie weiter.
Die Entscheidung über die Zukunft der TV-Duelle liegt letztlich bei der unabhängigen Kommission CPD. Diese bemüht sich jedoch in der Regel, einen Konsens der beiden Wahlkampfteams zu erzielen.
Trump war infolge einer Coronavirus-Infektion an Covid-19 erkrankt und wurde drei Tage in einem Militärkrankenhaus behandelt. Er kehrte am Montag ins Weiße Haus zurück. Trump sagte am Donnerstag, er fühle sich wieder "perfekt". Er könne es kaum erwarten, wieder in den Wahlkampf einzusteigen.
Das TV-Duell war zuletzt zunehmend umstritten, weil Trump noch ansteckend sein könnte. Der Republikaner hatte diese Befürchtung zurückgewiesen: Er gehe davon aus, nicht mehr ansteckend und nun immun gegen das Coronavirus zu sein. Der Demokrat Biden hingegen hatte erklärt, dass Duell solle nicht stattfinden, falls Trump noch krank beziehungsweise ansteckend sei.
Bei der Debatte der Vize-Kandidaten am Mittwochabend (Ortszeit) machte die Demokratin Harris die Pandemie zum zentralen Thema. "Das amerikanische Volk ist Zeuge des größten Versagens einer Regierung in der Geschichte unseres Landes geworden", sagte Harris in Salt Lake City auf einer Bühne mit Vizepräsident Pence. "Das amerikanische Volk hat Opfer bringen müssen wegen der Inkompetenz dieser Regierung."
Pence konterte mit dem oft auch von Trump vorgebrachten Argument, dass Corona-Maßnahmen seiner Regierung Hunderttausende Menschenleben gerettet hätten. Zu Appellen von Biden und Harris, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen und beispielsweise einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, sagte Pence: "Der Unterschied ist hier: Präsident Trump und ich vertrauen darauf, dass die amerikanischen Menschen ihre Wahl treffen, was am besten für ihre Gesundheit ist."
Die Debatte der Vize-Kandidaten verlief viel geordneter als das Duell zwischen Trump und Biden, das eine Woche zuvor im Chaos versunken war. Auslöser dafür war vor allem, dass Trump immer wieder Biden ins Wort fiel. Die Vize-Kandidaten unterbrachen einander dagegen kaum - auch, weil Harris zwei Anläufe von Pence mit einem resoluten "Mr. Vizepräsident, jetzt rede ich" stoppte. Dafür überzog Pence immer wieder die ihm zugeteilte Zeit. Er ließ sich auch von der Moderatorin, der Journalistin Susan Page von der Zeitung "USA Today", nicht stoppen.
In einer Schnellumfrage des Nachrichtensenders CNN hielten 59 Prozent Harris für die Gewinnerin der Debatte - und 38 Prozent Pence. Unter Frauen war das Ergebnis mit 69 zu 30 Prozent noch eindeutiger. Trump verkündete hingegen bei Twitter: "Mike Pence hat KLAR GEWONNEN!" Biden schrieb an die Adresse von Harris: "Du hast uns alle heute Nacht sehr stolz gemacht." Am Donnerstag legte Trump nach und verunglimpfte Harris als "Monster" und "Kommunistin". "Alles, was sie gesagt hat, war eine Lüge", behauptete Trump.
Pence fiel damit auf, dass er Fragen mehrfach ignorierte und stattdessen die Botschaften platzierte, die er unterbringen wollte. So redete er bei einer Frage nach der Position zu Abtreibungen zunächst einmal darüber, wie die Trump-Regierung Irans Top-General Ghassem Soleimani mit einem Raketenangriff getötet hatte.
Beide Kandidaten wichen der Frage aus, wie ihre Absprachen mit den jeweiligen Präsidentschaftsanwärtern für eine Machtübergabe sind. Es ist ein wichtiger Punkt: Trump ist 74 Jahre alt und an Covid-19 erkrankt, Biden ist 77. Jeder der beiden wäre bei Amtsantritt im Januar 2021 der älteste Präsident in der US-Geschichte. Pence griff stattdessen die Bilanz von Präsident Barack Obama und dessen Vize Biden im Kampf gegen die Schweinegrippe an. Harris sprach von ihrer Erfahrung im US-Senat. Die Moderatorin hakte nicht nach.
Pence ging auch nicht auf die Frage ein, ob Trump und er eine Wahlniederlage akzeptieren würden. "Ich denke, wir werden diese Wahl gewinnen", sagte er. Harris antwortete: "Wir werden gewinnen. Und wir werden niemandem erlauben, unsere Demokratie zu untergraben." Trump liegt in landesweiten Umfragen deutlich hinter Biden - auch wenn diese wegen des Wahlsystems nur begrenzt aussagekräftig sind.
Harris (55) und Pence (61) bestritten ihr rund 90-minütiges Duell auf etwa 3,7 Metern Distanz zueinander. Zusätzlich trennten sie Plexiglasscheiben. Die Zuschauer trugen Masken.
Pence griff mehrfach Biden wegen seiner Vergangenheit als Vizepräsident und Senator an. Unter anderem hielt er ihm vor, dass Jobs an China verloren gegangen seien und Obamas Gesundheitsreform gescheitert sei. Harris wiederum ging mit der Außenpolitik Trumps hart ins Gericht: "Er hat unsere Freunde verraten und sich mit Diktatoren auf der ganzen Welt verbündet."
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