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Euro-Gegner: Den freien Wählern laufen die Mitglieder davon

Euro-Gegner

Den freien Wählern laufen die Mitglieder davon

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    Ungewohnter Gegenwind: Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, verliert prominente Mitstreiter an die „Alternative für Deutschland“.
    Ungewohnter Gegenwind: Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, verliert prominente Mitstreiter an die „Alternative für Deutschland“. Foto: Victoria Bonn-Meuser, dpa

    Bernd Lucke, im Hauptberuf Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg und ehrenamtlicher Chef der euroskeptischen „Alternative für Deutschland“ (AfD), kann sein Glück kaum fassen. Seine Bewegung, die sich in zwei Wochen auf einem Parteitag in Berlin offiziell als Partei gründen wird und bei der Bundestagswahl im Herbst antreten will, wächst derzeit praktisch ohne eigenes Zutun von alleine – unter anderem auch deshalb, weil enttäuschte Freie Wähler aus dem gesamten Bundesgebiet ihrer Partei den Rücken kehren und zur Konkurrenz überlaufen.

    Die Neuen bringen funktionierende Netzwerke mit

    „Von Einzelfällen kann keine Rede mehr sein“, sagt Dagmar Metzger, die Sprecherin der „Alternative für Deutschland“, gegenüber unserer Zeitung, „wir stellen vielmehr fest, dass sich viele Freie Wähler unserer Partei anschließen.“ Dies sei für die „Alternative“, die innerhalb kürzester Zeit aus dem Nichts nicht nur einen Bundesverband, sondern auch Landes-, Kreis- und Ortsverbände aufbauen müsse, besonders erfreulich, da diese Überläufer funktionierende Netzwerke, Kontakte und vor allem oftmals langjährige Erfahrung in der Parteiarbeit mitbrächten.

    Der jüngste Coup: Am Dienstag kündigte Helmut Schneider, der stellvertretende Landesvorsitzende der Freien Wähler in Baden-Württemberg, nach 15-jähriger Mitgliedschaft seinen Austritt und seinen gleichzeitigen Wechsel zur AfD an, mit ihm schlossen sich weitere zehn Freie Wähler aus dem „Ländle“ der neuen Partei an. Kurz vor Ostern hatten sich bereits der Chef der

    Freie Wähler drängten auf Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland

    Nach Informationen unserer Zeitung übten alle Überläufer massive Kritik am Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, und bemängelten dessen autoritären Führungsstil. So drängten zahlreiche Landesvorsitzende der Freien Wähler intern darauf, im Bundestagswahlkampf mit der „Alternative für Deutschland“ zu kooperieren und eventuell sogar eine Listenvereinigung anzustreben, um die Kräfte zu bündeln und sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen. Es sei der „Horror“, hieß es in ihren Kreisen, wenn beide Parteien am 22. September unter fünf Prozent blieben, gemeinsam aber locker die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen hätten. So verwies auch der Baden-Württemberger Helmut Schneider aus Wolfach darauf, dass er im Bundesvorstand mit seinem Werben um eine derartige Kooperation auf Granit gebissen habe. „Die strategische Dimension einer solchen Zusammenarbeit hat der Freie-Wähler-Vorstand nicht erkannt.“

    Schneider appellierte an alle Freien Wähler in Baden-Württemberg, die AfD zu unterstützen, da sie als einzige Partei bei der Euro-Rettung „dem fatalen Regierungskurs politisch etwas entgegensetze“ – und das „ohne jeden nationalistischen Hintergrund“. Und der Berliner Landeschef Christian Schmidt warf den Freien Wählern um Aiwanger vor, sowohl beim Thema Euro und auch beim Thema Demokratiereform eine „zu unverbindliche und vage Position“ zu vertreten.

    Auch Ex-Spitzenkandidat Werhahn wollte Kräfte bündeln

    Landtagswahl Bayern: Ergebnisse 1994 - 2013

    Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern 1994 - 2013:

    2013 - CSU: 47,7 Prozent, SPD: 20,6 Prozent, FDP: 3,3 Prozent, Grüne: 8,6 Prozent, Freie Wähler: 9,0 Prozent

    2008 - CSU: 42,5 Prozent, SPD: 19,1 Prozent, FDP: 8,1 Prozent, Grüne: 9,1 Prozent, Freie Wähler: 10,6 Prozent

    2003 - CSU: 60,7 Prozent, SPD: 19,6 Prozent, FDP: 2,6 Prozent, Grüne: 7,7 Prozent, Sonstige: 9,4 Prozent

    1998 - CSU: 52,9 Prozent, SPD: 28,7 Prozent, FDP: 1,7 Prozent, Grüne: 5,7 Prozent, Sonstige: 11,0 Prozent

    1994 - CSU: 52,8 Prozent, SPD: 30,0 Prozent, FDP: 2,8 Prozent, Grüne: 6,1 Prozent, Sonstige: 8,2 Prozent

    Als Konsequenz der internen Querelen hatte kurz vor Ostern auch der Spitzenkandidat der Freien Wähler, der Adenauer-Enkel Stephan Werhahn, die Brocken hingeschmissen und seinen Wiedereintritt in die CDU bekannt gegeben. Er habe als Spitzenkandidat alle Parteien und Kräfte, die den Kurs der Bundesregierung bei der Euro-Rettung ähnlich kritisch sehen, „zu einem koordinierten Vorgehen“ bringen wollen, „damit nicht Stimmen verloren gehen und am Ende SPD und Grüne davon profitieren“. Doch Aiwanger habe dies abgelehnt. „Er denkt nur noch an die bayerische Landtagswahl im Herbst. Die Bundestagswahl ist ihm dabei egal“, so Werhahn enttäuscht.

    Die Freien Wähler waren am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. In einer Pressemitteilung verwiesen sie allerdings darauf, dass sie „selbstverständlich“ an der Bundestagswahl im September teilnehmen würden und kritisierten das „parteischädigende Verhalten einiger Mitglieder“. Die Partei werde, wie geplant, am 11. Mai in Berlin ihr Wahlprogramm verabschieden.

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