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Die Politik kondoliert: Tod von Weizsäcker ist ein "großer Verlust für Deutschland"

Die Politik kondoliert

Tod von Weizsäcker ist ein "großer Verlust für Deutschland"

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    Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist im Alter von 94 Jahren gestorben.
    Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Foto: Jan Woitas (dpa)

    Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach am Samstag von einem "großen Verlust für Deutschland" durch den Tod einer der "wichtigsten und geachtetsten Persönlichkeiten unseres Landes". Bundespräsident Joachim Gauck würdigte seinen Vorgänger als "großartigen Menschen" und "herausragendes Staatsoberhaupt". Der 94-Jährige war am Morgen in Berlin gestorben.

    Weizsäcker verfolgte Aussöhnung mit dem Ostblock

    Die Bundespräsidenten der BRD

    Theodor Heuss (FDP): 1949 - 1959 Er war der erste Bundespräsident der BRD. "Papa Heuss", wie ihn der Volksmund liebevoll nannte, hat das Ansehen Deutschlands im Ausland maßgeblich verbessert. Der einstige FDP-Vorsitzende konnte viele seiner demokratischen Ideale im Grundgesetz verankern.

    Heinrich Lübke (CDU): 1959 - 1969 Seine Nominierung beruhte darauf, dass sich Konrad Adenauer, der eigentlich für das Amt vorgesehen war, zurückgezogen hatte. Die Presse hat ihn vielfach wegen seiner rhetorischen Ausrutscher verspottet. Er hat das Amt vorzeitig niedergelegt, als seine angebliche Nazi-Vergangenheit publik wurde.

    Gustav Heinemann (SPD): 1969 - 1974 Er verstand sich selbst als "Bürgerpräsident" und gab sich volksnah. Ursprünglich gehörte er der CDU an. Heinemann verließ die Christdemokraten, weil sich die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik nicht mit seinen moralischen Überzeugungen verinbaren ließ.

    Walter Scheel (FDP): 1974 - 1979 Der ehemalige Außenminister blieb nur für eine Amtszeit Bundespräsident. Im Rahmen einer Fernsehshow gab er, bevor er sein Amt antrat, eine eigene Interpretation des Volksliedes "Hoch auf dem gelben Wagen" zum Besten. Seine politischen Ambitionen vereitelte der damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

    Karl Carstens (CDU): 1979 – 1984 Charakteristisch für den Konservativen aus Norddeutschland war seine ausgeprägte Wanderleidenschaft. Seine Mitgliedschaft bei der NSDAP während der Nazi-Herrschaft hat ihm heftige Kritik eingetragen.

    Richard von Weizsäcker (CDU): 1984 - 1994 Der ehemalige Bürgermeister von Berlin hat vor allem durch seine Reden Akzente gesetzt. Er machte aus dem 8. Mai, dem "Tag der Niederlage", kurzerhand den "Tag der Befreiung". Als "Gewissen der Nation" erinnerte er an die Schuld des deutschen Volkes und kritisierte scharf den Parteienstaat.

    Roman Herzog (CDU): 1994 - 1999 Herzog war vor seiner Amtzeit Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Mit seiner berühmten Berliner "Ruck-Rede" versuchte er 1997, das Volk aus seiner Passivität zu befreien. Herzog hat sich sehr für den interkulturellen Dialog eingesetzt.

    Johannes Rau (SPD): 1999 - 2004 Er bemühte sich um die Integration ausländischer Mitbürger und setzte auf das Motto "Versöhnen statt spalten". Seine Bibelfestigkeit trug ihm den Spitznamen "Bruder Johannes" ein. Vor dem israelischen Parlament bat er um Verzeihung für den Holocaust.

    Horst Köhler (CDU): 2004 - 2010 Er war der erste Bundespräsident, der nicht zum politischen Establishment zählte. Köhler kritisierte die internationalen Finanzmärkte und äußerte sich vielfach zu gesellschaftspolitischen Themen. Als er öffentlich eine Notwendigkeit militärischer Einsätze in besonderen Fällen betonte, wurde er heftig kritisiert und trat anschließend von seinem Amt zurück.

    Christian Wulff (CDU): 2010 - 2012 Als er sein Amt als Nachfolger von Horts Köhler antrat, war er mit 51 Jahren der jüngste Bundespräsident in der Geschichte der BRD. Doch dann begann das Schlamassel. Von der Inanspruchnahme eines günstigen Privatkredits über kostenlose Urlaube bei Unternehmern bis zur staatlichen Mitfinanzierung einer umstrittenen Lobby-Veranstaltung: Christian Wulff sah sich über Monate hinweg mit vielen Vorwürfen konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft Hannover beantragte am 16. Februar 2012 beim Bundestag die Aufhebung der Immunität Wulffs, um strafrechtliche Ermittlungen einleiten zu können. Einen Tag später erklärte Wulff seinen Rücktritt.

    Joachim Gauck (Parteilos): 2012-2017 Joachim Gauck wurde 1940 in Rostock geboren. Nach dem Abitur studierte er Theologie. Von 1965 bis 1990 stand er im Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und arbeitete viele Jahre als Pastor. Am 18. März 2012 wählte die Bundesversammlung Joachim Gauck zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland.

    Richard von Weizsäcker war von 1984 bis 1994 Bundespräsident und zuvor unter anderem Bundestagsabgeordneter für die CDU sowie Regierender Bürgermeister von Berlin. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung setzte er sich als Staatsoberhaupt für eine Aussöhnung mit dem Ostblock und Gespräche mit der DDR ein. Seine letzte Rede im Amt nutzte er 1994, um Ausländerhass und Rechtsextremismus zu verurteilen.

    Für Aufsehen im In- und Ausland sorgte aber vor allem Weizsäckers Rede im Bundestag 1985 zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg. Weizsäcker sagte damals, der 8. Mai 1945 sei auch für die Deutschen ein "Tag der Befreiung" gewesen.

    Diese "notwendige, klare Aussage" sei bedeutend für das deutsche Selbstverständnis, sagte Merkel am Samstag im Berliner Kanzleramt. Sie erinnerte auch an Weizsäckers Verdienste in Zusammenhang mit der Wiedervereinigung. Ihm sei die Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas "eine Herzensangelegenheit" gewesen.

    Gauck: Weizsäcker sorgte für gutes Ansehen Deutschlands in der Welt

    Gauck erklärte, der einstige Präsident habe weltweit für ein Deutschland gestanden, "das seinen Weg in die Mitte der demokratischen Völkerfamilie gefunden hatte". Weizsäcker habe dem Ansehen des Landes in der Welt einen bleibenden Dienst erwiesen.

    Bundestagspräsident Nobert Lammert (CDU) erklärte, Weizsäcker habe "wegweisende Worte im Umgang mit der selbst erlebten Geschichte gefunden". Die Rede von 1985 sei ein "Wendepunkt in der Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels deutscher Vergangenheit" gewesen.

    Weizsäckers damalige Äußerungen stünden "für immer als Zäsur in den Geschichtsbüchern", erklärte auch SPD-Chef Sigmar Gabriel. Linksfraktionschef Gregor Gysi teilte mit, Weizsäcker sei der erste Bundespräsident gewesen, "der die bedingungslose Kapitulation des Hitlerregimes nicht nur für andere Völker, sondern auch für das deutsche Volk begriff und dies öffentlich erklärte".

    Grüne würdigen "moralische Integrität"

    Die Grünen-Vorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir erklärten, mit Weizsäcker verliere Deutschland "den Bundespräsidenten der deutschen Einheit und einen engagierten Kämpfer für demokratische und freiheitliche Rechte". "Seine moralische Integrität wird uns fehlen", ergänzten die Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter.

    Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) würdigte Weizsäcker, der sich unter anderem als Kirchentagspräsident und EKD-Ratsmitglied engagiert hatte. "In seiner Person hat die Kirche ausgestrahlt, wovon sie spricht", erklärte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nannte Weizsäcker einen "Mann des offenen Wortes", der Gesprächsmöglichkeiten eröffnet habe, "wo der Dialog nicht funktionierte".

    Öffentliche Kondolenzbücher werden ausgelegt

    Nach dem Tod des einstigen Staatsoberhaupts werden in den Amtssitzen des Bundespräsidenten in Berlin und Bonn Kondolenzbücher für die Öffentlichkeit ausgelegt. In Berlin waren bereits am Samstag Eintragungen möglich, in AFP

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