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Corona-Krise: Bundeshaushalt: 2021 rund 96 Milliarden Euro neue Schulden

Corona-Krise

Bundeshaushalt: 2021 rund 96 Milliarden Euro neue Schulden

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    Finanzminister Olaf Scholz will auch im kommenden Jahr die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse aussetzen.
    Finanzminister Olaf Scholz will auch im kommenden Jahr die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse aussetzen. Foto: Jörg Carstensen/dpa

    Im Kampf gegen die Corona-Krise will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) auch im kommenden Jahr neue Schulden in Milliardenhöhe aufnehmen. Geplant ist eine Nettokreditaufnahme von rund 96 Milliarden Euro.

    Auch im kommenden Jahr soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ausgesetzt werden, wie es am Freitag aus Kreisen des Finanzministeriums hieß. Der Krise solle nicht hinterhergespart werden.

    Im laufenden Jahr liegt die Neuverschuldung auf einem Rekordniveau von rund 218 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat milliardenschwere Pakete beschlossen, um Jobs und Firmen zu erhalten, außerdem geht es um Investitionen in Zukunftstechnologien wie Wasserstoff, Künstliche Intelligenz oder die Elektromobilität. Zudem werden die Kommunen mit Milliardenhilfen gestützt. Dazu kommen Zuschüsse zur Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge oder an die Bundesagentur für Arbeit wegen der deutlichen Verlängerung des Kurzarbeitergeldes.

    Der Haushaltsentwurf kommt mitten in schwierigen Zeiten. Die Wirtschaftsleistung ist im Frühjahr wegen des Lockdowns eingebrochen. Im Gesamtjahr rechnet die Regierung mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 5,8 Prozent. Dies wäre der bisher schwerste Einbruch in der Nachkriegsgeschichte. Nach der jüngsten Sonder-Steuerschätzung müssen Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr mit deutlich weniger Steuereinnahmen auskommen, als noch im Mai erwartet.

    In Kreisen des Finanzministeriums hieß es mit Blick auf die Neuverschuldung: "Nichtstun wäre viel teurer." Die Bundesregierung habe sich mit einer soliden Haushaltspolitik in den Jahren vor der Krise Spielräume verschafft. "Wir können das wuppen", hieß es im Ministerium. Auch international gesehen steht Deutschland finanziell vergleichsweise gut da. Außerdem ist es für den Bund sehr günstig, sich am Kapitalmarkt zu verschulden.

    Die Eckpunkte des Haushalts sollen am kommenden Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden, dann folgen die parlamentarischen Beratungen. Mit der neuen Nettokreditaufnahme ist erneut ein Tilgungsplan verbunden. Die Tilgung der Schulden ist von 2026 an bis ins Jahr 2042 geplant. Die Rekordschulden in diesem Jahr sollen ab 2023 binnen 20 Jahren zurückgezahlt werden.

    Laut Eckpunkten liegen die Ausgaben des Bundes im Jahr 2021 bei 413,4 Milliarden Euro. Das sind zwar fast 19 Prozent weniger als in diesem Jahr. Allerdings schlugen maßgebliche Ausgaben etwa für Hilfspakete in diesem Jahr zu Buche. Die Sozialausgaben steigen, mehr Geld ist etwa für Verteidigung geplant. Investitionen sollen unter anderem in Straße und Schiene fließen, in Bildung und Forschung sowie den Ausbau der digitalen Infrastruktur.

    Scholz plant, ab 2022 nicht mehr von der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse Gebrauch zu machen. Auch nach der Schuldenbremse aber sind in einem geringeren Umfang neue Schulden erlaubt. Laut Finanzplan sind 2022 Schulden in Höhe von 10,5 Milliarden Euro vorgesehen, 2023 von 6,7 Milliarden und 2024 von 5,2 Milliarden. Das bedeutet: Eine Rückkehr zur Schwarzen Null - also einem Haushalt ohne Neuverschuldung - ist auch für die kommenden Jahre nicht in Sicht. Vor der Krise wurde dies lange Jahre erreicht.

    Der Finanzminister will aber 2021 darauf verzichten, Geld aus der in den vergangenen Jahren aufgebauten Rücklage in Höhe von rund 48 Milliarden Euro zu entnehmen. Diese soll ab 2022 dazu verwendet nehmen, die Einnahmenseite zu stärken.

    Das Finanzministerium sieht ab 2022 laut Entwurf dennoch einen erheblichen finanzpolitischen "Handlungsbedarf, damit die Schuldengrenze wieder eingehalten werden kann. Diese drohenden Löcher betragen im Jahr 2022 rund 9,9 Milliarden, im Jahr 2023 rund 16,4 Milliarden und im Jahr 2024 rund 16,2 Milliarden Euro.

    Viel dürfte davon abhängen, wie schnell die Wirtschaft sich wieder erholt - und es damit auch bei den Steuereinnahmen bergauf geht. Im Entwurf heißt es, künftige konjunkturelle Mehreinnahmen und sonstige Entlastungen seien "selbstredend" vollständig für die Zwecke des "Handlungsbedarfs" zu verwenden - also um Löcher zu stopfen. Ansonsten stünde außerdem zur Wahl: die Einnahmen erhöhen etwa durch Steuererhöhungen - oder die Ausgaben kürzen durch Sparpakete.

    SPD-Kanzlerkandidat Scholz hatte für den Fall eines Wahlsiegs bei der Bundestagswahl im kommenden Herbst bereits Steuererhöhungen für Besserverdienende angekündigt. Die Union ist dagegen.

    Das Finanzministerium geht in seinen Etatplanungen nicht davon aus, dass es zu einem zweiten Lockdown kommt. Für diesen Fall fürchten Wirtschaftsverbände schwere Folgen mit einer großen Pleitewelle. Außerdem stecken wichtige Branchen wie die Auto- oder Stahlindustrie ohnehin in einem schwierigen Umbruch.

    Kritik an den Scholz-Plänen kam von der Opposition. "Wir können unsere Wirtschaft nicht dauerhaft auf Pump finanzieren", sagte FDP-Fraktionsvize Christian Dürr. Scholz sollte die hohen Rücklagen nun nutzen, statt sie für seinen Wahlkampf aufzusparen und danach noch mehr Schulden zu machen. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sagte, klare und dauerhafte Investitionszusagen in Klimaschutz und Digitalisierung seien rar. "Es braucht jetzt politisch verbindliche Garantien, nach der Krise weder in Deutschland noch in Europa auf einen Sparkurs einzuschwenken."

    © dpa-infocom, dpa:200918-99-617514/3 (dpa)

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