Ob sie einen eigenen Personalvorschlag unterbreiten wird, entscheidet eine Spitzenrunde am Donnerstag. Auch die Piratenpartei und die NPD behalten sich vor, eigene Kandidaten ins Rennen zu schicken. Die Freien Wähler in Bayern und der Südschleswigsche Wählerverband in Schleswig-Holstein unterstützen Gauck dagegen.
Union, SPD, FDP und Grüne hatten sich am Sonntag auf den 72-Jährigen als gemeinsamen Kandidaten verständigt. Damit kann er auf knapp 90 Prozent der Stimmen in der Bundesversammlung hoffen, die am 18. März im Berliner Reichstagsgebäude zusammenkommt.
Die Linke, die rund 10 Prozent der Wahlleute stellt, war als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von der Suche nach einem Konsens-Kandidaten ausgeschlossen worden. Parteichef Klaus Ernst sprach von einem "unwürdigen Geschacher". Die FDP habe mit ihrer frühzeitigen Entscheidung für Gauck regelrecht gegen die Kanzlerin geputscht.
Die Linke sieht in Gauck einen Vertreter des "Finanzmarktkapitalismus" und einen Befürworter von Hartz IV. Sie wirft ihm zudem vor, den Afghanistan-Einsatz zu befürworten, die Bürgerrechtsbewegung zu kritisieren und in der Integrationspolitik Thesen des früheren Bundesbankvorstands und Berliner Senators Thilo Sarrazin (SPD) zu teilen. Gauck sei ein "Kandidat der kalten Herzen", den ihre Partei nicht mittragen wolle, sagte Parteichefin Gesine Lötzsch.
Die Linke hatte es bereits bei der letzten Bundespräsidentenwahl abgelehnt, zusammen mit SPD und Grünen für Gauck zu stimmen. Die Spitzen der Linken-Bundes- und Landesebene kommen am Donnerstag in Berlin zusammen, um über eine eigene Kandidatur zu entscheiden. Bereits bei früheren Wahlen hatte die Partei Zählkandidaten aufgestellt, um eine Alternative aufzuzeigen. 1999 schickte die damalige PDS die Theologin und Autorin Uta Ranke-Heinemann ins Rennen, 2009 den Schauspieler Peter Sodann. 2010 kandidierte die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen für die Linke gegen Gauck und Christian Wulff.
Jedes Mitglied der Bundesversammlung hat das Recht, einen eigenen Kandidaten zu nominieren. Möglicherweise machen auch die drei Mitglieder der rechtsextremistischen NPD davon Gebrauch. Eine Entscheidung darüber werde bis Mittwoch angestrebt, sagte ein Parteisprecher.
Auch die Piratenpartei hält sich die Nominierung eines eigenen Kandidaten offen. Die Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, die zwei Vertreter in die Bundesversammlung entsenden darf, habe sich noch keine Meinung gebildet, sagte der Abgeordnete Christopher Lauer der dpa. In den nächsten Tagen sei diese Frage auf einer geschlossenen Fraktionssitzung ein Thema. (dpa)