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Bundespräsident: Analyse: Ein Schachzug der FDP für Gauck

Bundespräsident

Analyse: Ein Schachzug der FDP für Gauck

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    Der frühere Pfarrer Joachim Gauck: Die Union wird anders als ihr Koalitionspartner FDP den SPD-Favoriten nicht als Bundespräsidentenkandidaten akzeptieren. Foto: Frank Rumpenhorst/Archiv dpa
    Der frühere Pfarrer Joachim Gauck: Die Union wird anders als ihr Koalitionspartner FDP den SPD-Favoriten nicht als Bundespräsidentenkandidaten akzeptieren. Foto: Frank Rumpenhorst/Archiv dpa

    Ein Schachzug gegen die Königin, der das ganze Brett hätte umwerfen können. Zunächst sperrte sich die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen - dann gab sie zur allgemeinen Überraschung nach.

    Eine späte Genugtuung für SPD und Grüne, die den DDR-Bürgerrechtler Gauck schon 2010 als Gegenkandidaten zu dem am Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff aufgestellt hatten. Wulff brauchte damals drei Anläufe, um ins Amt gewählt zu werden.

    Mit ihrem Einlenken, das in der Union nicht erwartet worden war, sprang sie dem Vernehmen nach über einen sehr großen Schatten. Denn immerhin kann dies als Eingeständnis gelten, dass sie im Sommer vor zwei Jahren mit Wulff eine falsche Entscheidung traf. Andere sprechen von Größe, die Merkel nun bewiesen habe.

    Bei den Verhandlungen über einen parteiübergreifenden Kandidaten am Sonntag im Kanzleramt hatte die Koalition kurzzeitig auf der Kippe gestanden, berichteten Mitstreiter von Union und FDP. Die

    Kaum einer hätte geglaubt, dass Merkel am Abend dann eine 180-Grad-Drehung macht. Möglicherweise hatte die Kanzlerin mehr als Deutschland im Blick. Inmitten der schweren Euro-Krise, wo viele EU-Staats- und Regierungschefs auf die Kanzlerin schauen, hätte eine Regierungskrise auch noch im stärksten Land der Europäischen Union zusätzliche tiefe Verunsicherung auslösen können.

    Hätte sich die FDP ohne die Union mit SPD und Grünen auf Gauck geeinigt, hätte Merkel die Freien Demokraten im Grunde aus der Regierung werfen müssen. Hätte die Union sich mit SPD und Grünen auf auf einen anderen Kandidaten - ohne Zustimmung der FDP - verständigt, hätten die Liberalen wohl das Feld räumen müssen.

    Am Samstag, dem Tag eins nach dem Auszug der Wulffs aus dem Schloss Bellevue, hatte alles noch ganz rosig ausgesehen. CDU, CSU, FDP, SPD und Grüne hatten als gemeinsamen Wunschkandidaten den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, gefragt, ob er Staatsoberhaupt werden möchte. Der 48-Jährigen oberste deutsche Richter erbat Bedenkzeit - und lehnte ab.

    Nach enttäuschter Aufbruchstimmung sei die schwarz-gelbe Koalition dann in ihr inzwischen typisches Verhaltensmuster zurückgefallen, hieß es in Unionskreisen. Und zwar in ein nerviges Gezerre, das Taktik über Inhalt stelle.

    In der FDP hatte es am Sonntagabend geheißen, es gebe bei Gauck kein Zurück mehr. Die Zeit der Demütigung durch die Union müsse ein Ende haben. Parteichef Philipp Rösler, drohende Wahlpleiten im Saarland und Schleswig-Holstein vor Augen, kämpft auch um sein eigenes Überleben. In einer Präsidiumsschalte sagte er laut Teilnehmern: "Man kann ein Amt oder eine Wahl verlieren, aber nie seine Überzeugung. Huber ist Schwarz-Rot, Töpfer Schwarz-Grün und Gauck bürgerlich-liberal." Röslers offensichtliches Kalkül: Mit Gauck spricht die FDP den Bürgern aus der Seele.

    Dennoch dürfte das Hickhack vom Sonntag das Vertrauen in der Koalition weiter beschädigt haben. Im Bundestag stehen wichtigste Beschlüsse über die Milliardenhilfe für Griechenland an, die insbesondere in CSU und FDP kritisch gesehen werden. Merkels Freude über ihre einstige Wunschkoalition mit der FDP dürfte am Sonntag weiter geschwunden sein. (dpa)

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