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Augsburger Polizistenmord: Woche der Wahrheit für Rudi R.: Am Donnerstag fällt das Urteil

Augsburger Polizistenmord

Woche der Wahrheit für Rudi R.: Am Donnerstag fällt das Urteil

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    Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Augsburger Polizisten Mathias Vieth hat die Verteidigung heute einen Freispruch des Angeklagten vom Mordvorwurf verlangt.
    Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Augsburger Polizisten Mathias Vieth hat die Verteidigung heute einen Freispruch des Angeklagten vom Mordvorwurf verlangt. Foto: Peter Kneffel/Archiv, dpa

    Es ist die Woche der Wahrheit für Rudi R. Am Donnerstag will das Augsburger Schwurgericht sein Urteil über ihn verkünden. Vieles spricht dafür, dass der 58-Jährige zum zweiten Mal in seinem Leben wegen Mordes an einem Polizeibeamten verurteilt wird. Das dürfte einmalig in der deutschen Rechtsgeschichte sein. Die Ermittler haben viele belastende Indizien gegen den Angeklagten R. zusammengetragen, auch bezüglich der fünf angeklagten Raubüberfälle. Die wichtigsten im Überblick:

    DNA-Spuren Das krankheitsbedingte Ausscheiden von R.’s Bruder Raimund M. aus dem Prozess hat die Spurenlage nicht einfacher gemacht. Nun muss genau differenziert werden, welches Indiz welchen Bruder belastet. Am Tatort im Augsburger Siebentischwald wurde zum Beispiel ein rechter Handschuh gefunden, der Genspuren von Raimund M., aber auch von Rudi R. trug. Eine Pistole der Marke FEG, aus der auf den Polizisten Mathias Vieth geschossen wurde, wies ebenfalls DNA-Spuren von R. auf.

    Tasche Bei einer Razzia in verschiedenen Verstecken der Angeklagten stießen die Ermittler auf eine schwarze Tasche. Daran wurden Blutspritzer des ermordeten Polizeibeamten Mathias Vieth gefunden. Zudem entdeckten Spezialisten an der Tasche DNA-Spuren von Rudi R.

    28. Oktober 2011: Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird im Augsburger Siebentischwald erschossen.
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    Im Oktober 2011 wurde der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth im Dienst erschossen. Die beiden Täter werden später verurteilt.

    WaffenBei den mutmaßlichen Mördern wurden etliche Waffen gefunden, darunter drei Kalaschnikow-Schnellfeuergewehre und Pistolen. Gutachten ergaben, dass die eine Tatwaffe nicht darunter ist. Patronenhülsen vom Tatort kann man aber Teilen der Waffen zuordnen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Brüder die Kalaschnikows auseinandergebaut, gereinigt und neu zusammengesetzt haben. An den AK-47-Gewehren fand sich DNA von Rudi R. In einem Versteck des Brüderpaars wurde außerdem ein Revolver sichergestellt, der bei einem Raubüberfall einem Wachmann gestohlen worden war.

    Warme Motorhaube Ganz in der Nähe des Parkplatzes, auf dem die Mörder und die Polizisten aufeinandertrafen, war ein Mitsubishi Colt geparkt. Ein Streifenbeamter schaute sich das Auto im Zuge der Fahndung an. Die Motorhaube war noch warm. Die Sitze waren mit Plastikfolie bedeckt. Der Wagen war auf einen Cousin der Brüder zugelassen. Rudi R. benutzte ihn. Im

    Wiederholungstat Der Mordfall Vieth weist große Parallelen zum letzten Polizistenmord in Augsburg im Jahr 1975 auf. Damals war Rudi R. als Mörder verurteilt worden. Damals wie heute wurden gestohlene Fahrzeuge verwendet, damals wie heute waren es zwei Täter, damals wie heute wurde aus dem Hinterhalt urplötzlich das Feuer auf die Polizisten eröffnet, beide Male waren Schnellfeuergewehre im Einsatz. Und in beiden Fällen soll ein Raubüberfall geplant gewesen sein.

    Der Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth

    Der Augsburger Polizeibeamte Mathias Vieth wird am frühen Morgen des 28. Oktober 2011 im Augsburger Siebentischwald von unbekannten Tätern erschossen.

    Der Streifenbeamte und seine Kollegin wollen an diesem Freitagmorgen gegen drei Uhr auf einem Parkplatz am Augsburger Kuhsee ein Motorrad mit zwei Männern kontrollieren.

    Die beiden Verdächtigen flüchten sofort in den nahen Siebentischwald, die Beamten nehmen mit ihrem Streifenwagen die Verfolgung auf.

    Im Wald stürzen die Motorradfahrer. Dann kommt es zu einem Schusswechsel zwischen Beamten und Tätern. Der 41-jährige Polizeibeamte wird trotz Schutzweste tödlich am Hals getroffen, seine Kollegin durch einen Schuss an der Hüfte verletzt.

    Die Täter flüchten. Eine anschließende Großfahndung, an der sich mehrere hundert Polizeibeamte beteiligen, bleibt ohne Erfolg.

    Die Augsburger Polizei richtet noch am gleichen Tag eine Sonderkommission ein. Der Soko "Spickel", benannt nach dem Augsburger Stadtteil, in dem die Tat geschah, gehören zunächst 40 Beamte an.

    Zwei Tage nach dem Polizistenmord geben die Ermittler bekannt, dass das Motorrad der beiden Täter in der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 2011 im Stadtgebiet von Ingolstadt gestohlen worden war. Dabei wurde die rund 15 Jahre alte Honda kurzgeschlossen.

    Drei Tage nach dem tödlichen Schusswechsel rückt die Polizei erneut mit einem Großaufgebot im Augsburger Spickel an. Taucher von Polizei und Feuerwehr suchen in den Kanustrecken des Eiskanals nach Gegenständen.

    Am 3. November wird Mathias Vieth bestattet. Am gleichen Tag stockt die Polizei die Soko "Spickel" auf 50 Beamte auf. Zugleich wird die Belohnung, die zur Aufklärung des Polizistenmordes ausgesetzt ist, auf 10.000 Euro erhöht.

    Ein Abgleich von DNA-Spuren, die am Tatort gesichert werden konnten, mit der bundesweiten DNA-Datenbank ergibt laut Polizei keinen Treffer.

    Am 7. November findet im Augsburger Dom die offizielle Trauerfeier für Mathias Vieth statt. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nimmt an ihr teilt.

    Zehn Tage nach dem Augsburger Polizistenmord greift die Sendung "Aktenzeichen XY" den Fall auf. Zwar gehen daraufhin mehrere Hinweise ein, eine heiße Spur ist aber nicht darunter.

    Dezember 2011: Die Belohnung für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, wird auf insgesamt 100.000 Euro erhöht.

    Am 29. Dezember 2011 nimmt die Polizei in Augsburg und Friedberg zwei Verdächtige fest. Es handelt sich um die Brüder Rudi R. (56) und Raimund M. (58). Schnell wird bekannt: Der Jüngere hat bereits 1975 einen Augsburger Polizisten erschossen.

    Nach der Festnahme entdecken die Fahnder etliche Waffen und auch Sprengstoff. Belastet wird einer der Verdächtigen durch DNA-Spuren, die am Tatort gefunden wurden.

    Auf die Spur der beiden Männer kamen die Ermittler über ein Fahrzeug. Der Wagen war in Tatortnähe beobachtet worden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die beiden Brüder des Öfteren mit diesem Wagen unterwegs waren.

    Mitte Januar ergeht auch Haftbefehl gegen die Tochter von Raimund M.. Bei ihr wurden Anfang Januar drei Schnellfeuergewehre und acht Handgranaten gefunden, die ihr Vater und dessen Bruder Rudi R. versteckt haben sollen.

    Im Juli 2012 wird die Tochter von Raimund M. verurteilt. Das Gericht spricht sie wegen Verstößen gegen das Waffen- und Kriegswaffengesetz, wegen Geldwäsche, Hehlerei und Diebstahl schuldig.

    August 2012 Die Augsburger Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen die Brüder Raimund M., 60, und Rudi R., 58, wegen Mordes am Polizisten Mathias Vieth. Außerdem listet die Anklage fünf Raubüberfälle auf.

    Es zeichnet sich ein Mammutprozess ab. Das Landgericht Augsburg setzt mehr als 49 Verhandlungstage an.

    21. Februar 2013: Der Mordprozess gegen die Brüder beginnt unter großen Sicherheitsvorkehrungen - und mit einem Eklat. Rudi R. beschimpft den Staatsanwalt als "Drecksack".

    August 2013: Das Gericht hat den Mordkomplex abgearbeitet und beginnt mit der Beweisaufnahme zu den Raubüberfällen. Viele Beobachter rechnen mit einem Mordurteil.

    September 2013: Ein Gutachter stellt fest, dass sich M.s Gesundheitszustand nach 15-monatiger Isolationshaft so verschlechtert hat, dass er verhandlungsunfähig ist.

    November 2013: Das Gericht setzt den Prozess gegen M. aus. Er bleibt vorerst in Haft. Gegen seinen Bruder Rudi R. wird normal weiterverhandelt.

    Februar 2014: Rudi R. wird zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht sieht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an.

    September 2014: Der neue Prozess gegen Raimund M. beginnt.

    Februar 2015: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Augsburger Urteil gegen Rudolf R.

    Ausländische Währung Den Ermittlern fiel bei einer Razzia bei den Brüdern Geld in verschiedenen, außergewöhnlichen Währungen in die Hände. Die Summen und die Währungen entsprachen denen, die bei einem der Raubüberfälle in Ingolstadt gestohlen worden waren.

    Videokassetten Auf einer Videokassette der Brüder ist längere Zeit der Hintereingang der Sparkasse in Dachau gefilmt. Ein phonetisches Gutachten ergab, dass im Hintergrund die Stimmen von Rudi R. und seiner – inzwischen dementen – Mutter zu hören sind. Tatsächlich gab es dort vor Jahren den Versuch eines Raubüberfalls.

    R.’s Verteidiger halten den Bruder für den Täter

    R.’s Verteidiger Markus Meißner und Kai Wagler wollen diese Indizienkette durchbrechen. In ihrem Plädoyer haben sie überraschend deutlich R.’s Bruder Raimund M. als wahrscheinlichen Täter präsentiert.

    Polizist Mathias Vieth wurde bei einem Einsatz erschossen. Seine mutmaßlichen Mörder stehen derzeit vor Gericht. 200 Zeugen werden im Augsburger  Polizistenmord-Prozess gehört.
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    Der Prozess um den Mord am Polizisten Mathias Vieth ist eines der größten Verfahren am Landgericht Augsburg gewesen. Die Bildergalerie zeigt seine Protagonisten.

    Nach den Spuren sei wohl eher M. mit einem unbekannten Dritten am Tatort gewesen, nicht R. Tatsächlich gibt es von M. mehr DNA-Spuren am Tatort. Von wem das Genmaterial eines anderen Mannes, zum Beispiel an einem Ölfläschchen, stammt, ist bislang nicht geklärt worden.

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