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Analyse: Streit außerhalb der Gipfel-Tagesordnung

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Analyse: Streit außerhalb der Gipfel-Tagesordnung

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    Analyse: Streit außerhalb der Gipfel-Tagesordnung
    Analyse: Streit außerhalb der Gipfel-Tagesordnung Foto: DPA

    Offiziell ging es beim Gipfel um eine große Strategiedebatte der Außenpolitik, um Handelserleichterungen für das überflutete Pakistan und um einen schärferen Stabilitätspakt für den Euro. Aber wenn inoffiziell geredet wurde, dann ging es um den Streit zwischen Frankreich und der EU-Kommission über die massenhaften Abschiebungen von Roma nach Bulgarien und Rumänien.

    Wenn Sarkozy nicht gerade seine Kollegen mit unterschiedlich dosierten Umarmungen, Schulterklopfen oder Händedruck begrüßte (drei Küsschen bekam nur Angela Merkel), dann streifte sein Blick wachsam über die Reihen der Mächtigen Europas, über Freunde und Feinde. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte keine Eile,

    Solche Verfahren sind grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Mit ihrer polternden Art und Weise und dem Vorwurf der Doppelzüngigkeit aber schlug die temperamentvolle Luxemburgerin Reding gegenüber dem EU-Gründungsmitglied Frankreich einen ganz neuen Ton an. Denn auch Reding musste klar sein, dass der Vorwurf, Frankreichs Regierung habe die Grundrechte der Roma verletzt, direkt den Präsidenten und einstigen Innenminister Sarkozy traf. Und zwar frontal. Diplomaten sagten, Sarkozy sei "nicht sauer, sondern stinksauer".

    "Wir sollten alle auf Äußerungen verzichten, mit denen die Lage noch aufgeheizt wird", formulierte EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek nach Verlassen der Gipfelrunde. Dort sei die Stimmung "ernst", er habe aber nichts von Spannungen gemerkt. "Natürlich wird darüber auf den Korridoren gesprochen", bestätigte er. Innerhalb weniger Minuten hatte die zunächst langmütige Reding die Beziehungen zwischen der Kommission und Frankreich, das sich gemeinsam mit Deutschland als Führungsmacht der EU sieht, zum Erkalten gebracht.

    Vor allem ihre Worte "Ich habe nicht geglaubt, dass Europa nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal Zeuge einer solchen Situation wird" ließen Sarkozy explodieren. Reding stellte später klar, sie habe keineswegs das französische Vorgehen mit dem der Nazis vergleichen wollen. Sarkozy ließ erklären, man habe Redings Entschuldigung zur Kenntnis genommen. Woraufhin Redings Sprecher erklärte, von einer Entschuldigung könne keine Rede sein, nur von einer Erläuterung.

    Die Kolleginnen und Kollegen Sarkozys hielten sich mit Äußerungen zunächst zurück - es gab keine offene Kritik an Paris, allerdings kam offene Unterstützung auch lediglich vom Italiener Silvio Berlusconi. Lange hatte die Kommission auch in der Roma-Frage gezögert und auf Frankreichs Wort vertraut, es gebe keine Diskriminierung. Erst als ein amtliches Rundschreiben auftauchte, in dem die Roma eindeutig als Ziel ausgemacht wurden, platzte Reding der Kragen.

    Sarkozy - Sohn eines ungarischen Einwanderers und einer aus Griechenland stammenden Mutter - wurde mit der Äußerung zitiert, Luxemburg könne ja gerne alle Roma aufnehmen. Das fand Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn überhaupt nicht lustig. Er hoffe, dass bald wieder "ein gepflegteres Umgehen" mit Paris möglich sei, sagte er.

    EU-Parlamentspräsident Buzek, dessen hohes Haus Frankreich bereits scharf verurteilte, war beim Gipfel an gepflegten Umgangsformen interessiert. Nein, er habe das Roma-Thema nicht angeschnitten, sagte er: "Das stand nicht auf der offiziellen Tagesordnung."

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