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Analyse: Merkel vor schweren EU-Kämpfen

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Analyse: Merkel vor schweren EU-Kämpfen

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    Analyse: Merkel vor schweren EU-Kämpfen
    Analyse: Merkel vor schweren EU-Kämpfen Foto: DPA

    Die Kanzlerin hat in ungewohntem "Basta"-Stil Kante gezeigt und ist - anders als in den vielen innenpolitischen und schwarz-gelben Koalitions-Querelen - beim EU-Gipfel in Brüssel einen harten Kurs gefahren.

    Die sonst kaum zu pathetischen Sprüchen neigende Kanzlerin lobte den mühsam ausgehandelten Rettungsplan für Griechenland als "wichtigen Tag für den Euro". Vorwürfe und viele Fragen wird sich die "Siegerin von Brüssel" aber dennoch gefallen lassen müssen. Bereits während des Spitzentreffens baute sich eine massive Abwehrfront großer EU-Staaten gegen eine Kernforderung der Kanzlerin auf, die EU-Verträge zu ändern. Sie will schärfere Sanktionen gegen notorische Schuldensünder - bis hin zum Ausschluss aus der Eurozone.

    Martin Schulz, streitbarer Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, brachte die Kritik an der Taktik der Kanzlerin im wochenlangen Poker um ein Griechenland-Paket auf den Punkt. "Angela Merkel hat vier Wochen "Nein" dazu gesagt, dann sagt sie gestern "Ja" und feiert sich anschließend als Siegerin. Das ist wenig glaubwürdig." In der Zwischenzeit habe es "wilde Spekulationen auf den griechischen Staatsbankrott und gegen den Euro gegeben".

    In den hektischen Wochen vor dem Gipfel hatte es tatsächlich in vielen europäischen Hauptstädten Rätselraten über den Berliner Kurs gegeben. In der zentralen Frage einer Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) sprach die Bundesregierung nicht mit einer Stimme. Während Finanzminister Wolfgang Schäuble bremste, signalisierte das Kanzleramt immer deutlicher Zustimmung zum

    Merkel blieb auch der Linie treu, dass beim Gipfel kein Beschluss zu Griechenland-Finanzspritzen gefasst wird. Jetzt gibt es aber einen Rettungsmechanismus für den Fall der Fälle - wenn sich Athen nicht mehr genügend Geld an den Finanzmärkten besorgen kann. Für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ist das eine "historische Vereinbarung", für Merkel "Neuland" in der Euro-Zone.

    Ihren Kritikern hielt Merkel entgegen: Ein guter Europäer ist nicht der, der aus vordergründiger Solidarität schnell hilft, sondern der, der die Stabilität sichert und nicht den Euro ruiniert. Sie machte unmissverständlich klar: Wir werden uns nicht bewegen.

    Die deutsche Regierungschefin befürchtet einen Dominoeffekt - aus Helfern könnten schnell selbst Notfall-Kandidaten werden. Hinzu kommen drohende Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht, denn in den EU-Verträgen ist geregelt, dass Euro-Staaten nicht für die Schulden der Partner einspringen dürfen.

    Ziemlich offen begründete Merkel ihr Votum für den IWF auch damit, dass Europa derzeit schlicht noch nicht gerüstet ist für solche Krisenfälle wie eine drohende Staatspleite Griechenlands. Sollte es wirklich zu einer kombinierten IWF-/EU-Notfallaktion für Athen kommen, sind aber Reibereien zwischen Washington und Brüssel programmiert. Auch deshalb ist Merkel dafür, dass die Euro-Länder künftig ihre Probleme selbst lösen sollten.

    Die eigentlichen Schlachten stehen noch bevor. Eine Arbeitsgruppe ("Task Force") - ein typisches Kompromiss-Konstrukt und nicht ganz im Sinne Berlins - soll bis Jahresende Vertragsänderungen ausloten. Merkel gab sich schon mal kämpferisch und nach ihrem Brüsseler Erfolg auch selbstbewusst: "Deutschland wird sich bei dieser Arbeit sehr engagiert einbringen." Und: "Ich mach' mir also keine Sorgen, dass irgendetwas geändert wird, was ich nicht will."

    Ob das deutsch-französische Tandem das nächste Mal wieder funktioniert, wird sich zeigen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy fand sich mit Merkels Unnachgiebigkeit dieses Mal noch ab. Er gab sich in Brüssel weit weniger euphorisch als "chère Angela". Auffällig ernüchtert gab er zu Protokoll: "Europa, das ist ein Kompromiss".

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