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Analyse: Deutschland sagt Ja zum Euro-Riesenscheck

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Analyse: Deutschland sagt Ja zum Euro-Riesenscheck

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    Analyse: Deutschland sagt Ja zum Euro-Riesenscheck
    Analyse: Deutschland sagt Ja zum Euro-Riesenscheck Foto: DPA

    Angela Merkels erster Gratulant ist ihr Außenminister. Noch bevor das Abstimmungsergebnis verkündet wird, schüttelt Guido Westerwelle der Kanzlerin kurz die Hand. Kein Schulterklopfen, keine Umarmung mit Angela Merkel.

    Es ist wieder einmal ein historischer Tag an der Spree. So ein großer Scheck für Europa ist im Bundestag noch nie ausgestellt worden: 148 Milliarden Euro. Es sind zwar nur Bürgschaften, falls es zum Flächenbrand in den Euro-Ländern kommt.

    Doch die Opposition geht auf die Barrikaden. "Nur weil sie eine Tu-Nix-Regierung haben, sind wir noch lange kein Abnick-Parlament", schleudert SPD-Fraktionsmanager Thomas Oppermann in der Debatte der abgekämpft wirkenden Kanzlerin im lindgrünen Blazer entgegen.

    Von ganz links hält Fraktionschef Gregor Gysi Merkel vor, sie werde von den Finanz-Lobbyisten getrieben: "Sie müssen doch merken, dass sie jetzt am Nasenring durch die Manege geführt werden."

    Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich viel vorgenommen. Leicht humpelnd nach einer kleinen Bein-Operation kommt er zum Rednerpult. Die Genesungswünsche, die Westerwelle & Co. ihm zurufen, stacheln ihn noch an.

    Vor der Eskalation der Euro-Schuldenkrise habe die Regierung in ganz Europa getönt, Griechenland bekomme aus Deutschland keinen einzigen Cent: "Am Ende sind es 12,3 Billionen Cent!"

    Die Zauder-Kanzlerin Merkel sei isoliert, das habe sie beim Brüsseler Krisengipfel zu spüren bekommen: "Die anderen EU-Staaten hatten die Nase voll von ihrer Taktierei. Die hatten ihre Winkelzüge satt", keilt Gabriel.

    SPD, Grüne und Linke fühlen sich von der Koalition überrumpelt: Warum diese Eile? Warum muss Deutschland im Hauruck-Verfahren die Hilfen durchpeitschen, wenn der Rest Europas erst mal Pfingstferien macht?

    Merkel, die anfangs einen Schnelldurchlauf nicht für nötig hielt, verweist seit Tagen auf die nach ihren Worten hysterischen Märkte. Plötzlich muss es doch fix gehen, weil sonst gewissenlose Spekulanten den Euro zerstören könnten.

    Hinter dem Zeitdruck steckt wohl mehr: "Aus Angst davor, dass ihnen der Laden auseinanderläuft, drücken sie das hier mit aller Gewalt und gegen die Rechte des Bundestags durch", sagt der Grüne Volker Beck.

    In der Tat rumort es in der Koalition nach Griechenland, Euro- Notruf, NRW-Debakel und Steuersenkungs-Aus. Für zusätzliche Unruhe sorgt Hessens Ministerpräsident Roland Koch, der als CDU- "Sparkommissar" tiefe Einschnitte im Haushalt fordert.

    Aus Bayern meldet sich CSU-Chef Horst Seehofer nach längerer Schlagzeilen-Abstinenz mit einer Breitseite auf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zurück - und zielt auch auf Merkel.

    Seehofer kritisiert, die in Berlin vertreten zu zögerlich die populäre Steuer auf Finanzgeschäfte. Viele Bürger wollen von der Koalition Klartext hören, wie Zocker-Banken an den gigantischen Kosten beteiligt werden. "Die Bevölkerung fühlt sich verhöhnt", bringt Seehofer es auf den Punkt.

    Das würde sein Duz-Koalitionär Westerwelle sicher nicht unterschreiben. Der Außenminister mit dem starken Drang zur Innenpolitik läuft im Parlament zu großer Form auf. Er rückt SPD und Grüne, die sich enthalten, in die Nähe von Links- und Rechtspopulisten.

    "Sie sind isoliert in ganz Europa", ruft der Ober-Liberale, der während seiner Rede immer lauter wird. Trittin hält es da nicht mehr auf dem Sitz. "Sie sind der erste Bundesaußenminister, der es fertiggebracht hat, über Wochen hinweg sprachlos gewesen zu sein."

    Nach dreistündiger Redeschlacht wird abgestimmt. Schwarz-Gelb drückt die Euro-Rettung durch. Die Krise ist damit nicht zu Ende: Weltweit rauschen die Aktienmärkte wieder einmal in die Tiefe. Die Finanzprofis trauen Europa eine Lösung der Schuldenkrise nicht zu - und fürchten härtere Gesetze und Steuern.

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