Gekauft, getragen, weggeworfen: Gebrauchte Kleidungsstücke werden heutzutage eher entsorgt als gespendet. Das schreibt das Europäische Parlament auf einer Internetseite, die über die Umweltauswirkungen der Textilproduktion informiert. Um letztere zu verringern, will die EU bis 2050 einen Wandel herbeiführen. Weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zur Kreislaufwirtschaft. Textilien haltbarer, reparierbarer, wiederverwendbar und recycelbar zu machen, ist Teil der Strategie. Dafür sind allerdings technische Verfahren notwendig, die gerade erst entwickelt werden. Zum Beispiel in Dietenheim.
Dietenheimer Spinnerei und ITA Augsburg entwickeln Garn aus Alttextilien
Pro Jahr werden weltweit zwischen 100 und 120 Millionen Ballen Rohbaumwolle geerntet. Für deren Anbau sind Ressourcen wie Wasser und Fläche notwendig, die künftig knapp werden könnten. Die Spinnerei Gebr. Otto aus Dietenheim und das Recycling Atelier des Instituts für Textiltechnik Augsburg (ITA) widmen sich deshalb einer Ressource, die bislang weitgehend ungenutzt blieb.
„Derzeit landen knapp drei Viertel der 1,6 Millionen Tonnen Alttextilien auf der Deponie oder werden verbrannt“, erläutert Georg Stegschuster, Leiter des Recycling Ateliers. Lediglich ein Prozent der Alttextilien komme in einen geschlossenen Kreislauf. Um diesen Anteil zu erhöhen, arbeiten die Projektpartner an einem Garn, das zur Hälfte aus Alttextilien besteht – ein sogenanntes PCR-Baumwollgarn. PCR steht für Post-Consumer-Recycling und bezieht sich auf ausgediente, benutzte Textilien. Dass es technisch möglich ist, ein solches Material herzustellen, hat eine Machbarkeitsstudie des Recycling Ateliers bestätigt.
Recycelte Fasern haben andere Eigenschaften als Rohbaumwolle
Konkret geht es darum, eine Kreislauflösung für ein Handtuch zu finden. Fasern aus ausgedienter Frottierware sollen zu einem neuen Baumwollgarn versponnen werden, um daraus ein neues Handtuch zu produzieren. Um diese Idee zu verwirklichen, entwickelt und verfeinert die Projektgruppe derzeit die notwendigen Prozesse, angefangen beim mechanischen Textilrecycling. Dazu gehören insbesondere das Schneiden und Reißen des ausgedienten Stoffs, damit neue Fasern entstehen können. Weil es sich bei einem weißen Handtuch um ein sortenreines Produkt handelt, lässt es sich vergleichsweise leicht in seine Einzelteile zerlegen.
Das Verfahren, mit dem die Fasern zu einem neuen Garn versponnen werden sollen, entwickelt Gebr. Otto. Die Herausforderung: Recycelte Fasern weisen andere Eigenschaften auf als neue Rohware. Sie sind deutlich kürzer und haben eine andere Oberflächenstruktur. Dadurch haben sie auch andere Haft- und Gleiteigenschaften als die neue Rohware, mit der sie beim Spinnen kombiniert werden.
Die ersten Tests seien gut verlaufen, teilt die Textilfirma mit. Geschäftsführer Andreas Merkel gibt sich daher optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass wir mit unserer Mischung in der geforderten Feinheit ein gutes Ergebnis erreichen.“ Wie die Neuentwicklung am Ende bei den Kundinnen und Kunden ankommt, hängt von ihrer Qualität ab und wie sie zu verarbeiten ist. „Da darf sich ein Garn mit hohem Recyclinganteil nicht von einem Baumwollgarn aus 100 Prozent neuen Rohstoffen unterscheiden.“
Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Projekt für ein Jahr
Die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile eines solchen Garns sind groß. Wie Georg Stegschuster erklärt, fließen in die Herstellung eines Kilogramms neuer Baumwollfasern durchschnittlich 10.000 Liter Wasser. „Arbeiten wir ausschließlich mit wiederaufbereiteten Baumwollfasern, liegt der Wasserverbrauch bei einem Bruchteil dessen: bei 600 Litern.“ Daneben wäre auch die Energie- und CO₂-Bilanz positiv. Bei einem recycelten Baumwollgarn, das ausschließlich auf Alttextilien basiert, liegen die Werte bei einem Zehntel dessen, was für ein neues Baumwollgarn nötig wäre. Mit diesen Ergebnissen konnte das ITA Augsburg auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt überzeugen, die das Projekt seit diesem Herbst für zwölf Monate fördert.
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