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Vöhringen: Walter Nothelfer hält die Vöhringer Geschichte lebendig

Vöhringen

Walter Nothelfer hält die Vöhringer Geschichte lebendig

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    In solchen Ordnern sammelte Walter Nothelfer alles, was es über Vöhringen und seine Geschichte zu wissen gibt. Für sein Engagement wird er nun von der Stadt ausgezeichnet.
    In solchen Ordnern sammelte Walter Nothelfer alles, was es über Vöhringen und seine Geschichte zu wissen gibt. Für sein Engagement wird er nun von der Stadt ausgezeichnet. Foto: Ursula Katharina Balken

    Es ist ein altes, leicht vergilbtes Foto von einem Klassentreffen, das Walter Nothelfer eines Tages in der Hand hält. Gedanken gehen ihm durch den Kopf. Was ist wohl aus den Menschen geworden, die da so schön aufgereiht vor der Michaelskirche stehen? Welche Lebensgeschichten hätten sie wohl zu erzählen? Er beschließt auf Spurensuche zu gehen.

    Aus dieser spontanen Idee entwickelte sich eine Leidenschaft, die ihn auch heute, mit 83 Jahren, nicht loslässt. Nothelfer, schon immer historienbewusst, richtet seinen Fokus auf seine engste Umgebung. Seit Anfang der 70er-Jahre widmet er sich intensiv dieser Aufgabe. Er beginnt, Bilder zusammenzutragen, lässt sich Geschichten erzählen, sammelt Urkunden, Zeitungsausschnitte. So entsteht der Verein für Stadt- und Industriegeschichte und ein kleines, aber feines Museum. Für dieses Engagement – Vöhringer Geschichte bewusst und sichtbar zu machen – erhält Walter Nothelfer heute Abend eine besondere Ehrung. Bürgermeister Michael Neher wird ihm, im Rahmen einer Stadtratssitzung, um 18 Uhr im Wolfgang-Eychmüller-Haus die Bürgermedaille in Silber der Stadt Vöhringen verleihen.

    Geschichte hat ihn schon als Kind fasziniert

    Walter Nothelfer, der sonst nie im Rampenlicht steht, freut sich über diese Anerkennung. „Geschichte hat mich schon als Kind interessiert und jeder Mensch hat bekanntlich seine eigene.“ Er ist ein echter Vöhringer, mit Illerwasser getauft. Eine Familienchronik fertigte er bereits als Bub an. Es gab viel zu berichten, sein Urgroßvater war Bürgermeister von Illerrieden. Als Nothelfer seine Frau Edda kennenlernte, die als Heimatvertriebene nach Vöhringen kam, erweiterte er seine bereits 16 Ordner umfassende Sammlung durch die Lebensumstände im Sudetenland, die Erlebnisse der Vertreibung, von denen Edda berichtete. Seine Sammlung ist mittlerweile auf 64 Ordner angewachsen, wovon ein Großteil jetzt im Besitz des Museums ist.

    Es hatte sich herum gesprochen, dass Walter Nothelfer alte Bilder sammelte. Er befragte Menschen, die er kannte, ob es nicht irgendwo noch alte Bilder gibt, er wäre dankbarer Abnehmer und hatte oft Glück. „Manchmal bekam ich ganze Stapel von Fotografien geschenkt.“ Was erzählt und berichtet wurde, schrieb er mit der Hand auf. Eine mühselige Arbeit, bei der er jedoch nie ermüdete. Aber 1980 stieg er ins digitale Zeitalter ein: „Ich bekam meinen ersten Computer.“

    Das Notieren, Archivieren nach Namen, Straßen, Hausnummern, Jahreszahlen nahm viel Zeit in Anspruch. Das alles erledigte er neben seiner beruflichen Tätigkeit als Versicherungskaufmann. Aus seinem Bilderfundus initiierte er Ausstellungen in der Sparkasse und im Caritas-Centrum. Dabei rückte er vielfältige Themen in den Mittelpunkt. Nicht nur die legendäre Sport- und Heimatwoche ließ er bildlich wieder aufleben, auch Rosinenbomber und Schießbefehl, ein für Deutschland besonders interessantes Thema oder auch die Feldkreuze in Vöhringer Flur fügte er zu Bilderschauen zusammen. Tatkräftige Hilfe bei seiner Arbeit war und ist ihm Ehefrau Edda, „ich bin mit großer Leidenschaft dabei“, sagt sie.

    Vöhringen ist kein Kaff

    Walter Nothelfer ist ein ruhiger, ausgeglichener Mensch, den so leicht nichts aus der Fassung bringt. Aber wenn jemand abfällig sagt „Vöhringen ist doch ein Kaff“, kann man aufsteigenden Unmut in seinem Gesicht erkennen. „Das sagt man nicht, weil es nicht zutrifft. Warum hätten sich wohl Mitte des 19. Jahrhunderts die Wieland-Werke aus Ulm ausgerechnet Vöhringen ausgesucht, um daraus weltweit die größte Produktionsstätte zu machen? Auch sind solche Ausdrücke herabwürdigend für die Menschen, die hier zu Hause sind.“ Vöhringen, so zieht Nothelfer heute Bilanz, hat sich enorm entwickelt. Da sei ein bisschen mehr Selbstbewusstsein angezeigt. Walter Nothelfer ist Gründungsmitglied des Vöhringer Vereins für Stadt- und Industriegeschichte. Als Geschichtsforscher von Vöhringen hat er sich einen Namen gemacht. Hat jemand eine Frage zu dem früheren Vöhringen, Walter Nothelfer kennt sich aus, kann helfen, denn er weiß Bescheid. Und dass seine Arbeit Früchte trägt, lässt sich im Museum in der Wielandstraße ablesen, denn um dessen Ausstattung hat er sich äußerst bemüht. Dort steht zum Beispiel eine filmhistorische Preziose, ein altes Filmvorführgerät aus dem ehemaligen Kino Capitol, das einst mit seinen Streifen die Vöhringer Cineasten begeisterte.

    Wenn er sich auch aus gesundheitlichen Gründen aus der Führungsspitze des Vereins zurückgezogen hat, so gilt seine Passion weiterhin seiner Heimatstadt und dem Mühen, den Bürgern mehr Selbstwertgefühl und Gefühl für Geschichte zu vermitteln. Das tut er mit Herz und Leidenschaft.

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