So viel Emotion war schon lange nicht mehr im Spiel am Vöhringer Ratstisch wie am Donnerstag in der Sitzung des Bau- und Verkehrsausschusses. Mit Ansage hat die SPD neue Bedingungen für das Projekt der Neuen Rathausmitte gestellt und den bisherigen Konsens am Ratstisch aufgekündigt. Bei den Fraktionen stieß sie mit dem Ansinnen auf Unverständnis, kurz vor der finalen Abstimmung darüber noch entscheidende Änderungen an der Planung durchsetzen zu wollen. CSU und FWG setzten sich am Ende einer mit großer Leidenschaft geführten Debatte mit ihrer Mehrheit durch – es bleibt bei den vorliegenden Plänen.
Bürgermeister Michael Neher warb in einem leidenschaftlich vorgetragenen Plädoyer noch einmal für das in einem langen Planungs- und Beteiligungsprozess vorbereitete Projekt. „Wir diskutieren darüber jetzt seit 30 Jahren, mir reicht’s“, entfuhr es ihm in der Hitze der Wortgefechte. Und er setzte noch nach: „Erwarten Sie nicht, dass ich ruhig bleibe“, worauf er noch eine launige Warnung hinzufügte: „Dann brauchen wir halt nochmals zehn Jahre, ist doch mir wurscht.“
Bebauung der Neuen Rathausmitte in Vöhringen ist für die SPD zu massiv
Bei Volker Barth, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden, erntete Neher für diese Vehemenz sogar Anerkennung. Doch in der Sache blieb die SPD-Riege hart. Sie hatte die neuerliche Diskussion mit einem Antrag ins Rollen gebracht. Ihr ist die vorgesehene Bebauung nun doch zu massiv. Referenzpunkt Barths war eine SPD-Veranstaltung im Frühjahr, bei der von Bürgerinnen und Bürgern entsprechende Kritik an den Plänen geäußert worden sei: „Bei mir stand danach das Telefon nicht mehr still“, fügte der hinzu. „Wollen wir die Planung von unter einem Prozent der Bevölkerung ins Wanken bringen lassen?“, gab CSU-Fraktionschef Markus Prestele zurück. Timo Söhmer vom Bauamt verwies in dem Zusammenhang „auf so gut wie keine Rückmeldung“ während der offiziellen Auslegung der Pläne.
„Ginge denn der Investor da überhaupt dabei mit?“, stellte Prestele als rhetorische Frage in den Raum. CSU und FWG befürchten, dass nicht, für die SPD wäre dieser Fall indes kein Beinbruch: „Dann muss eben die Stadt investieren“, schob Ludwig Daikeler (SPD) dieses Argument zur Seite. Auch was die Zielsetzung der „Neuen Rathausmitte“ betrifft, tat sich in der Sitzung eine tiefe Kluft auf. „Sie haben das doch bislang alles mitgetragen“, äußerte Neher seine tiefe Verwunderung darüber.
Streit um die Neue Rathausmitte in Vöhringen
Die SPD will nun eine Verkleinerung der Bauflächen in der „Mitte“ und mehr Freifläche, was heißen würde: weniger Wohnungen, weniger Verdichtung, ein weniger urbaner Charakter. Thomas Boxhammer (Grüne) ging sogar noch weiter und plädierte dafür, auf diesem städtischen Filetgrundstück besser einen kleinen Stadtpark anzulegen. Prestele konterte, dass „wir auch nach vorliegender Planung Platzfläche vor dem Kulturzentrum dazugewinnen“. Wie Söhmer erinnerte er an den Ausgangspunkt der Überlegungen: „Wir wollen Wohnraum schaffen für Familien und Senioren, und das mitten in der Stadt.“ Jetzt bestünde die Chance, „dass etwas Großes“ entstehe.
Würde die Bebauung reduziert, ginge das nach Ansicht der Verwaltung zulasten der Aufenthaltsqualität auf dem künftigen Platz und der Wohnqualität für den vorgesehenen Wohnhof. Daikeler indes warnte davor, „alles zuzupflastern“, denn: „Wo kann man sich denn in Vöhringen schön hinsetzen?“ Söhmer wiederum verwies darauf, dass in der Mitte sehr wohl auch Grünflächen entstünden. Würde jedoch das stadträumliche Konzept „aufgeweicht“, drohe die „Funktion als lebendiger Mittelpunkt“ verloren zu gehen. Einen Stadtpark zu schaffen, genau das sei hier nicht der Auftrag gewesen.
Auch die Verkehrsplanung ist in Vöhringen ein Diskussionspunkt
Zweiter Knackpunkt ist weiterhin die Kreisverkehrslösung. Ist ein Ausfahren vom Hettstetter Platz in Richtung Wielandstraße (Linksabbiegen) nicht möglich, würde die SPD den Kreisel anders positionieren, was aber ebenfalls einen Teil der Bebauung vereiteln würde. Hier konnte Neher einen einstimmigen Beschluss herbeiführen, der zumindest Zeitgewinn verspricht. Denn dieses Problem werde derzeit gutachterlich untersucht. Sollte darin das Linksabbiegen – das laut Beschluss alle Fraktionen befürworten – verworfen werden, dürfte jedoch auch dieses Thema wieder auf der Tagesordnung erscheinen. Damit verknüpft die SPD das Großprojekt an ein paar Dutzend Linksabbieger täglich, die einen kleinen Umweg dafür in Kauf nehmen müssten. Für Barth gerechtfertigt, „denn die Verkehrsführung hat zu noch mehr Unmut in der Bevölkerung geführt“.
Schlussendlich aber ist sein Vorstoß gescheitert, den Charakter der Mitte quasi in letzter Minute noch grundlegend zu ändern. Fünf Vertreter von SPD und Grünen stellten sich in der Abstimmung dahinter, acht Räte und der Bürgermeister lehnten die Änderung ab. Damit steht der Bebauungsplan vor der endgültigen Verabschiedung im Stadtrat per Satzungsbeschluss.