Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Vermeintliche Kurierfahrt über die A7: Mann schmuggelte unwissentlich Borsäure statt Drogen

Prozess in Neu-Ulm

Doch kein Kokain: Mann transportiert unwissentlich 15 Kilo Borsäure

    • |
    • |
    Mit vermeintlichen Kokain-Paketen wurde ein Mann auf der A7 bei Altenstadt erwischt. Später stellte sich heraus, dass es sich nicht um eine illegale Substanz gehandelt hatte.
    Mit vermeintlichen Kokain-Paketen wurde ein Mann auf der A7 bei Altenstadt erwischt. Später stellte sich heraus, dass es sich nicht um eine illegale Substanz gehandelt hatte. Foto: Christian Charisius (Archivbild)

    15 Pakete, verpackt in Folie und mit schwarzem Klebeband umwickelt: Diesen Fund machte die Polizei Pfronten im Auto eines Mannes, der auf der A7 in Richtung Füssen unterwegs war. Ein Schnelltest bestätigte zunächst den Verdacht, dass es sich um Kokain-Päckchen handelt. Der Mann selbst dachte hingegen, er transportiere Cannabis. Die Analyse des Landeskriminalamts lieferte dann ein überraschendes Ergebnis: Es war gar keine illegale Substanz. Weil aber schon der Versuch strafbar ist, unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben, musste sich der Mann nun vor dem Amtsgericht Neu-Ulm verantworten.

    Bei der Durchsuchung des Autos fand die Polizei ein Schmuggelversteck

    In Grenzgebieten führt die bayerische Polizei zunehmend verdachtsunabhängige Personenkontrollen durch. Im Zuge einer solchen Schleierfahndung zogen eine Streifenpolizistin und ihr Kollege im Dezember 2022 den 34-jährigen Mann auf der A7 bei Altenstadt aus dem Verkehr. Auf der Illertal-Raststätte bei Kellmünz kontrollierten die Beamten seine Papiere und durchsuchten ihn. Die Frage, ob er verbotene Gegenstände mit sich führe, habe der Mann verneint, berichtet die Polizistin im Zeugenstand. Dass seine Antwort der Wahrheit entsprach, wusste der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt aber selbst noch nicht.

    Kurz darauf schlossen sich zwei weitere Polizisten der Kontrolle an, die sich der Durchsuchung des Fahrzeugs widmeten. Einer der Beamten sah sich dabei auch den Unterboden des Autos an, und entdeckte eine manipulierte Stelle im Bereich der hinteren Stoßstange. Die Heckstoßstange wäre durch einen schwarzen Kasten ersetzt worden, beschrieb der als Zeuge geladene Polizist beim Prozess am Mittwoch. „Wir konnten zwar noch nicht sehen, was sich hinter der Abdeckung befand, aber wir mussten aufgrund unserer Erfahrungswerte davon ausgehen, dass es sich um Betäubungsmittel handelt.“

    Der Mann hatte 15 Kilogramm weißes Pulver dabei

    Die Manipulation des Fahrzeugs lässt durchaus auf ein professionelles Vorgehen schließen: „Es wurde eine eigene Stromleitung gelegt, das macht man nicht einfach mal so mal“, sagte eine Polizistin vom Landeskriminalamt im Zeugenstand. Sie gehe davon aus, „dass man das nicht selber macht, sondern machen lässt“. Wie auch Staatsanwalt Markus Eberhard erläuterte, sei es gängige Praxis im illegalen Wirtschaftszweig des Drogenschmuggels, dass professionelle Werkstätten entsprechende Verstecke in Fahrzeuge einbauen.

    Im Fall des Wagens, mit dem der 34-jährige Mann unterwegs war, verschaffte sich die Polizei mit einer Brechstange gewaltsam Zugang zu dem Versteck. Dabei fanden die Beamtinnen und Beamte 15 Pakete, deren Verpackungsart auf Kokain schließen ließ. Ein Schnelltest bestätigte den Verdacht zunächst. Die Analyse des Landeskriminalamts lieferte allerdings ein anderes Ergebnis.

    15,2
    So viel Kilogramm Borsäure fanden die Polizeibeamten insgesamt in den 15 Päckchen vor.

    Die Untersuchung ergab, dass es sich bei dem weißen Pulver um Borsäure handelte. „Ich habe keine Ahnung, was mit dem Stoff passieren sollte“, sagte die Beamtin des Landeskriminalamts. Verteidiger Ernst Gupta habe rausfinden können, dass Borsäure als Grundstoff für Düngemittel und zur Herstellung von Desinfektionsmittel verwendet wird – „oder zur Holzbearbeitung“, ergänzte Richterin Gabriele Buck. Unter das Betäubungsmittelgesetz fällt der Stoff nicht. Da der Angeklagte jedoch davon ausgegangen war, dass es sich um Drogen handelt, wurde ihm versuchtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Last gelegt.

    Das Motiv des Angeklagten ist unklar

    „Der Angeklagte räumt den Sachverhalt ein“, sagte Verteidiger Gupta. Ihm sei aufgetragen worden, mit dem manipulierten Auto, dessen Eigentümer nichts von der Kurierfahrt gewusst haben will, in eine bestimmte Werkstatt in Italien zu fahren. Allerdings sei dem Angeklagten auch gesagt worden, dass in dem Wagen Cannabis verbaut worden ist. Vor diesem Hintergrund änderte das Gericht während der Verhandlung die Anklage, und zwar auf den Vorwurf der „versuchten unerlaubten Ausfuhr von Cannabis“. Damit verschob sich auch der Strafrahmen – zugunsten des Angeklagten.

    „Ich gehe davon aus, dass es ein falsch verstandener Freundschaftsdienst war“, sagte der Verteidiger in seinem Plädoyer. Es handle sich um ein einmaliges Fehlverhalten, für das der Angeklagte nicht einmal ein Motiv hätte: Er habe keine Eintragungen im Strafregister, sei nicht hoch verschuldet, führe ein eigenes Unternehmen und erwarte in Kürze ein Kind. „Es ist oft nebulös, warum sich die Leute auf so etwas einlassen“, fügte Gupta hinzu.

    Weil sich der Angeklagte einsichtig zeigte, nicht durch negatives Verhalten auffiel und es sich letztlich nicht um eine Substanz handelte, die die Volksgesundheit gefährdet, verurteilte ihn das Gericht zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem muss der Angeklagte 2000 Euro in monatlichen Raten an die Lebenshilfe Ulm/Neu-Ulm zahlen. Richterin Gabriele Buck ermahnte den Mann abschließend mit Nachdruck, sich in den drei Jahren Bewährungszeit nicht mehr strafbar zu machen: „Machen Sie keinen Blödsinn mehr, verstanden?“

     

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden