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Tiefenbach: Nach dem Brand in Tiefenbach: „Mein Leben ist komplett ausgelöscht“

Tiefenbach

Nach dem Brand in Tiefenbach: „Mein Leben ist komplett ausgelöscht“

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    Der Tiefenbacher Musiker Volker Appelt steht nach dem Brand vom Wochenende vor den Trümmern seiner Existenz. In dem verkohlten Anbau standen seine Instrumente.
    Der Tiefenbacher Musiker Volker Appelt steht nach dem Brand vom Wochenende vor den Trümmern seiner Existenz. In dem verkohlten Anbau standen seine Instrumente.

    Nein, es geht Volker Appelt wirklich nicht gut, denn er steht sprichwörtlich vor den Trümmern seiner Existenz. In der Nacht zum Samstag ist ein Teil seines kleinen Anwesens im Tiefenbacher Ortsteil „Im Höhlet“ abgebrannt. Im Wohnhaus, da kann er noch leben mit seiner Lebensgefährtin und den fünf Kindern, allerdings nicht sehr gut.

    Das Drama mit dem Studio

    Das Feuer, dem ein Nebengebäude zum Opfer fiel, hat einen Teil der Fenster platzen und die Styropor-Isolierung der Hauswand schmelzen lassen. Das ausgebrannte Nebengebäude enthielt so ziemlich alles, womit Appelt seinen Lebensunterhalt verdiente, bevor die Corona-Pandemie zuschlug: sein kleines Studio, fast alle Instrumente, seine Bühnenkostüme und seine Kleidung. Vermutlich wird er nichts davon ersetzen können, denn Volker Appelt war nicht versichert – er hatte die Policen nicht mehr bezahlt. Mit Blick auf die stinkenden Trümmer auf seinem Grundstück sagt er: „Mein Leben ist komplett ausgelöscht.“

    Der Tiefenbacher Musiker Volker Appelt, hier ein Bild aus besseren Tagen, hat seine komplette Ausrüstung verloren.
    Der Tiefenbacher Musiker Volker Appelt, hier ein Bild aus besseren Tagen, hat seine komplette Ausrüstung verloren. Foto: Andreas Brücken

    Dieses Leben war schon vorher offenbar schwierig genug, wie Volker Appelt erzählt. Mehr als drei Jahrzehnte habe er bei Wieland gearbeitet, bis er sich von der Firma getrennt habe. Seine Gesundheit sei sehr angeschlagen. Da er schon lange Musik macht, versuchte Appelt, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. 24 Musikschüler habe er zeitweilig unterrichtet. Er spielte in verschiedenen Bands, etwa bei den Party-Gruppen W.O.X. Entertainment oder der Joe Williams Band aus Tussenhausen. Daneben trat er unter anderem – mit entsprechendem Kostüm – als Elvis Presley auf, als Frank Sinatra, als Joe Cocker oder Freddy Quinn, je nachdem, was die Veranstalter wünschten. Dieses Jahr wollte er so oft wie möglich auftreten. Eigentlich sei es ganz gut losgegangen, doch dann kam Covid-19 und damit der absolute Tiefschlag: „Ohne Corona hätte ich den ganzen Stress so nicht gehabt.“

    Ein Raub der Flammen

    Und dann brannte das Gebäude ab, in dem sein Wohnzimmer und sein Studio untergebracht waren. Sämtliche Gitarren und Verstärker wurden ein Raub der Flammen. Sie verkörperten einen Wert von vielen tausend Euro. Eine einzige Gitarre ist ihm geblieben, weil sie bei einem seiner Söhne steht. Nachdem der Nebenbau in Trümmern liegt, wohnen Volker Appelt, seine Lebensgefährtin Joanna Jaks und die fünf Kinder im Hauptgebäude. „Alle Zimmer sind mit Kindern belegt, wir beide schlafen unter dem Dach, Raumhöhe 1,40 Meter.“

    In dem verkohlten Anbau standen seine Instrumente.
    In dem verkohlten Anbau standen seine Instrumente.

    Lebenspartnerin Joanna Jaks hat der Brand besonders hart getroffen, sie wirkt ausgesprochen mitgenommen. Sie war nach dem Brand mit Symptomen einer Rauchvergiftung und eines Herzinfarkts nach Weißenhorn ins Krankenhaus gekommen, seit Montagabend ist sie wieder daheim. Zum Einkommen kann sie derzeit nichts beitragen, denn sie habe nach zwei Operationen ihren Job verloren.

    Jetzt hofft Volker Appelt auf seinen Rechtsanwalt im Streit mit seinen Versicherungen. Bei der Brandversicherung sei es um lediglich 72 Euro gegangen, die er nicht bezahlen konnte, weil er kein Geld mehr hatte. Aus eigener Kraft wird er sein Heim wohl nicht mehr aufbauen können, denn ihn drücken außerdem hohe Schulden. Was die ganze Situation nicht besser macht, ist ein schwelender Sorgerechtsstreit mit seiner Ex-Frau.

    Nach dem Brand ist Hilfe von außen nötig

    Volker Appelt und seine Patchwork-Familie können auf Hilfe von außen hoffen. Die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, hat sich bereits eingeschaltet und 1500 Euro an Soforthilfe gezahlt.

    Seit vielen Jahren organisiert Tina Fahleker-Appelt, die Schwester von Volker Appelt, in der Vorweihnachtszeit auf eigene Faust Spendenaktionen – mal für Tiere, mal für die Bahnhofsmission. Dieses Jahr fiel das Engagement wegen Corona aus – dafür kümmert sie sich jetzt um ihren großen Bruder und seine Familie. „Ich lag nach dem Brand die ganze Nacht wach und habe überlegt, wie ich Volker helfen kann“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Am nächsten Morgen rief sie Carola Lo Cicero an, die Vorsitzende des Vereins Heart for Life aus Senden. Ihr Ziel: „Wir wollen das Leben der Familie etwas reparieren.“ Gemeinsam mit dem Sendener Verein rief Tina Fahleker-Appelt zu Spenden auf und begann, die Aufräumarbeiten auf dem Grundstück zu organisieren. Sachspenden seien dabei leider nicht das Richtige, sagt sie. Denn die Wohnung der Familie sei weitgehend vom Feuer verschont geblieben und könne ja bewohnt werden. Gefragt sei finanzielle Hilfe, etwa für die Entsorgung von verbrannten Resten und die Fenster des Wohnhauses, die durch das Feuer geborsten sind. Das Entsorgungsunternehmen Götz habe sich bereits bereit erklärt, zu helfen. „Wir sind eine große Familie und halten zusammen – aber finanziell können wir das nicht alleine schaffen“, betont Tina Fahleker-Appelt. „Ich wünsche mir für meinen Bruder ein Weihnachtswunder.“

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