Es war eine lange Nacht: Erst gegen halb fünf Uhr am Mittwochmorgen kamen die Busse mit der Delegation des SSV Ulm 1846 Fußball an Bord wieder in der Donaustadt an. Zum Feiern war unterwegs nach der 1:3-Niederlage in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim Bundesligisten Schalke 04 niemandem zumute – obwohl die Ulmer sich gegen einen drei Klassen höher spielenden Gegner prima verkauft hatten. Trainer Holger Bachthaler sagte: „Ein paar Spieler haben geschlafen, ein paar haben Karten gespielt. Es war ruhig in den Bussen.“ Und ein bisschen Enttäuschung war doch spürbar.
Die meisten Spieler werden auch darüber nachgedacht haben, ob man nicht sogar hätte weiter kommen können gegen diesen Bundesligisten in der Megakrise. Zum Beispiel dann, wenn Torhüter Maximilian Reule einen besseren Tag erwischt hätte. Vor dem Treffer zum 2:0 für Schalke durch Benito Raman ließ Reule den Ball nach vorne abprallen, auch die beiden anderen Bälle, die zu Toren führten, waren nicht wirklich unhaltbar. Nach diesen Erfahrungen in der Veltins-Arena scheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass sich die Hackordnung im Tor der Spatzen ändert: Platzhirsch bleibt natürlich der verletzte Niclas Heimann, aber einer der Gewinner des Dienstagabends war sicher der zur Untätigkeit verurteilte Christian Ortag.
Holger Bachthaler kann sich auch in der in anderen Jahren spielfreien Zeit ein Urteil bilden. Eine Winterpause gibt es in der Corona-Krise nicht, die nächste Regionalliga-Partie gegen den Tabellenführer SC Freiburg II steht bereits am 9. Januar auf dem Programm.
Die Ulmer Spieler haben für beide Weihnachtsfeiertage Hausaufgaben mitbekommen, zu einer regulären Einheit bittet Bachthaler seine Mannschaft bereits am kommenden Montag wieder. Eine auch für ihn ungewohnte Planung: „Normalerweise hat man sich im Winter immer zwei oder drei Wochen gar nicht gesehen.“
Selbstvertrauen für die schwere Aufgabe gegen Freiburg dürften sich die Spatzen beim Spiel gegen Schalke durchaus geholt haben. Die Reaktionen und Pressestimmen:
(bei Sky): „Die Leistung, die die Mannschaft über 90 Minuten abgeliefert hat, verdient Respekt. Es ist natürlich schade, wie der Spielverlauf zustande gekommen ist – das hat uns schon getroffen. Aber noch mal: Die Leistung war gut und von daher sind wir stolz und zufrieden, aber auch etwas enttäuscht, weil wir einen riesigen Aufwand betrieben haben. Gerade in der ersten Halbzeit waren wir die aktivere und spielbestimmende Mannschaft.“
(bei Sky): „Wir sind eine Runde weiter, und das ist das Wichtigste.“
(bei Sky): „Es war nur wichtig für uns, das Jahr mit einem Sieg zu beenden – egal, ob der Gegner in einer anderen Liga spielt.“
„Ein Klassenunterschied war nicht zu erkennen, der Außenseiter hatte sogar mehr Ballbesitz, mehr Torschüsse, erarbeitete sich zudem fünf Ecken und drei Freistöße in Strafraumnähe. Doch ihre Abschlüsse waren zu ungefährlich.“
„Ein Klassenunterschied ist über die komplette erste Hälfte nicht zu sehen – der Viertligist ist besser! Erst nach dem 2:0 kommen die Schalker etwas aus dem Krampf-Modus.“
„In der ersten Hälfte war – außer beim Treffer von Serdar – nicht spürbar, dass zwischen den beiden Mannschaften drei Klassen Unterschied lagen. Ulm hatte auf Schalke in der ersten Hälfte sogar mehr Spielanteile als die Knappen und kam in der Anfangsphase über Nicolas Jann aus spitzem Winkel zu einer guten Chance.“
„Der Regionalligist versteckte sich von Beginn an nicht und startete engagiert in die Partie. Die Ulmer zeigten sich spielfreudig und ballsicher, während Schalke sichtbare Probleme hatte, Kontrolle über das Spiel zu erlangen.“
„Der vermeintliche Underdog aus Ulm begann äußerst forsch und sorgte mit aggressivem Pressing für massive Schwierigkeiten im Schalker Spielaufbau. (...) Zwischen dem Bundes- und Regionalligisten entwickelte sich ein Spiel auf Augenhöhe. Ulm präsentierte sich total fokussiert. Bei Schalke wirkten die Spieler teilweise verunsichert.“ (mit dpa)