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Wassersport: Surfen, wo andere einkaufen

Wassersport

Surfen, wo andere einkaufen

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    Der Eindruck täuscht: Unser Autor hat sich bei den „Surf Days“ in der Glacis-Galerie eher neben dem Surfbrett bewegt als darauf. Zehn Tage macht die Anlage Station im Neu-Ulmer Einkaufszentrum.
    Der Eindruck täuscht: Unser Autor hat sich bei den „Surf Days“ in der Glacis-Galerie eher neben dem Surfbrett bewegt als darauf. Zehn Tage macht die Anlage Station im Neu-Ulmer Einkaufszentrum. Foto: Horst Hörger

    Surfen, das weckt Sehnsüchte. Sonne, Strand, das azurblaue Meer, schöne, braun gebrannte Menschen, die der Natur trotzen und immer gut drauf sind. Ich bin nicht sonderlich braun und das mit der guten Laune ist spätestens vorbei, als es mich zum gefühlt zehnten Mal vom Brett wirft. „Du musst deinen Fuß nur leicht aufs hintere Teil des Bretts legen und dann aufsteigen“, sagt Joel Krupka, einer dieser braun gebrannten Surfer mit langen blonden Haaren. Ich nicke mit dem Kopf und wiederhole, was er gesagt hat, um vorzutäuschen, dass ich alles verstanden habe. Wenige Sekunden später liege ich wieder im sprudelnden Wasser der stehenden Welle, die seit Donnerstag für zehn Tage in der Neu-Ulmer Glacis-Galerie aufgebaut ist.

    Die stehende Welle der Hamburger Firma Brand Guides sieht aus wie eine sehr breite Rutsche aus Gummi, mit Luftpolstern an den Seiten (damit man weich fällt, in meinem Fall sehr sinnvoll) und einer großen und sehr leistungsstarken Düse am Fuß der Anlage. Die pumpt das Wasser rasend schnell über die Schräge nach oben – so wird eine Welle simuliert auf der die Surfer dann zeigen, was sie können.

    Oder nicht können, wie in meinem Fall. Das Wasser rauscht mir so schnell entgegen, dass ich einen Respekt entwickele, der meinen tief schlummernden Surf-Fähigkeiten einen Riegel vorschiebt. Auf einem Surf- oder Snowboard bin ich davor noch nie gestanden. Ich solle mir mehr Zeit beim Aufsteigen lassen, ruft Joel Krupka. Ich blicke mich um und sehe Schaulustige des Trauerspiels: Fotografen, Kameraleute, Menschen, die eigentlich nur einkaufen wollten und jetzt einem Typen zuschauen dürfen, den es regelmäßig hinwirft. Zeit lassen ist da nicht, die Leute wollen ja etwas sehen. Sie sehen dann, wie ich überhastet aufs Brett springe, wie es sich zu stark nach links dreht und ich wieder im nur etwa knöcheltiefen Wasser liege. Einmal kurz lachen, um die Peinlichkeit zu überspielen und weiter geht’s.

    Joel Krupka kommt eigentlich aus Frankfurt, zusammen mit der stehenden Welle reist er mit den „Surf Days“ mal hier hin, mal dort hin. Bevor die Anlage in Neu-Ulm angekommen ist, war sie in Stuttgart aufgebaut, davor in Berlin, Wien oder München. Krupka ist kein Profisurfer, er betreibt den Sport aus Spaß an der Freude. Genügend Fachkenntnis hat er trotzdem. „Die stehende Welle kann man mit dem echten Meer nicht vergleichen“, erklärt er. „Um dort zu den Wellen zu kommen, muss man erst mal hinpaddeln und manchmal auch unter den Wellen durchtauchen.“ Bei den „Surf Days“ hat man die Strömung direkt zu Füßen. Und trotzdem: „Das Aufsteigen ist nicht so einfach wie im Meer.“

    Davon kann ich ein Lied singen. Entweder wird das Brett vom Wasser so gedreht, dass ich rückwärts aufsteigen müsste oder ich springe auf und verlagere dabei mein Gewicht falsch. Besonders gemein ist es, wenn das Board vom Wasser ganz nach oben getragen wird. Dort ist eine ebene Fläche, wo das Wasser durch ein Netz fließt und wieder zur Düse transportiert wird. Wenn das Brett dort liegen bleibt, wird es kompliziert. Der Boden ist nämlich so rutschig, dass ich einige Male hinfalle und das Surfbrett in unerreichbarer Nähe bleibt – für mich zumindest. Joel Krupka schafft es ohne Probleme nach oben und bewegt sich ganz in seinem Element. Selbst wenn er die Schräge auf seinen Füßen hinunter gleitet, sieht es elegant aus. Meine Gleitversuche auf dem Bauch weniger.

    Am ersten Tag hatten sich elf Besucher fürs Surfen in der Glacis Galerie angemeldet. Damit ist der Center-Manager Torsten Keller durchaus zufrieden: „Für den ersten Tag ist das relativ viel.“ Von einem Kollegen hat er von den „Surf Days“ erfahren, zuerst sollte die Welle auf das Parkdeck gestellt werden, doch das ging nicht. So entschied sich Keller dazu, sie direkt ins Einkaufscenter zu stellen. Mit etwas Bauchschmerzen: „Wasser und Center zusammen sind eigentlich heikel.“ Einen Tag hat es letztlich gedauert, die Welle aufzubauen und einen weiteren für das ganze Drumherum. Eine Strandbar und Liegestühle sollen für Karibiksstimmung sorgen. Wer sich selbst auf die Welle wagen möchte, sollte ein Handtuch und Badesachen mitbringen, Umkleidekabinen und Neoprenanzüge gibt es vor Ort, letztere braucht man aber nicht unbedingt. Das Wasser hat eine angenehme Temperatur. Solange die Welle zu Gast ist, gibt es verschiedene Aktionen und Gewinnspiele für die Gäste. Und Torsten Keller wird auch nicht drumherum kommen, aufs Brett zu steigen. „Eine Schnapsidee“, findet er.

    Ein Gedanke, der mir sehr vertraut ist. Irgendwann hat es übrigens mal funktioniert – ich stehe auf dem Brett und surfe. Ein schönes, aber ungewohntes Gefühl. Bisher habe ich mich ja eher liegend auf der Anlage fortbewegt. Das Stresslevel steigt. Was also tun? Ich bin völlig überfordert und tue, was ich am besten kann. Ich falle.

    Interessierte können Blöcke à 30 Minuten buchen. Das geht auf der Internetseite der Glacis-Galerie oder direkt vor Ort. Bis zum 7. September steht die Welle in Neu-Ulm.

    Videos finden Sie online auf www.nuz.de/lokales

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