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Olympia: Von schönen und schlimmen Erinnerungen

Olympia

Von schönen und schlimmen Erinnerungen

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    Manchmal holt Reinhold Hucker seine Erinnerungsstücke noch aus dem Schrank. Etwa seinen Olympiapass und seinen Pokal für Rang neun bei der Weltmeisterschaft 1971 in Sofia.
    Manchmal holt Reinhold Hucker seine Erinnerungsstücke noch aus dem Schrank. Etwa seinen Olympiapass und seinen Pokal für Rang neun bei der Weltmeisterschaft 1971 in Sofia. Foto: Stefan Kümmritz

    Mit Freude und auch etwas Stolz zeigt Reinhold Hucker auf der Terrasse seines Hauses in Unterelchingen die Pokale und Medaillen, die er einst auf nationaler und internationaler Ebene gewonnen hat. Wenn in der japanischen Hauptstadt Tokio die Olympischen Spiele ausgetragen werden, dann kommen bei dem ehemaligen Ringer viele Erinnerungen auf. Erinnerungen an Zeiten, als er aktiv für seinen Heimatverein KSV Unterelchingen und später für Bundesligist Schorndorf auf die Matte ging. Vor allem aber an seine Teilnahme an den Spielen 1972 in München.

    Diese Spiele sind bis heute unvergessen. Es gab einige überragende Erfolge der deutschen Athleten – etwa sensationellen Hochsprungsieg der damals erst 16-jährigen Ulrike Meyfarth mit 1,92 Metern. Aber es gab auch diesen fürchterlichen Anschlag. Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September drangen ins Olympische Dorf ein und nahmen israelische Sportler als Geiseln. Neun von ihnen starben. „Auch der Ringer-Trainer Mosche Weinberg war unter den Geiseln“, erinnert sich Hucker. Weinberg starb noch im Olympischen Dorf an seinen Verletzungen.

    Der Unterelchinger Ringer konnte zusammen mit seinen Kameraden von ihrem Quartier aus sehr gut beobachten, wie der Anschlag ablief. Hucker erinnert sich: „Das war ein Riesenschock. Vorher ging es im Olympischen Dorf so lässig und fröhlich zu, ich habe zum Beispiel auch den Superschwimmer Mark Spitz getroffen. Es sollten die Spiele der Jugend und der Freundschaft sein, dann war das schlagartig vorbei. Die Wettkämpfe waren fortan schwer belastet.“ Dass es überhaupt weiter ging, das findet Hucker gut: „In dieser Hinsicht hatten die Terroristen nicht gewonnen.“

    Diese Ereignisse, die er hautnah miterlebte, haben den inzwischen 71-Jährigen nie mehr losgelassen. „Seine“ Olympischen Spiele waren nicht die, von denen er geträumt hatte. Dazu kam, dass er als Mittelgewichtler Probleme hatte, dieses Gewicht zu halten: „Ich hatte immer fünf Kilo zu viel und musste jeweils erst abkochen.“ Zudem wurde Hucker in eine ganz schwere Gruppe gelost. Er trat im griechisch-römischen Stil an und hatte sich als Neunter der Vorjahres-Weltmeisterschaft in Sofia sowie als Deutscher Meister für die Spiele qualifiziert. Doch dann verlor er seinen ersten Kampf gegen einen starken Schweden und den zweiten gegen einen Russen, der später Silber holte. Der Unterelchinger hatte Pech, aber er hat diese Enttäuschung längst überwunden. Der olympische Gedanke lautet ja auch: Dabeisein ist alles.

    Reinhold Hucker ist nach wie vor sehr sportbegeistert. Neben Ringen interessieren ihn auch andere Sportarten wie Leichtathletik und Gewichtheben. Früher war er auch Trainer, inzwischen hat er sich stark zurückgezogen: „Ich schaue bei den KSV-Ringern zu und bin gelegentlich in Schorndorf, aber sonst mache ich nichts mehr.“

    Aber er schwelgt in Erinnerungen. Etwa an diesen Bundesligakampf, in dem er bedingt durch Änderungen in den Gewichtsklassen plötzlich auf den deutlich schwereren Weltklassemann Wilfried Dietrich traf, den „Kran von Schifferstadt“, und sogar gewann. Hucker erinnert sich immer noch an seine Taktik. „Ich habe immer seine Arme kontrolliert. So konnte er nicht seinen gefürchteten Überwurf landen. Mein Erfolg war eine Sensation.“

    Seit seiner eigenen Teilnahme in München hat Hucker die Olympischen Spiele immer intensiv am Fernseher verfolgt. Das wird er nun wieder tun. Er weiß, dass die Leistungen der Athleten „aufgrund von Sportförderung, besseren Trainingsbedingungen, erhöhter Leistungsbereitschaft und gezielter Ernährung“ viel besser geworden sind und freut sich auf die Spiele in Tokio. Er hofft, dass der beste deutsche und vielleicht weltbeste Ringer Frank Stäbler im Fliegengewicht Edelmetall holt. Vor allem wünscht er sich: „Friedliche Spiele ohne Zwischenfälle.“ Reinhold Hucker weiß, warum er das sagt.

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