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Senden: Sollen politische Parteien öffentliche Plätze in Senden wieder nutzen dürfen?

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Sollen politische Parteien öffentliche Plätze in Senden wieder nutzen dürfen?

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    Im Bürgerhaus in Senden gibt es viele Veranstaltungen – allerdings nicht von politischen Parteien. Für die ist das derzeit verboten.
    Im Bürgerhaus in Senden gibt es viele Veranstaltungen – allerdings nicht von politischen Parteien. Für die ist das derzeit verboten. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Ist es eine "Blamage für die antragstellenden Parteien", wie es Stadtratsmitglied Xaver Merk (BSW) ausdrückte? Oder ein wichtiger Schritt, um sich "nicht mehr selbst dabei zu beschränken, dagegenzuhalten", wie Bürgermeisterin Claudia Schäfer-Rudolf argumentierte? In der Sendener Stadtratssitzung am Dienstagabend sind die Meinungsverschiedenheiten bei einem Thema besonders groß gewesen. Ein gemeinsamer Antrag der Sendener CSU- und CFW/FWG-Fraktionen hatte die Debatte ausgelöst. Diese wollten erwirken, dass politische Parteien und Wählergruppen in Senden städtische Räume und andere öffentliche Einrichtungen wie etwa den Marktplatz oder den Stadtpark wieder für ihre Veranstaltungen nutzen dürfen, zumindest zweimal pro Jahr. Die Tatsache, dass das derzeit nicht erlaubt ist, hat eine Vorgeschichte.

    Ziel des Antrags ist Folgendes: Die Wahlbeteiligung sei bei den vergangenen Wahlen in Senden "erschreckend niedrig" gewesen, schreiben die beiden Fraktionen – bei der Stichwahl der Landratswahl im Januar etwa hatte Senden nur eine Wahlbeteiligung von 22,4 Prozent. Das könnte nach Ansicht von CSU und Freien Wählern daran liegen, "dass in Senden derzeit fast keine politischen Veranstaltungen mehr möglich sind", wie es in dem Antrag heißt, den die beiden Fraktionen an die Bürgermeisterin richteten. Eine politische Meinungsbildung durch solche Veranstaltungen könne dementsprechend "kaum mehr stattfinden". Denn Gaststätten als alternative Veranstaltungsorte gebe es immer weniger und "aus städtischen Räumen haben wir uns selbst ausgeschlossen", wie Theodor Walder (CSU) sagte.

    Seit 2004 dürfen sich Parteien in Senden nicht mehr auf öffentlichen Plätzen versammeln

    Seit 2004 sind politische Versammlungen in Senden an diesen Orten nicht mehr erlaubt. Das hatte der Stadtrat "wegen ziemlich starkem öffentlichen Druck", so beschlossen, sagte Merk, der vor zwanzig Jahren bereits im Gremium saß. Zu dieser Zeit hatten Mitglieder der rechtsradikalen NPD es sich zum Ziel gesetzt, Senden zu ihrem "nationalen Zentrum" aufzubauen. Immer wieder nutzte die Partei öffentliche Plätze und Hallen für ihre Zwecke – und die Stadt hatte damals noch keine Möglichkeit, gegen die Rechtsextremisten vorzugehen. Denn verboten war die Partei nicht. "Bei Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen dürfen, solange sie nicht verboten sind, keine anderen Maßstäbe angewandt werden", sagte der damalige Bürgermeister Kurt Baiker. 

    Deshalb hatte man sich in Senden letztendlich für folgende Lösung entschieden: Die Stadt erlaubt seitdem einfach allen Parteien gleichermaßen nicht mehr, die städtischen Hallen und Plätze für Veranstaltungen zu nutzen. "Wir haben alle darauf verzichtet, um eine Partei rauzuhalten", sagte Helmut Meisel (Grüne), der vor zwanzig Jahren ebenfalls schon im Gremium saß und sich noch an die Aufmärsche der NPD-Jugend erinnert. Und an die Fernsehteams, die nach Senden kamen, weil das Thema auch überregional so viel Aufsehen erregte. 

    Meisel war zu dieser Zeit nach eigenen Angaben "sehr aktiv" im Bündnis gegen rechts. Ein Bündnis, das man heute auch wieder brauche, da es mittlerweile ja eine andere Partei gebe, deren Jugendorganisation vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft werde. Er befürchte, dass es wieder zu Großveranstaltungen kommen könnte, wenn das Verbot aufgehoben wird. Und die könne man dann nicht mehr verhindern.

    Könnte es in Senden sonst zu AfD-Großveranstaltungen kommen?

    Auch wenn der Verfassungsschutz die AfD seit 2021 bundesweit als "extremistischen Verdachtsfall" einstuft und die bayerische AfD seit 2022 beobachtet wird, könnte sie ebenfalls wieder Veranstaltungen in Senden abhalten, wenn sich der Antrag von CSU und Freien Wählern durchsetzen sollte. "Wenn wir die Räume aufmachen, dann für alle", sagte Walder demnach auch in der Sitzung. Er und seine Fraktion seien aber überzeugt, dass Senden das aushalten würde. 

    Nicht nur der Antrag an sich, sondern auch dessen Begründung riefen bei einigen Stadträtinnen und Stadträten Stirnrunzeln hervor: "Die Korrelation, dass die schlechte Wahlbeteiligung daran liegt, greift mir zu kurz", sagte etwa Maren Bachmann (SPD). Eher solle man die politische Bildung stärken und "Flagge zeigen". 

    Bürgermeisterin Schäfer-Rudolf hingegen wollte dem Antrag zustimmen: "Wir brauchen Raum für eine gemeinsame Initiative gegen Rechts und müssen uns selbst eine Bühne geben dagegenzuhalten", sagte sie. Die niedrige Wahlbeteiligung liege ihrer Ansicht nach daran, dass sie viele Menschen nicht mehr erreichen würden: "Es gibt ganze Kreise, die wir nicht mehr an den Tisch holen können." Ein Problem dabei: Rechtsextreme Netzwerke würden zum Beispiel digitale Plattformen nutzen, angewiesen auf das Bürgerhaus seien sie also nicht. Außerdem sicherte sie zu: "Ich als Bürgermeisterin werde Senden niemals einem rechten Mob hergeben." Am Ende wurde der Antrag mit 14 zu 14 Stimmen jedoch abgelehnt. Eine Gegenstimme kam dabei aus den Reihen der CSU, eine der antragstellenden Fraktionen.

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