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Senden, Elmau: 80 Stunden Dauereinsatz: So erlebte ein Sendener den G7-Gipfel in Elmau

Senden, Elmau

80 Stunden Dauereinsatz: So erlebte ein Sendener den G7-Gipfel in Elmau

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    Der Sendener Ralf Willer war als Einsatzleiter des Roten Kreuzes beim G7-Gipfel in Elmau.
    Der Sendener Ralf Willer war als Einsatzleiter des Roten Kreuzes beim G7-Gipfel in Elmau. Foto: Ralf Willer (Sammlung)

    Ein Bergpanorama, strahlend blauer Himmel und davor die Regierungschefs der G7-Staaten. Das ist das Bild, das die Berichterstattung über den Gipfeln in Elmau dominiert. Ralf Willer von der Sendener Wasserwacht hat andere Bilder im Kopf. Er war als Einsatzleiter vor Ort, wie bereits 2015. Willer weiß, was sich im Hochsicherheitsbereich abspielte, wie sich die Einsatzkräfte auf kuriose Weise die Zeit vertrieben haben und warum ein Bär für Unruhe im Containerdorf sorgte.

    Am Samstag um 15 Uhr ging es für Willer los nach Elmau. Doch schon lange vorher liefen die Vorbereitungen. Jede Einsatzkraft wurde von Bundeskriminalamt überprüft, ein kompletter Hintergrundcheck zur Person gemacht und ein Ausweis ausgestellt, mit dem der Sicherheitsbereich betreten werden konnte. "Vor Ort ist es dann wie am Flughafen", erzählt Willer im Gespräch mit unserer Redaktion. Mittels Schleuse und Metalldetektoren wurde er gescannt und anschließend im Shuttlebus zum Einsatzort gefahren. Das alles kannte Willer schon, denn bereits 2015 war er beim Gipfeltreffen im Dienst und wurde für dieses Jahr erneut angefragt.

    Hohe Sicherheitsvorkehrungen für G7-Einsatzkräfte

    "Man kommt einfach nicht drumherum, externe Kräfte anzufordern", sagt Willer. Denn allein in seinem Camp waren rund 50 Menschen stationiert: Rettungskräfte, Bergwacht und Feuerwehrleute. Der Sicherheitsbereich Zwei, zu dem er gehörte, liegt weit vor dem Schloss. Das Containerdorf war im Wald aufgebaut. Ihren Bereich konnten die Mitarbeitenden nicht verlassen, denn dann hätte der Sicherheitscheck von vorne losgehen müssen. Darum mussten auch die Rettungswagen und das Feuerwehrauto bereitstehen. Bei jeder Einfahrt mussten sie vollständig ausgeräumt, das Fahrzeug samt Inhalt von oben bis unten durchsucht und wieder eingeräumt werden. Das könne schon mal ein bis zwei Stunden dauern, erzählt der Einsatzleiter. Also nichts, wofür man im Notfall Zeit habe.

    Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann besuchte die Einsatzkräfte im Containerdorf. Im Bild (links): Einsatzleiter Ralf Willer.
    Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann besuchte die Einsatzkräfte im Containerdorf. Im Bild (links): Einsatzleiter Ralf Willer. Foto: Ralf Willer (Sammlung)

    Die Dienstzeit liege bei zwölf Stunden pro Tag, anschließend ist Bereitschaftsdienst. Geschlafen wurde im umgebauten Zwei-Bett-Container. Willer hatte einen für sich allein. "Drin war es warm, gut geschlafen hat man natürlich auch nicht", räumt er ein. Nachts habe er die vorbeifahrenden Autos gehört, "oder das Schnarchen der anderen", sagt er und lacht. Nur in einer Nacht sei Trubel aufgekommen. "Ich bin raus, um nachzusehen, dann standen da 60 Polizisten unter unseren Pavillons. Sie mussten sich irgendwo unterstellen, weil ein Bär gesichtet worden war", erzählt er. In Gefahr seien sie aber nicht gewesen.

    Im Lageraum wurden Berichte geschrieben und per Videokonferenz mit dem Stab in Garmisch der aktuellste Stand besprochen. Gegessen wurde im Personalbereich des Fünf-Sterne-Hotels Kranzbach, dorthin fuhr der Feuerwehrbus. "Frühstück, Mittag und Abendessen gab es auf der Terrasse mit Blick auf die Berge. Eigentlich wie im Urlaub", schwärmt Willer. Denn Einsätze hatten er und seine Kollegen kaum, die Lage wäre an allen Tagen ruhig gewesen.

    Innenminister Herrmann besuchte die Kräfte beim G7-Einsatz

    "In den Pausen sind wir die Straße hoch und heruntergelaufen", sagt Willer. Alle zehn bis 15 Meter war ein Polizist oder eine Polizistin stationiert. Bei praller Sonne und im Regen, wie er sagt. Manche seien in ihrer Langeweile kreativ geworden, hätten sich einen Unterschlupf gebaut oder ein großes Tuch mit verschieden großen Löchern gespannt, durch die sie Bälle aus Laub und Klebeband warfen. "Einer hoffte, dass er bald abgelöst wird. Seine Powerbank vom Handy war schon leer", erzählt Willer schmunzelnd. Die Helferinnen und Helfer vertrieben sich ihre Zeit damit, mit der Feuerwehrdrehleiter auf 30 Meter hochzufahren und über den Wald aufs Schloss zu schauen. Die Leiter musste regelmäßig überprüft werden und habe sich somit als Attraktion angeboten.

    Manche Polizeibeamte bauten sich einen Unterschlupf im Wald, um sich vor Sonne und Regen zu schützen.
    Manche Polizeibeamte bauten sich einen Unterschlupf im Wald, um sich vor Sonne und Regen zu schützen. Foto: Ralf Willer

    Trotz der langen Einsätze, in denen - glücklicherweise - kaum etwas passiert war, sei die Zeit doch schnell vergangen. "G7 war weniger anstrengend als Konzerte oder andere Veranstaltungen", sagt Willer. Auch bei den beiden Demonstrationen, die vor Schloss Elmau abgehalten wurden, sei ihr Eingreifen nicht notwendig gewesen. Die tagenden Politikerinnen und Politiker habe er nicht gesehen. Nur der bayerische Innenminister Joachim Herrmann besuchte das Containerdorf und nahm sich Zeit für die Einsatzkräfte. "Das war ein absolutes Highlight", sagt Willer. Er habe sich viel Zeit genommen und das Gespräch gesucht. "Seine Sicherheitsleute haben schon immer auf die Uhr geguckt, aber er hat sich nicht beirren lassen", sagt er. Zum Abschluss gab es dann natürlich noch ein Foto.

    Vier Tage Einsatz am G7-Gipfel - für Ralf Willer einerseits anstrengend, andererseits mit Urlaubsflair und zum Dritten "wie ein großes Klassentreffen von Einsatzkräften aus ganz Deutschland". Er habe sich mit Kolleginnen und Kollegen anderer Bundesländer ausgetauscht. "Das war sehr angenehm und fördert vielleicht auch die allgemeine Zusammenarbeit", sagt er. Nach rund 80 Stunden im Einsatz fiel er am Dienstag um 21 Uhr ins Bett. Beim nächsten Gipfel wäre er aber wieder gerne dabei.

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