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Foto: Cordula Homann (Symbolbild)
Foto: Cordula Homann (Symbolbild)

Pflege ist keine einfach Branche: Ein Sendener Betrieb gibt auf – auch wegen der Impfpflicht, sagt der Geschäftsführer.

Senden
12.02.2022

Schließung wegen Impfpflicht: Wie es mit Soleo in Senden weitergeht

Von Franziska Wolfinger

Ein Pflegedienst in Senden macht dicht. Grund ist auch die angekündigte Impfpflicht in medizinischen Berufen. Andere gründen oder vergrößern sich – trotz schwieriger Zeiten.

Die Pflegebranche war noch nie besonders einfach. Die Pandemie hat da so manches Probleme noch verschärft. Zuletzt kam aus der Branche viel Kritik an der Impfpflicht für Personal im medizinischen Bereich. Sie war unter anderem der Grund dafür, dass ein Pflegedienst in Senden nun zum Anfang dieses Monats seinen Betrieb beendet hat. "Wir machen so nicht weiter", ist in einem Facebook-Post von Soleo zu lesen. Doch es gibt auch die andere Seite. Schließlich hat sich eine Firma gefunden, die die Geschäfte von Soleo übernommen hat und auch im Ortsteil Wullenstetten ist mitten in der Pandemie ein neuer Pflegedienst entstanden.

Wullenstetter Pflegedienst Vitae eröffnete während der Pandemie

Niko Eisner hat den ambulanten Pflegedienst Vitae erst vor wenigen Monaten eröffnet. Vitae gibt es seit Juni 2021 und hat inzwischen einen stabilen Kundenstamm. "Klar, anfangs war es etwas schwieriger, man muss erst seine Bekanntheit steigern", sagt Geschäftsführer Eisner. Aber Arbeit gebe es in diesem Bereich mehr als genug. Den Frust von Kollegen, die jetzt aufgeben, kann er durchaus verstehen.

Das Hin und Her der Politik, nicht nur bezogen auf die eigentlich längst beschlossene Impfpflicht im Gesundheitswesen, sei schon etwas, das den Unternehmen das Leben schwermache, findet Eisner. Sich immer wieder spontan auf neue Regeln einstellen zu müssen, sei in den Betrieben mit einem gewaltigen Aufwand verbunden. "Das ist für uns jedes Mal ein Riesending", sagt er. "Wir brauchen Beständigkeit und klare Regeln", fordert der Geschäftsführer von Vitae. Er bedauert es, wenn gute Betriebe schließen müssen – auch wenn diese eigentlich seine Konkurrenten sind – und gibt sich trotz der generell schwierigen Umstände motiviert: "Wir planen für die Zukunft."

Impfpflicht ist beim ambulanten Pflegedienst Vitae kein Problem

Eisner selbst sieht die angekündigte Impfpflicht nicht als Problem. Er räumt ein, dass auch in seinem Betrieb manch einer der Impfung eher kritisch gegenübersteht. Aber: "Fast alle sind geimpft und wenn die Impfpflicht kommt, werden sich alle daran halten."

Bei Soleo allerdings hatten tatsächlich Angestellte aus diesem Grund gekündigt, drei bereits bei Ankündigung der Impfpflicht im Gesundheitswesen. Weiteres Personal hatte diesen Schritt in Aussicht gestellt. In einer Branche, in der Personalknappheit zum Alltag gehört, ist das zu viel. Den Ausfall mit den verbliebenen Pflegekräften auszugleichen – schier unmöglich, meint Christian Kneer, ehemaliger Inhaber von Soleo. Für ihn war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Schon lange störten ihn die geringe Wertschätzung, die Pflegerinnen und Pfleger teils von Patienten und Angehörigen erfahren. Dazu kommt: Pflegedienste stünden oft pauschal unter Betrugsverdacht, selbst um Kleinstbeträge werde gefeilscht. Dass Dienstleistungen, bei denen sogar am Wochenende jemand zu den Klienten nach Hause kommt, ihren Preis haben müssen, werde wohl oft vergessen.

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Geschäftsführer spricht von einem Happy End für Soleo in Senden

So kam einiges zusammen und Kneer entschied sich, seinen Betrieb nach zwölf Jahren aufzugeben – besser gesagt: zu verkaufen. Wer mit ihm über dieses Thema spricht, merkt schnell, dass es ihm wichtig war, seine Kundinnen und Kunden auch in Zukunft gut versorgt zu wissen. Die Übernahme durch den Illerkirchberger Pflegedienst Schneider bezeichnet Kneer als "Happy End".

Der Pflegedienst Schneider ist ein privater ambulanter Pflegedienst, der auch eine Senioren-WG in Staig sowie eine Tagespflege in Illerkirchberg betreibt. Bislang beschäftigte Schneider circa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Geschäftsführer sind Joerg Schneider und Patrick Frey. Warum den Betrieb vergrößern, wenn andere gerade aufgeben? "Wir haben uns das auch lange überlegt", sagt Frey. Schließlich gebe es tatsächlich düstere Prognosen für die Pflegebranche. Bis 2030 sollen eine halbe Million Vollzeitkräfte fehlen. Davon geht zumindest die Bertelsmann-Stiftung aus.

Für die Übernahme sprach dann aber, dass die Nachfrage groß ist, Schneider bereits Patientinnen und Patienten in Senden betreut, und auch, dass es einfach gepasst habe mit Kneer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. "Das sind tolle Leute", findet Frey. Jeder, der wollte, wurde von der neuen Firma übernommen. So war der Übergang von Soleo zu Schneider, der zum 1. Februar vollzogen wurde, ein recht sanfter für viele Beteiligte. Die Patientinnen und Patienten werden zu einem großen Teil noch von denselben Pflegekräften betreut.

Auch Christian Kneer will der Pflege – trotz anderslautender Medienberichte – nicht endgültig den Rücken kehren. Nach einer kurzen Auszeit werde er selbst als Mitarbeiter bei Schneider anfangen, so Kneer.

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