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Pfaffenhofen: Absturz von US-Bomber: Dieser Tag wird immer in Erinnerung bleiben

Pfaffenhofen

Absturz von US-Bomber: Dieser Tag wird immer in Erinnerung bleiben

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    Zu der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Flugzeugabsturzes bei Pfaffenhofen kam mit Jonathan Darman ein Historiker, dessen Großvater bei dem Unglück ums Leben kam.
    Zu der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Flugzeugabsturzes bei Pfaffenhofen kam mit Jonathan Darman ein Historiker, dessen Großvater bei dem Unglück ums Leben kam. Foto: Ralph Manhalter

    Jonathan Darman vermittelt das Bild eines distinguierten Ostküsten-Amerikaners: Elegant gekleidet, vornehm im Auftreten und dazu noch ein eloquentes Englisch, besticht der studierte Historiker vor allem durch seine Unaufdringlichkeit. Dabei war Gedenkveranstaltung zum Jahrestag des Flugzeugabsturzes vom 22. Februar 1945

    Das Dritte oder auch Tausendjährige Reich stand bereits nach zwölf Jahren kurz vor dem Zusammenbruch. Längst hatten die Alliierten die Lufthoheit über Deutschland erlangt, darüber konnten auch Flakgeschütz und Werwolf nicht hinwegtäuschen. An diesem Tag wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs bewegte sich ein amerikanisches Bombengeschwader entlang des Illertals mit den Zielen Ulm und Augsburg

    Darmans Großvater starb bei dem Flugzeugunglück bei Pfaffenhofen

    Offenbar gestalteten sich die Wetterverhältnisse äußerst schwierig, sodass ein Sichtkontakt zwischen den Flugzeugen nahezu unmöglich war. Jerry Adkins, einer der Überlebenden des Unglücks von damals, erinnerte sich später, dass der Bomber B-17 auf der Höhe von 17.000 Fuß (etwa 5189 Meter) in einen Luftwirbel der vorausfliegenden Maschine kam. Es gelang dem Piloten nicht mehr, die Kontrolle über das Flugzeug wiederzugewinnen: Die B-17, auch "Fliegende Festung" genannt, brach in zwei Teile und stürzte nahe eines Waldgebiet östlich Pfaffenhofens zu Boden. Die ausgeklinkten Bomben schlugen in unmittelbarer Umgebung ein: Die Trichter sind noch heute um die Wallfahrtsstätte Marienfried zu sehen.

    Von den zehn Besatzungsmitgliedern überlebten drei, die sich noch rechtzeitig mit dem Fallschirm retten konnten. Unter den Toten befand sich auch der Pilot William Temple Emmet. Er hatte Franklin Delano Roosevelt bereits als Freund und Kanzleipartner gekannt, bevor dieser Präsident der Vereinigten Staaten wurde. Es war Emmets Tochter Kathleen, die im Jahr 2012 die kurz zuvor errichtete Gedenkstätte in Pfaffenhofen zum ersten Mal besuchte. Alt-Bürgermeister Josef Walz schildert die ihn noch heute berührende Szene: Erst mit der Begegnung an der Stelle des Unglücks und der Möglichkeit, hier einen Ort zum Trauern zu finden, konnte die Dame so etwas wie Versöhnung empfinden. 

    Nun, ein gutes Jahrzehnt später steht vor demselben Stein Kathleens Sohn Jonathan Darman. Auch er empfindet eine tiefe Bewegung, obwohl er seinen Großvater William Emmet persönlich nicht kannte. Es hat etwas unheimlich Berührendes, an dem Ort zu stehen, an welchem ein Familienangehöriger sein Leben verloren hat, so Darman. Die angereisten Veteranen erwiesen vor dem Gedenkstein am Pfaffenhofener Ortsrand den sieben verstorbenen Besatzungsmitgliedern militärische Ehren mit Gruß und Kranzniederlage. Bürgermeister Sebastian Sparwasser erinnerte in seiner Ansprache daran, dass Frieden nicht selbstverständlich sei und rief die Aktualität der Ereignisse des Jahres 1945 ins Gedächtnis. 

    Die toten Besatzungsmitgliedern durften zunächst nicht bestattet werden

    Den toten Besatzungsmitgliedern wurde in Pfaffenhofen ein christliches Begräbnis unter Drohungen lokaler NS-Größen verwehrt. So fanden sie ihre provisorische Ruhe zunächst außerhalb des Friedhofs hinter einer Hecke, wie Ulrich Seitz und Ralf Kull zusammen mit Friedrich Braun und Kurt Spence vor einigen Jahren akribisch nachwiesen. Doch wenige Monate später, der Krieg war zwischenzeitlich beendet, konnten die sterblichen Überreste auf ein kurz zuvor von der US-Kriegsgräberverwaltung beschlagnahmtes Gelände nahe Reutti überführt werden. 

    Aber auch der neue Ort – hier wird in der Folge die deutsche Kriegsgräberstätte entstehen – war nur ein Ruheplatz auf Zeit. US-Soldaten, die im Feindesland gefallen waren, sollten nicht dort bestattet sein. Was folgte, war eine erneute Exhumierung und die Umbettung auf einen der großen amerikanischen Kriegsgräberstätten in Frankreich. William Emmet fand seine letzte Ruhe inmitten zehntausender anderer Gefallener im lothringischen Saint Avold, unweit von Saarbrücken. 

    Wie verlief das Schicksal der drei Überlebenden? Sie wurden, so das Autorenteam um Seitz und Kull, nachdem sie sich mit dem Fallschirm aus dem zu Boden stürzenden Flugzeug retten konnten und danach den Angriffen einer wütenden bäuerlichen Bevölkerung ausgesetzt waren, in das Durchgangslager der Luftwaffe im hessischen Oberursel transportiert. Nach mehreren Ortswechseln und Gewaltmärschen erlebte der Überlebende Francis Adkins die Befreiung am 29. April 1945. Der ganze Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs und somit auch des Nationalsozialismus sollte neun Tage später zu Ende sein. 

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