Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Pfaffenhofen: Ein Atlantikflug auf den Spuren des Ozeanfliegers Hermann Köhl

Pfaffenhofen

Ein Atlantikflug auf den Spuren des Ozeanfliegers Hermann Köhl

    • |
    Ein Modell des Flugzeugs mit dem dem Pfaffenhofener und Neu-Ulmer Ehrenbürger Hermann Köhl 1928 der erste Atlantikflug von Ost nach West gelang.
    Ein Modell des Flugzeugs mit dem dem Pfaffenhofener und Neu-Ulmer Ehrenbürger Hermann Köhl 1928 der erste Atlantikflug von Ost nach West gelang. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Ein Sehnsuchtsziel sieht wahrlich anders aus: Schroffe Felsen, ödes Land, ein paar Häuser scharen sich um einen verfallenen Leuchtturm, hier und dort vielleicht ein versprengtes Schaf. Dennoch oder gerade deswegen hat der Ort etwas Magisches, etwas Legendäres, das Hermann Schiele dazu bewog, mit seinem selbst gebauten Flugzeug einige Kreise um die Insel vor der kanadischen Küste zu ziehen. 

    Luftfahrtenthusiasten wissen es längst: Das unscheinbare Greenly Island war der Rettungsanker des berühmten Ozeanfliegers sowie Pfaffenhofener und Neu-Ulmer Ehrenbürgers Hermann Köhl. Dessen Atlantikflug, der erste von Ost nach West überhaupt, liegt zwischenzeitlich 96 Jahre zurück. Grund und Anlass, in der Marktgemeinde dieses Ereignisses auf eine außergewöhnliche Art zu gedenken. Die Idee hierzu hatte Nikolaus Maucher, neben seinem vielfältigen kulturellen Engagement im Zivilberuf einst als Fernmeldetechniker auch Lehrmeister von Hermann Schiele. 

    In Pfaffenhofen berichtete Hermann Schiele über seinen Atlantikflug

    So staunte das Pfaffenhofener Urgestein Maucher nicht schlecht, als er eines Tages in der Zeitung von einem Flug auf den Spuren Köhls las, durchgeführt eben von seinem damaligen Lehrling – es gab noch keine Auszubildenden – Schiele. Kurzum war der Gedanke geboren, den erfahrenen Lufthansapiloten und Fluglehrer aus Rammingen im Rahmen einer Abendveranstaltung über dieses immer noch waghalsige Unternehmen berichten zu lassen. 

    Die Besucher erwarteten vergangene Woche im Saal des Pfaffenhofener Rathauses dann nicht nur eine reich bebilderte Diashow mit faszinierenden Luftaufnahmen Grönlands, Kanadas sowie US-amerikanischer Großstädte, sondern auch eine fundierte und hochinteressante Einführung in das Wesen der Luftfahrt. So erfuhr der gebannt lauschende Zuhörer von mit Schaum gefüllten Flügeln, die das Absinken im Falle einer Wasserlandung verhindern sollen. Denn, so Schiele, auf festem Grund gebe sich immer eine Möglichkeit, die Maschine sicher zu Boden zu bringen. Auf den Ozeanen sehe das ganz anders aus, und das nicht nur wegen des sprichwörtlichen Wassers ohne Balken.

    Nikolaus Maucher, Hannes Schwarzendorfer (Leiter des Hermann-Köhl-Museums), Hermann Schiele und Bürgermeister Sebastian Sparwasser (von links) bei dem Vortrag in Pfaffenhofen.
    Nikolaus Maucher, Hannes Schwarzendorfer (Leiter des Hermann-Köhl-Museums), Hermann Schiele und Bürgermeister Sebastian Sparwasser (von links) bei dem Vortrag in Pfaffenhofen.

    Nach 2019 wagte Schiele im Jahr 2023 mit seinem Kleinflugzeug zum zweiten Mal die Atlantiküberquerung. Im Unterschied zu Köhls Direktflug von Irland nach Greenly Island musste diese in kleineren Etappen geplant werden. Bedingt durch wesentlich geringere Größe und Gewicht des Fluggeräts war natürlich auch Schieles Tankinhalt begrenzt. Um die 2000 Kilometer konnten mit einer Füllung zurückgelegt werden, so der 62-jährige Fluglehrer. 

    Im Gegensatz zu Hermann Köhl musste Schiele mehrmals landen

    Dementsprechend fiel die Wahl der Route aus: Über Schottland, Island und Grönland konnte so Neufundland und somit der amerikanische Kontinent erreicht werden. Dabei konnte Schiele vielfach auf jene Flugplätze zurückgreifen, welche im Jahr 1942 zum Zweck der Verlegung US-amerikanischer Militärmaschinen nach Europa errichtet wurden. Der Transatlantikpassage folgte quasi eine Rundreise über Kanada und die Vereinigten Staaten. 

    Über Alaska mit seinen einsamen Weiten flog der begeisterte Pilot der Pazifikküste nach Süden, um nach einem weiteren Zwischenstopp im Death Valley wieder gegen Osten abzudrehen. Zahlreiche alte und neue Bekanntschaften, so in Oshkosh, dem Mekka der Flugenthusiasten, dokumentierten grenzüberschreitende Verbundenheit auf dem Fundament einer gemeinsamen Leidenschaft.

    Illustriert wurde der Vortrag durch Sequenzen einer Diskussion, wie sie in den Pfaffenhofener Wirtshäusern der Zwanzigerjahre stattgefunden haben könnte: Mit der Vollendung seines Atlantikflugs stieg der Stolz der Einheimischen ins Unermessliche. Wurde der junge Köhl bislang eher als Lump und Taugenichts betrachtet, riefen das erreichte Ziel und die damit verbundene Aufmerksamkeit "unseres Köhl" in der Dorfbevölkerung nun Stolz hervor. 

    Auf dem Rückflug nach Europa dann tatsächlich noch ein Abstecher zum unwirtlichen Greenly Island. Eine Landemöglichkeit gab es nicht – auch Köhl musste diese einst mit dem Verlust der Flugfähigkeit seiner W33 bezahlen. Jedenfalls gelang es Schiele noch, eindrucksvolle Bilder der vegetationsarmen Insel zu ergattern. Allerdings ergab eine Rücksprache mit Flugpersonal eines Flughafens in der Nähe, erinnere dort nichts mehr an den großen Ozeanflieger Köhl. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden