Noch mehr Flüchtlinge in Reutti, noch dazu in Wohncontainern? Kommt nicht infrage, da war sich die überwältigende Mehrheit im Neu-Ulmer Bauausschuss einig. Bis zu 72 Menschen könnten in den Behelfswohnungen unterkommen. Doch diese Ablehnung wird voraussichtlich von der Regierung von Schwaben wieder einkassiert, denn rein rechtlich steht einer solchen Anlage nichts entgegen, sie gilt als genehmigungsfähig. Doch das war den Mitgliedern des Ausschusses mehrheitlich egal. Es ging ihnen um etwas anderes, denn der Ärger ist groß.
Investor will zwei Containerriegel für Geflüchtete in Reutti errichten
Auf das Gelände des ehemaligen Hotels Meinl in Reutti, in dem bereits rund 50 Menschen aus der Ukraine untergebracht sind, möchte der Investor Elias Chisari noch zwei Containerblocks stellen. Die sollen jeweils zwei Stockwerke hoch sein und Zimmer mit vier bis sechs Schlafplätzen enthalten. Einer der Containerriegel wäre 17 Meter lang, der andere 20. Das Vorhaben hatte in der Bevölkerung schon für Unmut gesorgt, weshalb die Stadtverwaltung bereits frühzeitig Kontakt mit dem örtlichen Bürgerverein aufnahm. Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger (CSU) sagte im Ausschuss, der Ort sei bereits "enorm belastet", doch der Druck des Landratsamtes sei enorm: "Das Problem ist nun mal da, dass wir Menschen unterbringen müssen, wir können das nicht wegdiskutieren." Was den Fall Reutti betrifft, habe die Stadt keine Möglichkeiten, sich gegen die Containerriegel zu wehren. Rein rechtlich sei die Sache eindeutig: "Wir müssen das genehmigen." Mit dieser Ansicht stand sie im Ausschuss beinahe alleine da, denn die überwältigende Mehrheit wollte die Behelfsbauten in Reutti nicht zulassen.
Am kräftigsten legte sich die CSU ins Zeig. Waltraud Oßwald führte etliche Bedenken gegen das Vorhaben an. Rein rechtlich betrachtet, gehört das Meinl-Gelände zum sogenannten Außenbereich des Ortes, für den besondere Bestimmungen gelten. So müsse man etwa auf das Orts- und Landschaftsbild Rücksicht nehmen, das durch die Container verunstaltet werde, schließlich stehen sie ja am Eingang von Reutti. Das sehe ja aus "wie ein Bundeswehrfeldlager im Ausland". Der Ort mit gut 1700 Einwohnern sei nicht leistungsfähig genug für bis zu 120 Geflüchtete. Ohnehin sei Neu-Ulm mit der Flüchtlingsunterbringung stark vorbelastet. Oswald fürchtet, dass die Container lange stehen bleiben könnten, denn eine Baugenehmigung gelte für vier Jahre und "mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Regierung von Schwaben das verlängern. "Das Thema wird uns noch lange erhalten bleiben und das ist für uns nicht akzeptabel."
Flüchtlingsunterbringung: "Einige Gemeinden ducken sich"
Was die Verteilung von Geflüchteten betrifft, machte auch die Oberbürgermeisterin ihrem Unbehagen Luft, denn die sei unter den Kommunen sehr ungleich. Nersingen und Neu-Ulm hätten - gemessen an der Einwohnerzahl - die meisten Menschen untergebracht. Jetzt müsse noch einmal deutlich auch die Solidarität der Anderen eingefordert werden. Noch etwas schärfer formulierte es der CSU-Mann Hans-Georg Maier. Er fand es "prekär, wenn sich einige Gemeinden einfach ducken."
Nach der CSU meldeten auch etliche andere ihre Bedenken an. So sagte die Grüne Gerlinde Koch, Reutti sei nicht grundsätzlich gegen Flüchtlinge, denn die Menschen, die jetzt im Meinl-Gebäude leben, seien freundlich aufgenommen worden. Doch es müsse auch die Belastung des Ortes berücksichtigt werden. So gibt es als Einkaufsmöglichkeit nur eine Bäckerei und einen Hofladen. "Und wo sollen sich die Leute aufhalten? In den Containern?" Siegfried Meßner (Pro Neu-Ulm) merkte an, der Stadtteil verfüge nicht mal über "einen g'scheiten ÖPNV".
Freie Wähler stimmen für die Flüchtlingscontainer
Erich Krnavek (SPD) fand, hier kaufe man die Katze im Sack, denn man wisse nicht, welche Flüchtlinge dort untergebracht werden sollen. Patrick Bais (JU) wähnte sich angesichts der Rechtslage in "einer Diktatur von oben, das finde ich äußerst bedenklich." Dem widersprach OB Albsteiger: "Das ist keine Diktatur, das sind baurechtliche Vorgaben, die anderswo auch gelten." Die vorgebrachten Bedenken vor allem der CSU konterte Stadtbaudirektor Markus Krämer aus. Die Rechtslage sei nun mal "sehr, sehr eng". Die Container aus optischen Gründen abzulehnen, gehe nur, wenn sie etwa mit "schreienden Farben" bemalt oder in einem sehr schlechten Zustand seien. Das Argument, für die Behelfsbauten müssten ja auch Bäume gefällt werden, kann nach den Worten von Sarah Resl, Leiterin der Unteren Baurechtsbehörde, auch nicht erfolgreich ins Feld geführt werden.
Die Abstimmung ging so erwartbar wie eindeutig aus: Fast alle lehnten die Container ab. Dafür stimmten lediglich die Oberbürgermeisterin, die den Beschluss auf jeden Fall der Regierung von Schwaben vorlegen wird, und die Freien Wähler. Andreas Schuler hatte argumentiert: "Wir leben in einem Rechtsstaat und nicht in einer Bananenrepublik. Wenn das rechtskonform ist, muss man zustimmen."