Bunt bemalte Steine liegen auf der kleinen Mauer mit der Tafel, die ein Zitat aus einem Brief von Eces Eltern zeigt: "Was uns bleibt, ist die tiefe Sehnsucht nach Frieden in unserer Heimat und Gemeinde". Vor einem Jahr stand das Schild mit dieser Aufschrift bei der Gedenkfeier zu Eces Tod auf einer Staffelei in der Illerkirchberger Kirche St. Sebastian. Seit dem Sommer ist sie Teil des Illerkirchberger Friedenswegs, der an die ermordete Schülerin erinnert. Der Täter, ein Mann aus Eritrea, sitzt in Haft. Ein anderer, der in Illerkirchberg eine schwere Straftat begangen hat, ist im Sommer abgeschoben worden. Muss auch Eces Mörder Deutschland verlassen?
Friedensweg in Illerkirchberg soll an ermordete Ece erinnern
Am Samstag, 15. Juni, ist der Friedensweg eingeweiht worden. Er verläuft östlich der Dietenheimer Straße, entlang der Bucher Straße, wo Ece ermordet wurde, weiter über die Mündelstraße und über die Treppen auf den Schlossberg hinauf. In den nächsten Jahren soll er ausgebaut werden, bis er alle Teilorte der Gemeinde verbindet.
In unregelmäßigen Abständen sind Schilder angebracht. Sie zeigen eine Friedenstaube, einen QR-Code, der zur Internetseite des Friedenswegs führt, und Zitate. Sie stammen von Gandhi, aus der Bibel, aus dem Koran. Ausgewählt wurden sie von Religionsgemeinschaften und von Schulklassen der Wiblinger Albert-Einstein-Realschule, die Ece besuchte. Die 14-Jährige war auf dem Weg dorthin, als sie starb.
Michael Okba B. wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt
Montag, 5. Dezember 2022, 7.25 Uhr. Gemeinsam mit einer Freundin ging Ece durch die Bucher Straße zur Bushaltestelle, vorbei an einer Unterkunft für Geflüchtete. Ein Mann verließ das Haus, er hatte ein Messer dabei. Weil er glaubte, die beiden Mädchen hätten das gesehen, stach er zu. Ece starb wenig später in einer Klinik, ihre Freundin wurde schwer verletzt. Michael Okba B., 27 Jahre alt, fühlte sich vom Landratsamt Alb-Donau-Kreis in Ulm falsch behandelt.
Er habe dort Rache nehmen wollen, weil die Behörde angeblich sein Leben zerstört habe – davon ist die 3. Strafkammer des Landgerichts Ulm überzeugt, die den Mann am 6. Juli 2023 zu lebenslänglicher Haft verurteilte. Die Unterkunft, in der der Täter lebte, ist abgerissen worden. Eine Wiese wurde angelegt und eine Tafel erklärt, welche Geschichte hinter dem Friedensweg steckt.
Der Mord an Ece ist nicht die einzige Straftat, die die 5000 Menschen zählende Gemeinde erschüttert hat. In der Halloweennacht 2019, etwas mehr als drei Jahre vor der Messerattacke, wurde eine Jugendliche in einer Nacht und am Morgen danach in Illerkirchberg neunmal vergewaltigt. Das Landgericht Ulm verurteilte deswegen vier Geflüchtete.
Einer der Männer, der Afghane Motajar N., lebte nach seiner Freilassung wieder in dem Ort. Schon vor der Tat hatte er in einer Unterkunft in Illerkirchberg gelebt, aus rechtlichen Gründen und zum Entsetzen vieler Bürgerinnen und Bürger musste er dorthin zurückkehren. Dass Motajar N. am Freitag, 30. August 2024, schließlich mit einem Flugzeug zurück nach Afghanistan gebracht wurde, bezeichnete Bürgermeister Markus Häußler (parteilos) als „die einzig zielführende Lösung“. Der Mann sei der „sprichwörtliche Stachel im Fleisch“ der Gemeinde Illerkirchberg gewesen.
Illerkirchberg: Kann der Täter abgeschoben werden?
Wird auch Michael Okba B. abgeschoben, der Ece tötete? Wenige Stunden nach der Tat nahm die Polizei den Mann fest, der sich in der Geflüchtetenunterkunft an der Bucher Straße verschanzt hatte, seitdem sitzt er in Haft. Einer Strafe werde grundsätzlich Vorrang vor einer Abschiebung eingeräumt, teilt Aniello Ambrosio, Pressesprecher des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg unserer Redaktion auf Anfrage mit.
Andernfalls gehe die Sanktions- und Präventionswirkung der Freiheitsstrafe ins Leere, begründet er. Eine Abschiebung vor Verbüßung der Strafe sei aber möglich, diese Entscheidung müsste die zuständige Strafvollstreckungsbehörde treffen – das ist die Staatsanwaltschaft Ulm.
Bei der Ermessensentscheidung spielen nach Ambrosios Worten „die besonderen Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, die Dauer der bisherigen Strafverbüßung, die persönliche Lage des Verurteilten und das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Strafvollstreckung“ eine Rolle. Die Entscheidung, dass Michael Okba B. zurück nach Eritrea gebracht wird, komme angesichts der lebenslangen Freiheitsstrafe, die das Landgericht Ulm gegen ihn ausgesprochen hat, frühestens nach 15 Jahren in Betracht.
Lediglich in Ausnahmefällen und mit Zustimmung des Generalstaatsanwalts wäre ein früheres Absehen möglich, teilt der Sprecher weiter mit. Ob und wann die Staatsanwaltschaft Ulm auf die weitere Vollstreckung der Strafe verzichten wird, sei noch nicht abzusehen.
Gedenkveranstaltung
Am Donnerstag, 5. Dezember, findet um 18.30 Uhr eine Gedenkveranstaltung statt. Treffpunkt ist am Schild in der Bucher Straße. Von dort aus gehen die Bürgerinnen und Bürger den Friedensweg entlang zur Kirche St. Sebastian, wo um 19 Uhr ein gemeinsames Gedenken der Religionen mit Friedensgedanken und Musik beginnt. Im Anschluss reicht der Jugendtreff Oberkirchberg auf dem Schlossplatz Tee.
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