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Memmingen: Warum sich der Mordprozess Altenstadt so in die Länge zieht

Memmingen

Warum sich der Mordprozess Altenstadt so in die Länge zieht

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    Der Tatort zwei Tage nach dem mutmaßlichen Doppelmord. So wie hier, nur ohne Absperrband, sah der Postbote in der Tatnacht das Haus, in dem vermutlich kurz zuvor Karl und Monika O. getötet worden waren.
    Der Tatort zwei Tage nach dem mutmaßlichen Doppelmord. So wie hier, nur ohne Absperrband, sah der Postbote in der Tatnacht das Haus, in dem vermutlich kurz zuvor Karl und Monika O. getötet worden waren. Foto: Wilhelm Schmid (Archivbild)

    Noch den gesamten Monat April hindurch sind in dem Gerichtsverfahren um den mutmaßlichen Doppelmord in Untereichen vor dem Landgericht Memmingen jede Woche zwei Termine anberaumt, zu denen jeweils mehrere Zeuginnen und Zeugen geladen sind. So werden bis zur Urteilsverkündung in dem aufsehenerregenden Verfahren noch mehrere Wochen ins Land gehen. Dass der Prozess die Öffentlichkeit stark interessiert, zeigt sich an jedem Prozesstag an der Warteschlange vor dem Gerichtssaal, wo wie am Flughafen Bänder aufgespannt sind, um die interessierte Zuhörerschaft einzuordnen und damit Gedränge zu verhindern. Beobachter, die der Verhandlung nun schon mehrfach beigewohnt haben, gelangen allerdings mehr und mehr zu der Erkenntnis, dass ein reiner Indizienprozess, wie er hier vorliegt, nicht unbedingt publikumswirksam abläuft und so gut wie nichts mit diversen Gerichtssendungen im Fernsehen oder gar mit amerikanischen Prozess-Shows zu tun hat. Woran liegt das? 

    Die Antwort auf die Frage, warum denn anscheinend nichts vorwärts geht, lautet aber ganz einfach: Rechtsstaat. Denn das abschließend „im Namen des Volkes“ gesprochene Urteil muss zum einen jeder Kritik standhalten und dazu gehört zum anderen auch das Recht eines Angeklagten, die Aussage zu verweigern – was wiederum zur Folge hat, dass der gesamte Tatablauf sowie das Motiv blitzsauber nachgewiesen werden müssen, auch ohne dass ein Geständnis vorliegt. Um das zu erreichen, verfolgt der Vorsitzende Richter Bernhard Lang in diesem Fall mit großer Sorgfalt die Taktik, sämtliche Zeuginnen und Zeugen ausführlich zu hören. Dazu befragt er diese und vergleicht deren Aussagen mit dem sogenannten „Vorhalt“ der polizeilichen Vernehmungsprotokolle, um den geladenen Personen die Gelegenheit zu geben, die frühere Aussage zu bestätigen oder auch zu korrigieren. Denn das, was dann nach den Rückfragen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu Protokoll genommen wird, gilt als Tatsache und somit als Grundlage für die Urteilsfindung. 

    Nun sagte ein Arbeitskollege der Angeklagten vor Gericht aus

    Bei rund 50 geladenen Zeuginnen und Zeugen zieht sich das eben in die Länge, aber dieses Vorgehen erscheint als die sicherste Methode, schließlich zu einem gerechten Abschluss zu kommen. So dauerte die Vernehmung des ersten Zeugen am jüngsten Verhandlungstermin rund eine Stunde. Ein Arbeitskollege der angeklagten Ehefrau des mutmaßlichen Haupttäters sagte vor Gericht aus. Er berichtete über die jahrelange gute Zusammenarbeit, aber auch darüber, wie er in diversen Gesprächen mitbekommen habe, welche Spannungen zwischen dem getöteten Vater des Hauptangeklagten und dem Sohn mit dessen Ehefrau aufgekommen seien. Die Differenzen, die auch juristisch ausgetragen wurden, drehten sich um die beiden benachbarten Häuser des getöteten und des verdächtigten Ehepaares. Julia O., so erzählte der Zeuge, habe ihm „sachlich und nicht emotional“ vom Verlauf des Rechtsstreits erzählt und auch berichtet, dass sie mit ihrem Ehemann Patrick immer wieder einen Freund – gemeint war der mitangeklagte Joffrey S. – besucht hätten. 

    Am Sonntagabend nach dem „Vorfall“, bei dem Karl und Monika O. getötet wurden, habe Julia bei ihm angerufen und sich vom Arbeitsplatz „abgemeldet“, weil ihr Schwiegervater und dessen Frau verstorben seien. Sie habe dann noch über einen anderen Kollegen Geschäftsunterlagen zurückgegeben, die sie im Homeoffice hatte, und später habe er von der Festnahme des Ehepaares erfahren. 

    Dem Postboten war am Morgen nach der Tat nichts Ungewöhnliches aufgefallen

    Als zweiter Zeuge sagte am Dienstag ein Kriminalbeamter aus, der zunächst Julia O. nach ihrer Festnahme vernommen, danach Datenträger ausgewertet, zudem die Obduktion der Leiche von Monika O. beobachtet und schließlich noch deren Spielwarengeschäft in Laupheim durchsucht hatte. Vernehmung und Durchsuchung seien nicht auffällig verlaufen, aber nach der

    Als weiterer Zeuge wurde der Postzusteller vernommen, der in Untereichen am frühen Morgen nach dem angenommenen Tatzeitpunkt auf seiner Tour war. Er bestätigte, dass er zwischen 4 und 4.30 Uhr morgens am Haus der Getöteten Post in den dortigen Briefkasten eingeworfen hatte. Dabei habe er außer der Tatsache, dass im Hof zwei Autos geparkt waren, überhaupt nichts Ungewöhnliches bemerkt, berichtete er. Am Nachmittag des Verhandlungstages war noch eine Sachverständige des Landeskriminalamtes geladen, die über eine Handy-Funkzellen-Auswertung berichtete und damit ein "Bewegungsprotokoll" der Angeklagten angefertigt hatte. Am Donnerstag, 28. März, wird die Verhandlung mit der Vernehmung von drei Polizeibeamten fortgesetzt.

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