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Technische Kabinettstückchen

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Technische Kabinettstückchen

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    Copy of X-de-Maistre-019(1).tif
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    Illertissen „Die einzelnen Töne haben eine porzellanhafte Zerbrechlichkeit, sodass man sie einzeln in eine Vitrine stellen möchte.“ So urteilte ein Fachmagazin heuer über Xavier de Maistre, der weit über die Fachwelt hinaus als weltbester Harfenist gilt. Dem „Freundeskreis Kultur im Schloss“ war es gelungen, den Virtuosen zum vierten Mal nach Illertissen zu bringen.

    Hier werden seit Freitagabend fünf junge Harfenistinnen ihre Erinnerungen am liebsten auch „in eine Vitrine stellen“: Fritz Unglert, Motor der Veranstaltung, hatte es arrangiert, dass Xavier de Maistre am Nachmittag vor dem Konzert je eine Viertelstunde lang Nachwuchskünstlerinnen aus der näheren Umgebung auf der Kollegsbühne zum Vorspiel einlud und diesen seinen fachkundigen Rat angedeihen ließ. Nach diesem exquisiten Erlebnis waren zwei Stunden später die vorderen Reihen im Saal mit Harfen-Schülerinnen belegt, die ihr Idol aus nächster Nähe bewunderten.

    Alte Meister der Sonderklasse

    Und sie sollten allen Grund dazu haben. Nach Hongkong, Tokio, Valencia und Berlin gastierte er nun mit einem Recital der Sonderklasse in Illertissen. Das eröffnete er mit zwei alten Meistern: „Pavane et Bransle“, zwei historische Tänze des Lautenisten Antoine Francisque, und der „Sonate D-Dur Opus 13“ von Mateo Pérez de Albéniz.

    Die Stücke ließen aufhorchen: Was hier an Virtuosität und gleichzeitig an Einfühlungsvermögen geboten war, faszinierte das Publikum – und ließ es den ganzen Abend nicht mehr los. Zwei eigene Transkriptionen de Maistres – „Rêverie“ und „Valse romantique“ von Claude Débussy, nahtlos aneinandergefügt – zeigten, dass er nicht nur die Praxis des Harfenspiels, sondern auch die musikwissenschaftliche Seite seines Faches perfekt beherrscht.

    Gleichzeitig wurde deutlich, wie ein klassisches Klavierstück auf der Harfe noch viel differenzierter geboten werden kann, da hier keinerlei Mechanik den unmittelbaren Kontakt zwischen Interpret und Saiten hindert. Nur schade, dass im verträumtesten Moment der „Rêverie“ ein dämlicher Handy-Klingelton die atemlose Spannung zerriss.

    Glücklicherweise ließ sich der Künstler nicht aus dem Konzept bringen, und so folgten wiederum zwei ohne Pause durchgespielte Stücke: „Milonga“ von Alberto Evaristo Ginastera und „Recuerdos de la Alhambra“ von Francisco Tárrega. Mancher im Publikum war sich zwar nicht sicher, ob das zweitgenannte Werk überhaupt gespielt worden war, denn die „Recuerdos“ hatten viele von Konzerten diverser Gitarrenvirtuosen anders in Erinnerung, aber Xavier de Maistre bestätigte in der Pause, dass er die „Erinnerungen an die Alhambra“ in seiner eigenen Version geboten habe.

    So blieb nur die Faszination über die Vielseitigkeit der Klangfarben, die der Künstler seinem Instrument zu entlocken verstand. Das „Lied in der Nacht“, eine Harfen-Originalkomposition von Carlos Salzedo, wiederum ohne Unterbrechung zusammengefügt mit dem „Spanischen Tanz Nr. 1“ von Manuel de Falla, gab dem Meister eine erstklassige Gelegenheit, eine ganze Reihe technischer Kabinettstückchen vorzuführen.

    Hier holte de Maistre alles aus seiner Harfe heraus, was an originellen Klangtechniken machbar ist, vom Akkord, der in wirbelndem Arpeggio gebrochen wird, über perlend-gleitende Glissandi und überraschende Flageolett-Töne bis hin zum flüsternd-tremolierenden Bisbigliando und zu Klopf-Effekten, die nur noch staunen ließen.

    Virtuosität und Vielfalt

    Nach der Pause standen die „Valses poéticos“ von Enrique Granados auf dem Programm, und auch hier ließ Xavier de Maistre nicht nur seine Virtuosität, sondern auch seine zur Spitzenklasse entwickelte Kunst der Transkription erleben. Die beiden Divertissements „à la Française“ und „à l’Espagnole“ von André Caplet ließen wiederum durch ihre Virtuosität und Vielfalt der Gestaltung aufhorchen, ehe ein Arrangement der berühmten „Moldau“ von Smetana den umjubelten Schluss des Konzertabends bildete.

    Jubelndem Applaus schloss sich als Zugabe ein weiteres Kabinettstückchen an: „Die Mandoline“ von Elias Parish Alvars ließ noch einmal die ganze Virtuosität des Künstlers aufblitzen, ehe er sich zur umlagerten Autogrammstunde und zum Fototermin mit einer Reihe von Harfen-Eleven begab, womit ein denkwürdiger Konzertabend zu Ende ging.

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