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Aus der Heimat vertrieben

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Aus der Heimat vertrieben

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    Babenhausen „Der Zweite Weltkrieg mit den Bombenangriffen war fürchterlich. Aber die Nachkriegszeit und die Vertreibung aus unserer Heimat im Sudetenland waren noch schlimmer!“ Als Zeitzeugin kann Hedwig Mehnert einiges erzählen. Die Babenhauser Realschüler, die sich für das Wahlfach „Geschichte zum Anfassen“ entschieden haben, hörten gebannt zu. Zum Abschluss ihrer spannenden Ausführungen mahnte die 88-Jährige: „Seid Gott dankbar, dass ihr in einer Zeit ohne Kriege leben könnt.“

    Hedwig Mehnert ist froh, dass sie nach den Kriegswirren in Babenhausen ein neues Zuhause gefunden hat. Dass sie ihre einstige Heimat, die Stadt Aussig im Egerland, heute noch liebt, merkt man, wenn sie von ihrer Kindheit im Sudetenland erzählt. „Ich habe in der Elbe das Schwimmen gelernt. Zum Skifahren bin ich mit Freunden ins nahe Erzgebirge gefahren“, erinnert sie sich. „Man musste die Brettl zu Fuß rauftragen und hat als Belohnung eine wunderschöne Abfahrt genossen.“ 1937 war sie das einzige Mädchen in der Drogisten-Fachschule, erzählt sie. Später habe sie mit ihrem Mann Franz die Drogerie „Zum schwarzen Hund“ am Marktplatz von Aussig erworben. Noch ganz genau kann sich die rüstige Seniorin an den Bombenangriff auf das nur 60 Kilometer von ihrem Wohnort entfernte Dresden erinnern. „Der ganze Himmel war vom Feuer rot erleuchtet.“

    Das Munitionslager explodiert

    Unauslöschlich ist für die Seniorin auch der 31. Juli 1945: „Es war ein drückend heißer Tag. Am Vormittag war ich mit meinem kleinen Sohn in der Stadt. Wie alle Deutsche musste ich eine weiße Armbinde als Erkennungszeichen tragen.“ Als sich die junge Mutter am Nachmittag in ihrer Wohnung in einem Vorort von Aussig ausruhte, hörte sie die Explosion eines Munitionslagers in der ehemaligen Zuckerfabrik. Welches Massaker sich auf dem Marktplatz von Aussig ereignet hatte und wie viele Menschen grausam umgekommen waren, erfuhr Hedwig Mehnert erst später.

    Mit ihren Schwiegereltern, ihrem kleinen Sohn, der erst einen Monat alten Tochter und nur einem Notgepäck entschloss sie sich 1946, die Heimat zu verlassen. „Wir wurden auf der offenen Verladefläche eines Lastwagens zu einem Lager transportiert, wo unser Gepäck noch mal kontrolliert wurde. Für die Menschen, die ihre Höfe und ihr Vieh zurücklassen mussten, war der Abschied noch viel schlimmer.“ Viele Kinder und vor allem Säuglinge sind auf der Flucht gestorben, weil sie nichts zu essen hatten. „Um Milch für mein Baby zu bekommen, habe ich einige der wenigen Habseligkeiten, die ich dabei hatte, eingetauscht.“ Nach zweitägiger Zugfahrt ist Hedwig Mehnert mit Kindern und Schwiegereltern am Ostermontag 1946 in Babenhausen angekommen. Ihr Mann Franz war kurz zuvor auf einem Lazarettzug in Bad Kissingen eingetroffen. In Greimeltshofen fand er eine Unterkunft für die Familie.

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