Startseite
Icon Pfeil nach unten
Illertissen
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Neu-Ulm/Unterallgäu: Störche im Kreis Neu-Ulm trotzen Wetter, Vogelgrippe und anderen Gefahren

Landkreis Neu-Ulm/Unterallgäu

Störche im Kreis Neu-Ulm trotzen Wetter, Vogelgrippe und anderen Gefahren

    • |
    Jungen Störchen drohen allerlei Gefahren beim Aufwachsen in ihrem hoch gelegenen Wohnsitz. Unser Bild zeigt eine besonders gut ausgelastete
Kinderstube des Illertisser Storchenpaares auf dem Vöhlinschloss, das sich wohl seit 25 Jahren die Treue hält.
    Jungen Störchen drohen allerlei Gefahren beim Aufwachsen in ihrem hoch gelegenen Wohnsitz. Unser Bild zeigt eine besonders gut ausgelastete Kinderstube des Illertisser Storchenpaares auf dem Vöhlinschloss, das sich wohl seit 25 Jahren die Treue hält. Foto: Regina Langhans

    Um die Zeit machen sich junge Weißstörche auf den Weg gen Süden. Doch bis dahin hat Dieter Zeller, Storchenvater in Illertissen, die Familie mit zweifachem Nachwuchs im Horst auf dem Vöhlinschloss besonders fest im Blick. Allerhand Gefahren hat sie auf dem höchsten Wohnsitz der Stadt im Laufe der Zeit schon überstanden, denn die alten sind wohl rekordverdächtige 25 Jahre ein Paar. Und dass sie heuer noch zwei Junge bekamen, die unfallfrei groß wurden, findet Zeller bemerkenswert.

    Zeller macht seine Berechnungen an der auf 1996 datierten Beringung des Storchenvaters fest, der in der Vogelwarte Sempach in Altreu in der Schweiz aufwuchs. Sein Start als junge Familie in Illertissen verlief unglücklich, denn die Störchin kam beim Autounfall ums Leben. Es war wohl 1998, dass der Storch wieder eine Partnerin gefunden hat. Der Experte macht Aufzeichnungen und kann über sein Teleskop direkt zum Nest der Schreitvögel blicken. Da Zuchtvögel keinen Zugtrieb in die wärmeren Gefilde verspüren und sich auch im Winter von ihrem Standort nicht allzu weit entfernen, weiß Zeller, dass sich die Illertisser Störche treu geblieben sind. Im Winter wechseln sie auf der Suche nach Nahrung innerhalb der Region auch mal kurzfristig das Quartier. Doch mit den ersten wärmeren Sonnenstrahlen und weit vor Rückkehr der Zugvögel bezögen sie wieder ihren Horst auf dem Schloss, beobachtet Zeller. 

    Auf die Störche im Landkreis Neu-Ulm lauern zahlreiche Gefahren

    Anhand ihrer Beringung wurde Weißstörchen schon ein Alter von über 30 Jahren nachgewiesen. Doch es lauern zahlreiche Gefahren, die ihnen ein früheres Ende bereiten können. Daher zollt der Storchenvater seinen nochmals mit Nachwuchs gesegneten Schützlingen hohen Respekt: „Die Vogelgrippe konnte ihnen nichts anhaben, sie müssen ohne Tierarzt und mit extremen Wetterbedingungen auf ihrem luftigen Wohnsitz zurechtkommen.“ Er freut sich riesig, dass es die Jungen heuer geschafft haben. Auch das ist nicht selbstverständlich, teils führten Kälte und Dauerregen oder ungeschickte Flugversuche im beengten Innenhof des Schlosses zu tödlichen Tragödien. Lagen die toten Jungstörche dann unten, sah Zeller, wie die Vögel im Horst verloren herumstanden. 

    Anders als im Illertal, wo nur noch in Senden Störche mit Nachwuchs auf einem alten Webereikamin nahe der Iller logieren, zählt Michael Angerer, Fachbereichsleiter Naturschutz des Landkreises, entlang der Roth eine ganze Folge von bebrüteten Storchennestern auf. Es beginne in Weißenhorn, wo schon in den 1990er Jahren auf dem Dach des Fuggerschlosses Störche ansiedelt wurden, um ihrem Aussterben in der Region gegenzusteuern. Auch heuer gibt es Junge, ebenso wie in Gannertshofen auf dem Dach des Pfarrhofs, in Obenhausen beim Schloss des Grafen Moy sowie in Tiefenbach auf dem Kirchturm. Genaueres weiß da der

    Wilder Kampf um das Nest in Tiefenbach

    Im Übrigen sei der Tiefenbacher Standort ja begehrt. Er hat noch einen wilden Kampf in Erinnerung: „Das war vor einigen Jahren, als zwei auswärtige Paare der jungen Storchenfamilie ihren Horst auf dem Kirchturm streitig machten.“ Das Junge wurde aus dem Nest gestoßen und hat den Sturz in die Tiefe nicht überlebt. 

    In Tiefenbach befindet sich das Storchennest direkt auf dem
Satteldach des Kirchturms, wo heuer ein Junges groß geworden ist.
    In Tiefenbach befindet sich das Storchennest direkt auf dem Satteldach des Kirchturms, wo heuer ein Junges groß geworden ist. Foto: Sammlung Altenhof

    Aus Unterroth, früher sogar als „Storchenwinkel“ bezeichnet, meldet Storchenbetreuer Franz Rendle mit berechtigtem Stolz sieben Jungtiere. Vier im Horst auf dem Kirchturm und drei an der Schattenweiler Straße auf dem inzwischen von den Lechwerken errichteten Horst am Strommast. Wie „Mietnomaden“ hatten sich davor die Störche eingenistet, bis die Betreiber nach zwei Jahren ein Einsehen hatten und einen ordentlichen Untergrund schufen. Nun ist Rendle gespannt, ob die

    In Unterroth hatten sich die Störche auf einem Strommasten
niedergelassen, sodass den Lechwerken nichts anderes übrig blieb, als den gefährlichen Wohnsitz "nachzurüsten".
    In Unterroth hatten sich die Störche auf einem Strommasten niedergelassen, sodass den Lechwerken nichts anderes übrig blieb, als den gefährlichen Wohnsitz "nachzurüsten". Foto: Regina Langhans

    Rendle weiß, dass hiesige Vögel die Westroute über Gibraltar nähmen und nur wenig über der Wasseroberfläche flögen, weil die Thermik gering sei. Deshalb suchten Störche hohe Wohnsitze, um gleiten zu können. Je nach ausgeprägtem Zugtrieb blieben manche auch in Spanien, ergänzt Rendle. In Oberroth ist der Kirchturm aber leer geblieben, wie Storchenfreund Christian Holzapfel bedauert. „Es waren öfter Gäste da, aber es wurde nichts Bleibendes.“ Im Landkreisnorden hat Angerer Brutpaare in Sinningen auf dem Pfarrstadel, in Straß auf dem Kirchturm, in Unterfahlheim auf einem Mast sowie auf dem Unterelchinger Kirchturm beobachtet. Eine Storchenüberbevölkerung wie mitunter im Unterallgäu sieht er im Landkreis Neu-Ulm nicht. „Wir haben uns um ihre Rückkehr bemüht, nun bin ich froh, dass sie da sind.“ 

    Die Störche im Unterallgäu brauchen freie Sicht

    Störche siedeln auch in Babenhausen auf dem Fuggerschloss sowie in Kettershausen auf einem Mast am Ortsrand. Im südlicheren Unterallgäu, wo Johann Biber, ehemaliger Bauhofleiter in Illertissen und gefragter Horstbauer, im heimatlichen Bedernau sein Interesse an den Schreitvögeln weiter pflegt, scheinen Störche tatsächlich ihr Paradies gefunden zu haben. Laut Biber befinden sich auf dem Storchenkran in Kirchheim 25 Horste, im nahen Pfaffenhausen etwa zehn und im Bereich Mindelheim ebenso viele Paare. Die Störche brauchten freie Sicht, lieben Kamine oder Dächer, so Biber. „Sie sind Kulturfolger, der Mensch rodet den Wald und errichtet Häuser, dann kommen die Weißstörche.“ Im Gegensatz zu scheuen Schwarzstörchen, die in der Region als ausgestorben gelten, obwohl einige im Raum Haselbach und Gutnach vermutet werden, verrät er.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden