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Landkreis Neu-Ulm/Ulm: Wie sieht das Wohnen der Zukunft in Ulm und im Landkreis Neu-Ulm aus?

Landkreis Neu-Ulm/Ulm

Wie sieht das Wohnen der Zukunft in Ulm und im Landkreis Neu-Ulm aus?

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    Der Wohnraum in Ballungsräumen ist begrenzt. Das macht sich auch in Ulm und im angrenzenden Landkreis Neu-Ulm bemerkbar.
    Der Wohnraum in Ballungsräumen ist begrenzt. Das macht sich auch in Ulm und im angrenzenden Landkreis Neu-Ulm bemerkbar. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Steigende Mietpreise, knapper Wohnraum und fehlende Bauplätze erschweren die Suche nach einem neuen Zuhause vor allem in Ballungsräumen. Das Thema beschäftigt Städte und Gemeinden heute schon stark, in Zukunft wahrscheinlich noch mehr. Einige Konzepte, wie das Wohnen anders und günstiger gestaltet werden kann, gibt es bereits. Dazu zählen Mehrgenerationenhäuser, Tiny Houses und Kombinationen aus Wohnräumen und Geschäften. Aber wie zukunftsträchtig sind sie?

    Mehrere Generationen in einem Haus, die sich gegenseitig unterstützen und helfen – das war die Idee des "Kreativhaus Grüner Winkel" in Ulm. Ursprünglich war das solidarische Wohnkonzept für Menschen über 50 Jahre geplant. Aber auch Familien und jüngere Menschen sollten Teil des Mehrgenerationenhauses werden. Wie das Zusammenleben funktioniert, erzählen die älteren Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses in der Weststadt bei einem ihrer wöchentlichen Treffen.

    Mehrgenerationenhaus in Ulm: Ein Modell mit Gemeinschaftsgefühl

    Waltraud Berger wohnt seit elf Jahren in dem Haus. Nachdem die Kinder ihr Zuhause verlassen hatten und sie aus ihrer Wohnung ausziehen musste, sah sie ein Werbeplakat für das Mehrgenerationenhaus in der Sparkasse und war sofort überzeugt. "Man kann hier wohnen, solange es geht", sagt sie. Die Verträge laufen also nicht auf begrenzte Zeit. Eine Pflege der Anwohnenden kann aber nicht geleistet werden. Das sei ein häufiges Missverständnis.

    Das Konzept des "Kreativhaus Grüner Winkel" in Ulm basiert auf Solidarität und Gemeinschaft.
    Das Konzept des "Kreativhaus Grüner Winkel" in Ulm basiert auf Solidarität und Gemeinschaft. Foto: Laura Mielke

    Seit Beginn habe sich die Situation im "Grünen Winkel" mehrmals verändert. "Am Anfang waren alle ganz euphorisch", erzählt Berger. Nicht bei allen hielt diese Freude an. Manche würden sich im Rahmen des solidarischen Vereinskonzepts mehr einbringen, andere kaum. Im Laufe der Jahre hat sich auch herauskristallisiert: Nicht für jeden Menschen ist das Mehrgenerationenhaus die richtige Wohnumgebung. Denn die Grundidee, dass Jung und Alt, Menschen ohne und mit Behinderung und in verschiedenen Familienkonstellationen zusammenleben, birgt Konfliktpotenzial.

    Nicht für alle ist das Konzept Mehrgenerationenhaus richtig

    "So ist es aber immer, wenn viele Menschen zusammenkommen", sagt Silvia Gay-Vogt, die für das Gemeinwesen zuständige Mitarbeiterin im Haus. Ihre Aufgabe ist es, sich um die Gemeinschaft der Bewohnerinnen und Bewohner zu kümmern. Dazu gehören unter anderem die Planung von Ausflügen oder die Mediation von Gesprächsrunden. "Die gute Seele des Zusammenhalts", wird Gay-Vogt im Haus genannt. Die Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten und sich in die Gemeinschaft einzubringen ist zwar kein Muss, aber gerne gesehen.

    Theresia Binder wird von Waltraud Berger liebevoll als "Seele des Hauses" bezeichnet. "Sie wohnt gegenüber von mir und wenn mein Rollladen morgens lange nicht oben ist, dann ruft sie an oder kommt vorbei", erzählt Berger. "Ich habe von vielen den Schlüssel und sehe dann nach dem Rechten", sagt Binder und lacht. Sie wohnt gemeinsam mit ihrem Mann seit zehn Jahren im Kreativhaus. Die beiden helfen auch bei kleineren Reparaturen.

    Wohnen unter dem Ulmer Mietspiegel

    Die Wohnungen haben verschiedene Größen und sollen vor allem an Menschen vergeben werden, die sich in die Gemeinschaft einbringen möchten. "Kontrollieren kann man das im Voraus natürlich nicht", sagt Gay-Vogt. Da das Haus ursprünglich anders konzipiert war, sind die Wohnungen meist kleiner. Es gibt nur eine Vier-Zimmer-Wohnung. "Dadurch sind Familien schwer zu halten. Irgendwann wird der Wohnraum zu klein", sagt sie. Trotzdem freue man sich besonders, wenn Kinder da sind. Helga von Pok ist für die Kleinen im Haus oft die Leihoma und verbringt Zeit mit ihnen.

    Für von Pok spielen viele Faktoren im Haus zusammen: Lage, Infrastruktur, Aufzüge im Gebäude, Wohnen unterhalb des Mietspiegels und – in Schwaben ganz wichtig – keine Kehrwoche. Denn darum kümmert sich die Wohngenossenschaft Ulmer Heimstätte, der das Gebäude gehört. "Ich habe davor 30 Jahre lang im vierten Stock ohne Aufzug gelebt", sagt von Pok. "Irgendwann geht das nicht mehr." Für sie alle ist der Gemeinschaftsgedanke im Haus die Besonderheit und der Grund, warum sie dort leben: gegenseitige Hilfe, die Möglichkeit, bis ins hohe Alter in der eigenen Wohnung zu bleiben, und die Freunde, die nie weit entfernt sind.

    Tiny House und andere Konzepte sparen Platz

    Die Problematik, die wachsende Bevölkerungszahl mit geringem Wohnraum zu vereinbaren, wird aber auch mit einem Mehrgenerationenkonzept nicht gelöst. In manchen Großstädte gibt es dafür einen anderen Ansatz. Dort werden Häuser so errichtet, dass über den Märkten Platz für Wohnungen ist. In klein gibt es das auch im Landkreis Neu-Ulm. Der Dorfladen Witzighausen teilt sich sein Gebäude mit Mietwohnungen, in Jedesheim ist ein ähnliches Konzept in Planung. In Ulm zieht die Filiale einer Discount-Kette in einen Neubau der Ulmer Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft, in dem ansonsten Wohneinheiten entstehen. Sind diese Beispiele ein Hinweis darauf, dass der Trend von Wohnungen auf dem Supermarkt auch in der Region ankommt? Ein Fachmann hat Zweifel, er verweist auf Statik, Wirtschaftlichkeit und auf die Anbindung.

    Deutlich weniger Platz, dafür aber auch deutlich günstiger: Einige Menschen sehen Tiny Houses als gute Alternative zum klassischen Wohnhaus.
    Deutlich weniger Platz, dafür aber auch deutlich günstiger: Einige Menschen sehen Tiny Houses als gute Alternative zum klassischen Wohnhaus. Foto: Alexander Kaya (Archivbild)

    Kleiner, günstiger und bei Bedarf sogar mobil – sind Minihäuser eine geeignete Wohnform für die Zukunft? "Definitiv ja", sagt Michelle Schramm. Die 27-Jährige, die aus Vöhringen kommt und derzeit in München wohnt, ist eine der beiden Geschäftsführerinnen von "Tiny Home", einer Minihaus-Manufaktur in

    Auch wenn Interessierte derzeit noch große Schwierigkeiten haben, einen geeigneten Platz für ihr Tiny House zu finden, ist Schramm davon überzeugt, dass sich das Modell in nicht allzu ferner Zukunft durchsetzen wird. Noch seien die bürokratischen Hürden hoch und viele Bürgerinnen und Bürger der Ansicht, dass die Minihäuser nicht in gängige Baugebiete passen, sagt die 27-Jährige. Doch aus Kostengründen werde das Tiny House fürs dauerhafte Wohnen immer attraktiver. "Da hat man noch die Chance, ein Eigenheim zu bekommen", sagt Schramm. "Wer schafft es denn heute noch, innerhalb von 20 Jahren ein Haus oder eine Wohnung abzubezahlen?" Darüber hinaus seien die kompakten Häuschen klein und leicht: "Sie können auch auf Flächen aufgestellt werden, die für ein normales Haus ungeeignet sind."

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