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Landkreis Neu-Ulm: Nach tödlichem Badeunfall: Wie reagiert man im Ernstfall richtig?

Landkreis Neu-Ulm

Nach tödlichem Badeunfall: Wie reagiert man im Ernstfall richtig?

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    Wie lassen sich Badeunfälle verhindern? Und wie reagiert man im Ernstfall richtig? Das erklärt ein Experte des BRK.
    Wie lassen sich Badeunfälle verhindern? Und wie reagiert man im Ernstfall richtig? Das erklärt ein Experte des BRK. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Die Badesaison ist eröffnet - und mit ihr einher gehen auch Meldungen über Badeunfälle in der Region. Ein besonders tragischer Vorfall ereignete sich unlängst in Babenhausen: Dort verunglückte Ende Mai ein 22-Jähriger im Rothdachweiher tödlich. Obwohl die anderen Badegäste schnell reagierten, kam für ihn jede Hilfe zu spät. Wie man im Notfall handeln und auf was man beim Baden achten sollte, erklärt Alfons Sailer vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) in Senden.

    So reagiert man bei Badeunfällen richtig

    An zehn Badeseen im Landkreis Neu-Ulm hat das BRK Wachstationen, damit schnellstmöglich Erste Hilfe geleistet werden kann. Dazu kommen Schnelleinsatzgruppen, die hinzugerufen werden können. Etwa zehn bis 20 Einsätze hat das BRK laut Sailer pro Jahr in der Region. Das reiche vom Badeunfall bis zur Vermisstensuche oder dem Hochwassereinsatz. Die Zahl mag niedrig klingen, sei aber höher als je zuvor.

    Die Ehrenamtlichen sind aber nicht rund um die Uhr da und auch nicht an jedem einzelnen See. Wie also reagiert man richtig, wenn jemand in eine Notsituation gerät? "Es ist wichtig, dass man nicht einfach ins Wasser springt", sagt Sailer. Vor allem, wenn nur wenige Menschen vor Ort sind. Der erste Schritt sollte immer der Notruf sein, den man unter 112 absetzt.

    Tipps für Eltern: Wie lernen Kinder schwimmen?

    Selfmade Schwimmkurs: Eltern können auch selbst einiges tun, um ihren Kindern schwimmen beizubringen, ist sich Linda Seitz von der Wasserwacht Aichach sicher. Sie verweist auf eineLehr-Broschüre für Eltern der Wasserwacht Thannhausen, die frei zugänglich ist. Darin enthalten sind zahlreiche Tipps fürs Schwimmenlernen, von denen wir hier ein paar rausgegriffen haben.

    Sicherheit: Eltern sollten beim Üben mit ihren Kindern auch immer auf ihre eigenen Grenzen achten. Sie müssen sich ebenfalls im Wasser sicher fühlen und erkennen, wenn ihre Kraft nachlässt. Außerdem ist es wichtig, dass man das Gewässer vorab checkt und auf mögliche Gefahrenquellen achtet.

    Keine Angst vor Wasser: Den Kopf unter einen Duschstrahl halten, kann für einige Kinder bereits zur Herausforderung werden. Helfen können hier spielerische Übungen, um das Kind an den Umgang mit Wasser zu gewöhnen - ganz ohne Schwimmen. Möglich ist das, indem man sich das Kind selbst mit der Gießkanne abduschen lässt, im niedrigeren Wasser gemeinsam Fangen spielt oder eine Wasserschlacht macht.

    Tauchen: Im nächsten Schritt können einige Übungen helfen, die Kinder an das Tauchen zu gewöhnen. An der Wasseroberfläche oder knapp darunter mit dem Atem zu blubbern, zeigt, dass es halb so schlimm ist, wenn Wasser an Mund und Nase ist. Stück für Stück können Spiele dabei helfen, dass der ganze Kopf unter Wasser geht. Das Kind kann beispielsweise einen leichten schwimmenden Gegenstand über das Wasser schieben - zuerst mit dem Kinn, dann mit der Nase und später mit der Stirn.

    Schweben: Ein besonders gutes Gefühl im Wasser bekommen Kinder durch Schweben - in Rücken- oder Bauchlage. Dabei können Eltern dem Kind Stabilität geben, in dem sie die Hand reichen, den Kopf stützen oder das Kind auf dem Rücken durch das Wasser ziehen. Etwas mehr Überwindung kostet das Schweben im Bauchlage. Aber auch hier können Eltern zu Beginn so viel Hilfestellung geben, wie es braucht, damit sich das Kind sicher fühlt. Wichtig für den Auftrieb ist, dass das Kind vor dem "Schweben" einatmet.

    Gleiten: Vom Schweben zum Gleiten ist es dann nur ein recht kleiner Schritt, der eine gute Vorbereitung fürs Schwimmen selbst ist. Dabei können Eltern zunächst das Kind an den Füßen nehmen und es in Bauchlage durch das Wasser schieben. Alternativ kann sich das Kind auch selbst aus der Hocke oder vom Beckenrand abstoßen und gleiten. Das geht auch komplett unter Wasser.

    Springen: Vom Beckenrand ins Becken hüpfen können, schafft zusätzliche Sicherheit - und macht viel Spaß. Kinder können ganz klein anfangen und sich zunächst vom Beckenrand sitzend ins Wasser rutschen lassen. Später hilft vielleicht eine Schwimmnudel, mit der das Kind ins Becken hüpft. Beim Springen ist besonders wichtig, auf eine ausreichende Beckentiefe zu achten.

    Beinbewegung: In der Regel beginnt man beim Schwimmenlernen mit der richtigen Beinbewegung. Denn sie macht einen Großteil des Vortriebs aus. Die Technik lässt sich auch ohne Wasser im Sitzen trainieren. Dazu streckt das Kind die Beine vor sich aus, zieht sie dann in Richtung Bauch heran, die Fersen am Po, die Knie sollen dabei vom Bauch weggestreckt sein. Beim Wiederausstrecken grätscht das Kind die Beine in V-Form und schließt am Ende die Beine wieder. Ist der Ablauf trainiert, kann man die Übungen ans Wasser verlagern: Die Beine sind im Wasser, Bauch und Oberkörper liegen auf dem Beckenrand. Später kann man die Bewegung komplett ins Wasser verlagern.

    Armbewegung: Auch die Armbewegung kann man vorab im Trockenen üben. Dabei werden die Arme nach vorne gestreckt, die Handflächen berühren sich. Anschließend werden die Hände nach außen geklappt und nach außen und hinten gezogen, dann die Ellenbogen angezogen und die Arme am Körper entlang wieder nach vorne gestreckt. Ist der Ablauf verinnerlicht, kann die Bewegung im schultertiefen Wasser stehend geübt werden oder mit einem Hilfsmittel wie einer Schwimmnudel.

    Schwimmen: Funktionieren die Bein- und Armbewegungen unabhängig voneinander, können sie zu einer Schwimmbewegung zusammengefügt werden. Wichtig ist, dass die erlernten Fähigkeiten regelmäßig geübt werden.

    Damit die Helferinnen und Helfer dann wissen, wo sie gebraucht werden, sollte man sich die Unfallstelle möglichst gut merken, sie markieren – beispielsweise anhand von Fixpunkten – und vor Ort bleiben. Wie das geht, erklärt Sailer anhand eines Beispiels: Ist auf der anderen Seite des Sees beispielsweise ein Strommast, stellt sich eine Person dorthin, wo sie selbst, der Mast und die Unfallstelle eine Linie bilden. Eine zweite Person könnte sich dann einige Meter weiter einen Fixpunkt suchen und dasselbe machen, damit sich die ausgedachten Linien in etwa an der Unfallstelle kreuzen. So können die Rettungskräfte einen recht genauen Standpunkt ermitteln und wissen, wo sie suchen müssen.

    Von Alleingängen beim Rettungsversuch rät der Profi ab

    Von Rettungsversuchen auf eigene Faust rät der Profi dringend ab, denn "der erste Reflex, den jemand beim Ertrinken hat, ist zu klammern". Und damit könne man sich selbst in Gefahr bringen. Stattdessen könne der Badegast eine Schwimmnudel oder Luftmatratze reichen. Auch er würde in so einem Fall nicht einfach ins Wasser springen, sondern erst den Notruf absetzen und umstehende Menschen koordinieren.

    Eine Vielzahl an Badeunfällen habe einen medizinischen Hintergrund. Nicht selten spielten aber auch Unachtsamkeit und Selbstüberschätzung, manchmal in Folge von Alkoholkonsum, eine Rolle. Auffällig sei, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Einsätze an den heimischen Flüssen gestiegen ist, an denen sich junge Erwachsene zum Feiern und Trinken treffen. Dass es in einer bestimmten Altersgruppe besonders oft zu Badeunfällen kommt, lasse sich dennoch nicht sagen, so Sailer. "Mit Kindern haben wir das zum Glück erstaunlich wenig", sagt er. Erst in der Jugend und im Erwachsenenalter würden die Unfälle häufiger.

    Durch das Einhalten der Baderegeln sollen Unfälle verhindert werden

    Damit es gar nicht erst zum Badeunfall kommt, erinnert der Rettungsschwimmer an die Baderegeln:

    • Längere Strecken nie allein schwimmen. Oder: zumindest jemanden haben, der einen im Auge behält
    • Vor dem Baden abkühlen und nicht überhitzt in Wasser springen
    • Nicht mit vollem oder ganz leerem Magen schwimmen
    • Die eigenen Kräfte nicht überschätzen
    • Nur ins Wasser springen, wenn es tief genug und frei ist
    • Nicht unter Drogen- und/oder Alkoholeinfluss ins Wasser gehen

    "Die Baderegeln lernen die Kinder schon in der Grundschule", sagt Sailer. Wie sich die durch Corona-Einschränkungen ausgefallenen Schwimmstunden auf das Können der Kinder auswirken, wird man wohl erst in ein paar Jahren wissen. Dass sie sicher im Wasser sind, resultiere aus einer "gemeinsamen Anstrengung von Schulen, Vereinen und Eltern". Die Schwimmkurse des BRK sind für dieses Jahr bereits vollständig ausgebucht. "Wir bieten durch Extrakurse sogar doppelt so viele Plätze an", sagt er. Kurse im Rettungsschwimmen gebe es auch. "Je mehr Leute das können, desto sicherer wird es für alle", sagt Sailer. Aufeinander zu achten und die Augen offen zu halten, könne aber schon viel helfen.

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