"Hallo, schön, dass du hier bist" steht auf einem Holzschrank in Illerberg. In dem Haus hinter dem Holzschrank wohnt Tamara Geit. Sie ist eine selbst ernannte "Dekotante". Die 34-jährige Versicherungskauffrau bastelt für ihr Leben gern. Als das eigene Haus nach eigener Aussage mit Deko-Objekten überquoll, entschied sie, ihre DIY-Projekte zu verkaufen. Im Internet stieß sie auf eine originelle Idee: Geit verkauft ihre handgemachten Dekorationen aus einem Selbstbedienungsschrank.
Zusammen mit ihrem Mann kaufte sie kurzerhand besagte kleine Holzhütte im Baumarkt, in der andere wohl ihre Gartengeräte unterbringen. Geit verwandelt den Holzverschlag in "Tamaras Schatzkammer". Alles, was es dafür braucht: Ein neuer Anstrich in stylishem Grau mit einem petrolfarbenen Dachspitz, eine petrolfarbene Geldkassette und ein laminiertes Schild. Darauf heißt sie ihre Kundinnen und Kunden willkommen und erklärt ihnen, wie ein Kauf im Selbstbedienungslädchen abläuft. Ein eigener Laden erschien Geit zu zeitaufwendig, da sie ihren Beruf nicht zugunsten der Dekoleidenschaft aufgeben wollte.
Saisonale Mitbringsel: In der Dekobranche bahnt sich schon Weihnachten an
Geit verkauft vor ihrem Wohnhaus im Blütenweg 3 in Illerberg ein großes Angebot an Mitbringseln und saisonalen Artikeln: Keramik, Holzgegenstände, bedrucktes Glas und Armbänder sind hübsch nebeneinander drapiert. Zwischen zwei Euro und 15 Euro kosten die Geschenke. In der Dekobranche bahnt sich schon die Weihnachtssaison an. "Die schönste Zeit des Jahres", sagt Geit. Sie bastele "selbstverständlich schon an der Weihnachtskollektion". Aus Keramikmasse hat sie die Ziffern von eins bis vier gegossen mit Aussparungen für Adventskerzen versehen. Außerdem möchte sie eine "Krippe To Go" anbieten. Die Inspiration für die Deko-Objekte hole sie sich aus dem Internet, sagt sie. Die Fertigkeiten sind selbst erlernt.
Auf die Rechtschaffenheit ihrer Kundinnen und Kunden ist Geit – wie alle Betreiberinnen von Selbstbedienungslädchen – angewiesen. Neben der Kasse für Bargeld hat die 34-Jährige auch eine E-Mail-Adresse mit einem Online-Bezahldienst verbunden. Der Verkauf läuft auf Vertrauensbasis, sagt auch Sabrina Schmitt aus Vöhringen-Illerzell. In ihrem Dekoschränkle in der Hauptstraße 17 hat sie trotzdem eine Überwachungskamera angebracht. Die Aufnahme aus der Kamera schaue sie sich nach eigener Aussage nur an, wenn sie merkt, dass Ware beschädigt ist. Ein polizeibekannter Mann habe schon ein paar Mal in der Hütte sein Unwesen getrieben. "Da kann man nichts machen. Aber sonst halten sich alle an das Konzept", sagt Schmitt.
Die 34-Jährige arbeitet als Verwaltungsangestellte in einem Krankenhaus und verkauft nebenher seit November 2021 Selbstgebasteltes. Zunächst verkaufte sie ihre handgemachten Dekoartikel aus einer Art Schaufenster, sagt sie. Das reichte schon bald nicht mehr aus und Schmitt stellte einen begehbaren Schuppen in ihrer Einfahrt. Im "Kreativ mit Herz"-Stüble verkauft sie zum Beispiel selbst gegossene Keramikvasen mit Trockenblumen, Filz-Mäppchen mit lustigen Schriftzügen und Deko-Herzen aus Holz. Die Idee zum Selbstbedienungslädchen nahm Schmitt aus dem Internet. "Im Norden Deutschlands gab es das Konzept schon länger", sagt sie.
In Wullenstetten schließt ein Selbstbedienungs-Dekoladen
Marina Krause war eine der Ersten, die im Sendener Stadtteil Wullenstetten einen solchen Selbstbedienungsladen für Selbstgebasteltes eröffnete. Während der Pandemie konnte sie ihren Job als Nageldesignerin zeitweise nicht mehr ausüben und sah sich gezwungen, umzuschulen. Sie nutzte die Zeit, um eine Ausbildung als Grafikdesignerin zu absolvieren und ihre Kreativität in eigene Dekoartikel zu stecken. Zurzeit räumt sie die Regale in ihrem Mini-Laden wieder leer. Das hat zwei Gründe.
Krauses entschied sich, ihre Dekoartikel aus einem kleinen Gewächshaus zu verkaufen. "Besonders um Weihnachten herum sah das auch sehr hübsch aus. Da habe ich Lichterketten in das Häuschen gehängt", sagt die 30-Jährige. Im Sommer allerdings hat sich der große Nachteil des Gewächshauses gezeigt: "Die Kerzen sind mir einfach weggeschmolzen." Geschmolzene Kerzen, verfärbte Keramik. Unter dem Plexiglas sind die kleinen Gegenstände, die Krause größtenteils in mühsamer Handarbeit anfertigte, stark der Sonneneinstrahlung ausgesetzt.
Außerdem, sagt Krause, seien die Verkäufe in den vergangenen Monaten eingeschlafen. Als sie vor über einem Jahr ihr Selbstbedienungslädchen eröffnete, habe sie mit ihrem Angebot noch eine Nische bedient. "Die Kunden waren begeistert, weil man hier auch sonntags einkaufen konnte", sagt sie. Kleine Mitbringsel, die man rund um die Uhr besorgen kann: Dieses Konzept fanden seitdem einige andere Frauen in der Region interessant. "Dadurch, dass wir alle das Gleiche machen, machen wir uns kaputt", sagt Krause. Sie habe viel Zeit und Ressourcen in ihren kleinen SB-Dekoladen gesteckt und zieht nun das Resümee: "Das lohnt sich einfach im Moment nicht."